Jurastudent rappt über eine Welt mit anderen Regeln
Der Meister der Selbstinszenierung und Hip-Hopper Kollegah trat in der Rothaus-Arena vor halbleerer Halle auf.
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Sicherlich liegt das teilweise an der schwer zu begeisternden Generation Y/Z, die Konzerte hauptsächlich damit verbringt, sie in verwackelten Videos festzuhalten. Es könnte aber auch daran liegen, dass Kollegah – mit bürgerlichem Namen unspektakulärerweise Felix Antoine Blume – zwar ein Meister der Selbstinszenierung, aber eben kein geborener Entertainer ist. So kommt seine Bühnenshow trotz lasziver Tänzerin und Publikumsspielchen hölzern daher. Ihm fehlt die selbstverständliche Lässigkeit der Hiphop-Veteranen ebenso wie die selbstironische Attitüde anderer Gangsterrapper.
Eines aber hat er ihnen allen voraus und das stellt Kollegah auch in Freiburg wieder unter Beweis: Keiner rappt wie er. Seine in rasender Geschwindigkeit abgefeuerten Doubletime-Parts lassen niemanden unbeeindruckt. Wenn er inhaltlich nicht gar so die prekäre Schiene fahren würde, könnte man Kollegahs Musik problemlos als große Sprachkunst bezeichnen. Da sich sein Gesamtwerk allerdings wie eine Anthologie zu patriarchalischer Machtsymbolik liest, ist die Bezeichnung Zuhälter-Rap wohl zutreffender. Es geht um Pitbulls, Schnellfeuerwaffen (manchmal auch beides, wie in "Pitbulls & AKs"), schnelle Autos, noch schnelleres Geld und natürlich leichte Mädchen.
Das einzige, das so gar nicht in diese Welt der "Blutdiamanten" und Pelzmäntel passt, ist das Freiburger Publikum. Kollegah rappt vor Schülern, Studenten und Auszubildenden, die vermutlich weder Pitbulls noch AKs besitzen. Auch in Sachen Bizepsumfang können die meisten nicht mit ihrem Idol mithalten. Vielleicht ist es gerade das, was Kollegah so faszinierend macht: Er erzählt aus einer Welt in der andere Regeln gelten. Ein Glücklicher aus dem Publikum darf an dieser Welt sogar teilhaben: Vincent hat die Ehre, vor aller Augen Hanteln zu stemmen. Als ihm dies gelingt, erhält er den Ritterschlag von Kollegah persönlich – eine Dame wird zum Lapdance auf die Bühne gerufen. Kollegah kommentiert: "Hier wird rumgepimpt!"
Beim "Rumpimpen" lässt er sich auf der Bühne nicht nur von Band, DJ und Back-Up unterstützen, sondern auch von seinem Zögling Seyed. Die Tour dient eben auch dazu, Seyed als erstes Signing von Kollegahs eigenem Label Alpha Music Empire zu präsentieren. Der Rapper ist damit endgültig in die Liga des "Empire Business" aufgestiegen und lässt seine Zeiten bei Selfmade Records hinter sich.
Die gemeinsame Single von Kollegah und Seyed trägt – wenig überraschend – den Titel "MP 5". Der Boss zeigt, dass er ganz seiner Linie treu bleibt und sich von niemandem etwas bieten lässt. Wer sich erdreistet, etwas gegen den King zu sagen, wird niedergemacht. Diese Erfahrung macht aktuell der Berliner Rapper Fler. In der Zugabe lässt Kollegah es sich nicht nehmen, ihn zu dissen. Über die Video-Leinwand flimmern dazu Fotomontagen , die den Berliner lächerlich machen. Klare Worte: "Die Boss-Aura löst Todesängste aus." Was auch immer man von dem Jura-Studenten im Pelzmantel halten mag: Der Erfolg gibt ihm recht. Das Konzert in Freiburg war zwar nicht ausverkauft, sein "Zuhälter Tape Volume 4" aber stieg im vergangenen Dezember direkt auf Platz eins der Album-Charts ein und hält sich seitdem unter den Top 100. Kollegah bleibt ein Phänomen und "Deutschlands einziger Zuhälter-Rapper".
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