Lufteinsatz

Kaiserstuhl: War die Maikäfer-Bekämpfung erfolgreich?

Dutzende Male sind Spezial-Hubschrauber im April über den Kaiserstuhl geflogen. Den Piloten ging es darum, die Maikäfer zu bekämpfen. Doch was hat die umstrittene Aktion gebracht?  

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Pestizide aus der Luft: Seit 28 Jahren wird mit speziell ausgestatteten Hubschraubern der Maikäfer am Kaiserstuhl bekämpft. Foto: DPA
Im April wurden aus Hubschraubern im Auftrag des Regierungspräsidiums Freiburg weite Teile des Kaiserstuhls mit Pflanzenschutzmitteln besprüht. Die bei Umwelt- und Tierschützern umstrittene Aktion sollte dazu beitragen, die Maikäferpopulation im Weinanbaugebiet zu bekämpfen. Mehr als zwei Monate später sind die Maikäfer verschwunden – ein Fazit der 100 000 Euro teuren Aktion fällt den Beteiligten schwer.

Dutzende Male flogen Spezial-Hubschrauber im April über die Randgebiete des Kaiserstuhls. Auf einer Gesamtfläche von 215 Hektar verteilten sie das den Wirkstoff Neem-Azal T/S, der einen Fraß- und Entwicklungsstopp bei Insekten bewirkt. Ziel der Flüge war es, die Population des Maikäfers und seiner Larve, dem Engerling, in den landwirtschaftlich genutzten Gebieten des Kaiserstuhls einzuschränken.

"Durch die kontinuierlichen Flüge haben wir viel erreicht", sagt Michael Glas. Der Pflanzenschützer koordiniert seit 1997 im Auftrag des Regierungspräsidiums Freiburg die Bekämpfung des Maikäfers am Kaiserstuhl. "Der erwartete extreme Massenflug der Tiere blieb 2015 zwar aus, dennoch gab es viele imposante Flugabende – ein klarer Beleg dafür, dass unser Handeln richtig war", sagt Glas, der aktuell von einer Konzentration von 2 bis 2,5 Maikäfern pro Quadratmeter im Kaiserstuhl ausgeht. "Mitte der 1990er Jahre, bevor wir mit den Helikoptern angefangen haben, waren es noch 20 bis 30 Käfer auf der selben Fläche". Die konkrete Auswertung der diesjährigen Aktion steht allerdings noch aus. "Das Ergebnis sehen wir erst, wenn wir im nächsten Frühjahr Grabungen durchführen und die Engerlinge zählen", so Glas.

Kritik von Naturschützern

Kritik gibt es derweil vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Der massive Eingriff in die Natur dürfe nicht in zu kurzen Zeitabständen geschehen, warnt der Geschäftsführer des Regionalverbandes Südlicher Oberrhein, Axel Mayer. "Es besteht die Gefahr, dass die Larven und Käfer bei zu häufigem Einsatz Resistenzen gegen das Pflanzenschutzmittel entwickeln – das wäre eine absolute Katastrophe für die Winzer."

Die Bedenken des Umweltschützers kann Glas nicht teilen: "Bei dem Produkt, das verspitzt wurde, handelt es sich um eine hochkomplexe natürlich gewonnene Chemikalie – kein Stoff der schnell zur Resistenz führt." Anders als beispielsweise die Kirschessigfliege stünde der Maikäfer zudem unter einem deutlich geringeren Selektionsdruck.

Trotz der umstrittenen Hubschrauberflüge könnte der Maikäfer laut Glas zu einem noch größeren Problem im Südwesten werden. "Der Maikäfer und seine wurzelvernichtenden Larven sind eine Naturgewalt. Durch die Eingriffe mit Insektiziden verhindern wir seine natürliche Überpopulation – und ermöglichen seine dauerhafte Präsenz in der Region", warnt Glas.

Vermehrt gebe es Hinweise darauf, dass der Maikäfer sich vom Kaiserstuhl aus in die Rheinebene und an den Tuniberg weiterverbreitet hat. "Dort wäre neben den bereits leiderprobten Weinbauern besonders die Spargel- und Erdbeerernte in großer Gefahr", sagt Glas.

Alternative Beauveria-Pilz

Neben dem von vielen Landwirten geforderten Einsatz von aggressiveren Pestiziden, sieht der BUND derzeit nur die Alternative mit dem Beauveria-Pilz, der gezielt die Engerlinge befällt, am Kaiserstuhl vorzugehen. "Für den flächendeckenden Einsatz dieses Pilzes ist zum einen die Konzentration von Larven im Boden zu gering, zum Anderen stimmen die klimatischen Bedingungen im Kaiserstuhl nicht", warnt jedoch Glas.

Alternativ bestünde die Möglichkeit, den Boden in den betroffenen Gebieten mit Netzen abzudecken. Das sei laut Mayer jedoch immens teuer und würde die Landwirtschaft unrentabel machen. "Im Zeitalter von Freihandelsabkommen ist das für die hiesigen Bauern und Winzer nicht machbar", so Mayer.

Der Naturschutzbund (Nabu) Kaiserstuhl hat sich mit dem Vorgehen des Regierungspräsidiums derweil arrangiert. "Als die Hubschrauber 1997 zum ersten mal abhoben und Pestizide versprühten, hatten wir eindringlich gewarnt radikal einzugreifen", sagt Nabu-Sprecher Engelbert Mayer. Jetzt, fast 30 Jahre später, sei es nicht mehr möglich, die Flüge rückgängig zu machen und den natürlichen Zyklus bis zum kompletten Aussterben der Maikäferpopulationen abzuwarten. "Das würde für die Winzer zu einer Riesenkatastrophe führen – das verstehen wir auch", sagt Mayer. Dennoch müsse auch in Zukunft nach umweltverträglichen Alternativen bei der Maikäferbekämpfung gesucht werden.

Im nächsten Jahr erwartet der Landespflanzenschutzdienst deutlich weniger Käferflüge – ein Hubschraubereinsatz ist nicht geplant. Spätestens 2018 jedoch soll wieder großflächig aus der Luft gespritzt werden.

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Schlagworte: Axel Mayer, Engelbert Mayer, Michael Glas

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