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Werkstattbesuch

Kleinstarbeit auf 1220 Metern

Regelmäßig überprüfen die Mechaniker die Gondeln der Schauinslandbahn. Wie Autos müssen sie zur Hauptuntersuchung in die Werkstatt. Dort werden sie zerlegt, gecheckt, poliert und zusammengebaut. Ein Blick hinter die Kulissen.  

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  | Foto: Christoph Giese
Foto: Christoph Giese
Es ist der am höchsten gelegene Arbeitsplatz Freiburgs: Manfred Bader arbeitet auf 1220 Metern und hat von seinem Büro aus einen wunderbaren Blick auf die Stadt, die Rheinebene, den Kaiserstuhl, die Vogesen. Das Büro befindet sich in der Bergstation der Schauinslandbahn. "Das ist schon eine gute Aussicht hier oben", sagt Bader. Der 60-Jährige ist seit 1988 bei der Schauinslandbahn, heute stellvertretender Betriebsleiter und schwebt jeden Morgen auf Freiburgs Hausberg.

Dort leitet Bader die Abteilung Mechanik. "Alles, was mit Stahl zu tun hat, liegt in meinem Zuständigkeitsbereich", sagt er: Streckenbauwerke, Seile, Gondeln. Letztere beschäftigen Bader und seine 15 Elektriker und Mechaniker regelmäßig. Denn so wie jedes Auto müssen die Laufwerke der 37 Gondeln nach einer gewissen Zeit einer Hauptuntersuchung unterzogen werden. Nach 8000 Fahrten oder 28.800 gefahrenen Kilometern, also etwa alle zweieinhalb Jahre. Dann wird die Gondel in der Werkstatt der Bergstation von oben bis unten durchgecheckt. Hinzu kommen kleinere Sicherheitschecks in viertel- und halbjährlichen Intervallen.

An einem Morgen hängt dort die Kabine Nummer 13. Die Werkstatt, das ist ein zweistöckiger Raum neben dem Ausstieg für Fahrgäste. Ein hohes Metalltor trennt sie vom Umlauf. Unten arbeiten die Mechaniker an der Kabine, oben am Laufwerk. "Das Laufwerk wird in der Hauptuntersuchung komplett zerlegt", erklärt Bader. Jedes einzelne Teil wird auf Risse und Verschleiß untersucht: Bolzen, Räder, Kuppelhebel, Federsäulen, Klemmen. Und je nach Bauteil dann: reinigen, entrosten, schleifen, streichen, lackieren, polieren, schmieren. Rund zwei Wochen dauert das.

Gerade in der Untersuchung: Laufwerk 39. Der Korpus ist auf einem Spezialtisch eingespannt. So lässt sich das rund 480 Kilogramm schwere Stahllaufwerk per Kurbel recht leicht um die eigene Achse drehen. Wie ein Spanferkel am Spieß. Ein Kollege von Bader lackiert es in einem dunklen Grau. Es riecht nach Lack und Schmierfett. Auf der Werkbank dahinter liegen polierte Bolzen. Alles ist genauestens kontrolliert.

Und das ist wichtig, sagt Bader. Natürlich wegen der Sicherheit, aber auch fürs Gefühl. Ein Beispiel: Wenn die Klemmen des Laufwerks, die sich während der Fahrt am Zugseil festklemmen, nicht die benötigte Kraft von mindestens 23 Kilo-Newton aufbringen, bleibt die Gondel stehen. "Jede Störung auf der Strecke ist eine Verunsicherung für die Fahrgäste", sagt Bader. Eine Minute fühle sich gleich länger an, wenn man in der Gondel sitze. Dabei sei das Stehenbleiben gar nicht so problematisch, sagt Bader: "Eine stehende Bahn ist eine sichere Bahn." Auch 67 Meter über dem Boden – dem höchsten Punkt auf der 3,6 Kilometer langen Strecke.

Die Schauinslandbahn wurde im Juli 1930 in Betrieb genommen. Sie ist die älteste Umlaufseilbahn der Welt und die längste in Deutschland. Die Zweiseilumlaufbahn war damals ein revolutionäres Prinzip. Auf beiden Fahrspuren gibt es ein fest verankertes Tragseil, dazu zwei rundumlaufende Zugseile. Eine Gondel wird beim Verlassen der Station an die Zugseile gekuppelt und bei Ankunft wieder entkuppelt. Das sorgt dafür, dass die Schauinslandbahn schnell viele Gondeln befördern kann und nur sieben Stützen zwischen Berg und Tal braucht – die selben sieben Stützen wie 1930.

Unten in der Werkstatt wird die Kabine untersucht. Innen wurde die Deckenverkleidung abmontiert, die Türverriegelung freigelegt. Viele mit Gewinden verbundene Metallstangen. Bader greift die zentralen Stangen mit einem Ruck und die Kabinentür schließt. "Jetzt ist sie verriegelt", sagt er. Im Betrieb wird der Mechanismus durch einen Bolzen von außen ausgelöst.

Zu zweit hat man gut Platz in der Kabine. Maximal passen elf Menschen hinein. Meistens sind es weniger: "Viele Fahrgäste wollen lieber alleine fahren statt in einer mit Fremden vollbesetzen Bahn", sagt Bader. Pärchen zum Beispiel. Bader versteht das. Wenn nicht viel los ist, versuchen sie das möglich zu machen. Er sagt aber: "In der Straßenbahn kann ich auch nicht alleine fahren." Für Bader und Kollegen bedeutet das: "Wenn pro Kabine weniger Leute mitfahren, müssen die Kabinen häufiger fahren, sammeln mehr Kilometer und müssen früher zur Hauptuntersuchung." Mehr Aufwand für die Mechaniker.

Dieser Trend könnte die Schauinslandbahn verändern. 2033 muss die Betriebsbewilligung verlängert werden. Vielleicht könne in dem Zuge der Instandhaltungsaufwand reduziert werden, etwa durch technische Neuerungen.

An Kabine Nummer 13 ist noch etwas Arbeit nötig. Bader geht um sie herum, sieht einen kleinen Kratzer. "Das ist nur ein Lackschaden", sagt er. Das hintere Fenster ist provisorisch mit Silikon abgedichtet, damit kein Wasser reinkommt. "Hier wird jetzt eine neue Scheibe eingesetzt und neu abgedichtet", sagt Bader. Wenn alles gecheckt und zusammengebaut ist, kommt die Kabine wieder in Betrieb – und darf ins Tal schweben.

Die Schauinslandbahn ist vom 18. November bis 6. Dezember für die Revision geschlossen.

Ressort: Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom So, 20. Oktober 2024: PDF-Version herunterladen

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