Kunst
Kassel hält an der Documenta 15 fest – mit einem Künstlerkollektiv
Die Stadt Kassel hält an der im Juni startenden Documenta 15 fest und rüstet sich auch für Corona-Maßnahmen. Das indonesische Künstlerkollektiv Ruangrupa setzt auf das Wohl der Gemeinschaft.
Nicole Schnippers
Do, 13. Jan 2022, 19:12 Uhr
Kunst
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Eine der größten Herausforderungen sei, dass Planungen wegen der notwendigen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen nur kurzfristig möglich seien. Man hoffe auf eine möglichst entspannte Situation im Sommer, so Schormann. "Gleichzeitig müssen wir aber in allen Bereichen Lösungen für alle eventuellen Corona-Einschränkungen mitdenken, die auch kurzfristig flexibel an die jeweils akuten Notwendigkeiten angepasst werden können." So sei bei der Wahl der Veranstaltungsorte auf großzügige Räumlichkeiten mit vielen Außenbereichen geachtet worden – bei denen, falls nötig, auch "Einbahnstraßenregelungen" gut umgesetzt werden könnten. Auch das Leitsystem für Besucherinnen und Besucher werde so geplant. Das hat auch finanzielle Folgen.
Schon im Juli hatte Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) angekündigt, dass die Schau wegen der voraussichtlichen Auflagen teurer werden dürfte. Der bereits angehobene Etat von 42 Millionen Euro könnte Kalkulationen zufolge um einen siebenstelligen Betrag steigen. Die Stadt Kassel und das Land Hessen als Gesellschafter sagten zu, diesen Betrag gegebenenfalls jeweils zur Hälfte zu tragen.
Die diesjährige Schau werde sich von den 14 Vorgängern unterscheiden, kündigte das Künstlerkollektiv
Ruangrupa aus Indonesien an, das die künstlerische Leitung innehat. Nicht nur wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie, sondern vor allem wegen der "kollektivistischen" Ausrichtung. Ruangrupa entwickelt die – sogenannte – "documenta fifteen" angelehnt an die indonesische Lumbung-Architektur. "lumbung" ist in dem riesigen Inselstaat mit mehr als 270 Millionen Einwohnern das Wort für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, in der die überschüssige Ernte zum Wohle der Gemeinschaft gelagert wird.
So soll auch bei der Ausstellung das Teilen von Ressourcen zum Wohle aller im Mittelpunkt stehen. Die Teilnehmer – Kollektive, Organisationen und Institutionen aus aller Welt – sollen diesem Leitbild entsprechend gemeinsam "lumbung" praktizieren. Große Namen der Kunstszene finden sich in diesem Jahr kaum. Schon vor dem Beginn im Juni setzt Ruangrupa entsprechende Akzente. Die vorläufige Teilnehmerliste mit bislang 14 Kollektiven, Organisationen und Institutionen sowie 54 Künstlerinnen und Künstlern hat das Künstlerkollektiv nicht im Rahmen einer klassischen Pressekonferenz bekanntgegeben, sondern in der Obdachlosenzeitung "Asphalt" veröffentlicht. Ein Euro jedes verkauften Tickets geht an Nachhaltigkeitsprojekte in Deutschland und Indonesien.
Die Schwerpunkte Nachhaltigkeit, Ökologie und Kommunikation begrüßt auch Jörg Sperling vom Documenta-Forum. Es werde emsig an der Documenta und ihrer Umsetzung unter Pandemiebedingungen gearbeitet, sagte der Vorsitzende des Vereins, der die Ausstellungen kritisch begleitet. "Unter den gegebenen Umständen ist es eine geschickte Lösung, die Ausstellung dezentral über die Stadt verteilt zu planen." Er sei zuversichtlich, dass die Schau gut funktionieren werde.
Gespannt ist Sperling auf die künstlerische Umsetzung: "Wir fragen uns noch, welche Kunst wir sehen werden." Die Künstler der 15. Ausgabe seien schließlich weitgehend unbekannt. "So richtig einschätzen können wir das noch nicht." Aber eigentlich sei das bei jeder Documenta so. "Insofern bin ich auch in dieser Hinsicht zuversichtlich."
Im Stadtbild ist die neue Documenta bereits weithin sichtbar. Mitten in Kassels Innenstadt leuchtet das Ruruhaus, Spielort der Documenta und eine Art "Wohnzimmer" in Orange, Grün, Violett und Gelb. Die örtliche Hütt-Brauerei hat sich als Kooperationspartner einen Anstrich in den bunten Documenta-Farben zugelegt. Darüber hinaus hat sie gemeinsam mit Ruangrupa-Mitgliedern ein eigenes Documenta-Bier kreiert.
Der Ticketverkauf, der Ende September gestartet ist, ist laut Schormann gut angelaufen. Wie viele Gäste tatsächlich kommen werden, sei in Pandemiezeiten aber nur schwer abzusehen. Superlative an Besucherzahlen seien ohnehin nicht das Ziel. "Vielmehr steht im Vordergrund, möglichst vielen Menschen im Rahmen ihres Besuchs das gemeinsame Erleben zeitgenössischer Kunst und persönliche Begegnungen zugänglich zu machen – und das so sicher, ökologisch verträglich und inklusiv wie möglich."