Studie
Jugendliche sind zufrieden, aber besorgter denn je: Wie passt das zusammen?
Wie ticken Teenager? Die neue Sinus-Studie gibt Einblicke in ihre Sorgen und Ängste – und birgt auch Überraschendes.
Verena Schmitt-Roschmann (dpa)
Mi, 12. Jun 2024, 20:00 Uhr
Panorama
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Corona, Klimawandel, Diskriminierung: Die "Generation Krise" der 14- bis 17-Jährigen ist einer Studie zufolge besorgter denn je über die politischen Probleme. Jugendliche fühlen sich selbst oft machtlos und trauen der Politik kaum Lösungen zu – und doch wollen sie sich nicht unterkriegen lassen. Dieses widersprüchliche Bild zeichnet die neue Sinus-Studie "Wie ticken Jugendliche?".
"Die Krisen stapeln sich, und die Jugendlichen bewahren sich den Bewältigungsoptimismus, das ist erstaunlich", sagt Studienautor Marc Calmbach. Die Jugendlichen hätten trotz allem das Gefühl: Irgendwie wird es schon werden. Trotz Zukunftsängsten sind 84 Prozent der befragten Teenager zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrem Alltagserleben.
Die Sinus-Studie gibt es seit 2008. Es ist keine Meinungsumfrage mit Hunderten Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Stattdessen wurden 72 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren aus unterschiedlichen Schulformen und Bevölkerungsgruppen über mehrere Stunden intensiv zu Hause nach ihrem Alltag, ihren Wünschen, Werten und Zukunftsentwürfen befragt. Die Aussagekraft für die 3,1 Millionen jungen Leute in der Altersgruppe entstehe durch die Tiefe der Befragung.
Sehnen nach Halt und Geborgenheit, sicherem Einkommen und eigener Familie
Einige Ergebnisse: Viele Teenager sehnen sich nach Halt, Geborgenheit, einem einigermaßen sicheren Einkommen und eigener Familie – kurzum nach einer "bürgerlichen Normalbiografie", wie es die Studienmacher nennen. Das Streben nach Sicherheit sei wichtiger geworden. Neues Biedermeier wollen die Jugendlichen aber auch nicht: "Auffällig ist, dass zunehmend deutlicher nicht nur die Toleranz in Bezug auf unterschiedliche Kulturen als Selbstverständlichkeit betont wird, sondern auch die Akzeptanz pluralisierter Lebensformen und Rollenbilder."
Die meisten zeigten sich offen und tolerant etwa gegenüber Menschen, die ihr Geschlecht non-binär definieren. "Die Jugendlichen sind aware, aber nicht woke", sagt Co-Autor Tim Gensheimer. Viele beschreiben Diskriminierung im Alltag und in der Schule als eigenes Erleben oder im Umfeld. Sie seien sensibel gegenüber strukturellen Ungleichheiten, auch in Sachen Zukunftschancen bei unterschiedlichen Schulformen. Und: "Viele Jugendliche sehen Schule nicht als Ort, wo sie Mitbestimmung lernen und wirklich gehört werden."
Vertrauen in Lösungskompetenz von Politikern schwindet
Weil die Jugendlichen 2023 befragt wurden, lassen sich keine Erkenntnisse zur Europawahl gewinnen. Generell sähen viele Politik aber als Sache der Politiker – sie gäben ihnen die "Lösungsverantwortung". Sie bescheinigen der Politik aber auch immer weniger "Lösungskompetenz", seit 2020 nehme der Wert klar ab.
Bestätigt sehe man die Annahme, dass sich Jugendliche sehr überwiegend über soziale Netzwerke informieren und sich ein Leben ohne diese kaum vorstellen können. Zugleich hätten sie ein Bewusstsein für negative Folgen von zu viel Handyzeit – und Zukunftsvorsätze: "Wenn ich mal Kinder habe, dann sitzen die nicht die ganze Zeit vor dem Screen", gab Calmbach diese Hoffnung wieder.
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