Jürgen Drews einfach an die Wand gedrückt
BANDS DER REGION (6): "Look and Listen" war von 1977 bis Mitte der 80er-Jahre auf Achse / Gala-Auftritte selbst in der Schweiz.
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OFFENBURG. Hätten die Musiker ein bisschen mehr Mut gehabt und das Hobby zum Beruf gemacht, wer weiß, was aus der Band geworden wäre?! Immerhin besang "Look and Listen" drei Singles, wurde mehrfach mit ihrer Disco-, Soul-, Funk- und Popmusik ins Fernsehen eingeladen, bot auf der Bühne selbst Jürgen Drews und Joy Fleming Paroli. Doch man beließ es bei Amateur-Musik - wenn auch auf hohem Niveau. 1977 begann die Ära, 1986 ging sie zu Ende.
Doch man wollte einfach einen neuen Start wagen - mit leicht veränderter Mannschaft, neuer Flagge und anderem Klang. Manager der Gruppe wurde der Oberkircher Carlo Parisel, zugleich Vorsänger der Tanzkapelle. Die Arrangements schrieben Bernd Wetzel (Keyboards) aus Zunsweier und Wolfgang Geiger (Posaune, Horn) aus Kehl.
Zur Gründungscrew zählten auch die Neumühler Gerd Koebel (Trompete) und Reinhard Kalisch (Saxophon/heute "Jimmy's Soul Attack"), der Diersburger Wolfgang Ritter (Bass), Mischa Czeninga (Lead-Gitarre) aus Kehl, Schlagzeuger Pit Köther aus Zell-Weierbach (auch bei The Heeds, Starlighters, Connubial Act, Escorial) sowie die drei Sängerinnen Patricia Seifermann, Angelika Laszlo und Angelika Läufer. Fast die Hälfte übrigens Burda-Mitarbeiter. Die Presse feierte die neue Band als "eine der ersten Original-Disco-Gruppen im süddeutschen Raum". Im Januar 1978 war nach einem Gastspiel in Gaggenau im Lokalblatt zu lesen: "Die Überraschung des Abends allerdings war die neue Offenburger Band Look and Listen - eine Amateurgruppe, die Mitglieder, von Rechtsanwalt über Redakteure bis Beamte, allesamt beruflich im gehobenen Mittelmaß.
Patricia Bey war zuvor Sängerin bei der Top-Band "Supermax"
Man merkt's der Musik an: sauber, ehrlich, ganz bewusst kommerziell. Was derzeit in der Music-Box gebunkert ist, von Platte, Band und Cassette leiert, Look and Listen bringt es live. Drei Go-Go-Girls helfen singend dabei - Aufsteiger im Showgeschäft, ganz sicher." An jenem Abend hatte die Band immerhin den "Bett im Kornfeld"-Mann Jürgen Drews glatt an die Wand gedrückt.
Die "Disco 77" in Lahr, das "Metropol" in Freistett, das Tanzcafé Nachtwache in Schmieheim, Turn- und Festhallen: Das waren anfangs weitere Stationen von "Look and Listen". Doch es ging nicht lange, das kannte man ja schon von "Face Control", und die Band hatte ein anderes Aussehen. Trotzdem ging's flott voran: Im November 1978 landete man bereits in München: zur Aufnahme der ersten Single: "Black Back Alley". Nicht mehr dabei waren Wolfgang Geiger sowie Angelika Laszlo und Angelika Läufer, dafür stießen der Ottenheimer Peter Gütle (Trompete) hinzu, außerdem Patricia Bey. Die dunkelhäutige Schönheit stammte aus den USA und war zuvor bei der Top-Gruppe "Supermax", die sie in Richtung "Look and Listen" verließ, "weil hier meine Führungsstimme besser zur Geltung kommt".
Im September 1979 kam die zweite Single auf den Markt. A-Seite: "I can't break the rabit". Die B-Seite stammte aus Bernd Wetzels Feder: "Couldn't find the way". Die Single schaffte es auch in der Schweiz und in Österreich in die Charts - und die Band damit in Deutschland ins Radio und ins Fernsehen: "Pop'79", der von Bill Ramsey präsentierte "Talentschuppen", das "Frohe Wochenende" mit Karl-Heinz Wegener, die "Drehscheibe". Später gab's mit "Rock-Angel" sogar eine dritte Platte.
Bekannt wurde die zehnköpfige Formation auch, weil sie häufig im Kielwasser bekannter Popgrößen auf der Bühne stand: Vom Renommee einer Joy Fleming ("Ein Lied kann eine Brücke sein"), eines Bernd Clüver "(Der Junge mit der Mundharmonika") oder eines Kelly Brown fiel natürlich auch auf sie was ab. Indes war die Gruppe nicht ohne, interpretierte neben den eigenen Songs auch Stücke von Chicago, von Blood, Sweat & Tears, von Earth, Wind & Fire, von Village People und KC and The Sunshine Band, beeindruckte neben der doppelten Frauenstimme vor allem mit ihrem Bläsersatz. 1979 rastete das Freizeit-Magazin vor Begeisterung fast aus: "Auf der Bühne ist diese Band das heißeste seit Boney M." Bernd Wetzel ist heute noch überzeugt: "Ohne anzugeben: Wir waren damals mindestens so gut wie heute Jimmy's Soul Attack" - die Band von Joachim Gottschalk (früher Escorial und The Rippers).
"Look and Listen" tingelte mal im großen Reisebus - was für ein Stress für ein paar hundert Mark - zu einem Gig an die holländische Grenze (und in derselben Nacht wieder zurück), gab Konzerte in Zürich und Roth bei Nürnberg. Irgendwann mussten sich die Musiker entscheiden: entweder als Profis weitermachen, und zwar ohne Wenn und Aber, oder die Musik weiter bloß aus Spaß an der Freud' betreiben. Es blieb beim Hobby. Bernd Wetzel, der musikalische Kopf der Gruppe: "Wenn wir bei einer Plattenfirma einen längerfristigen Vertrag bekommen hätten, hätten wir es wohl professionell gemacht. Aber so war's zu riskant." Dennoch schaffte es Carlo Parisel - seinerzeit längst als Jurist in Frankfurt zu Hause - immer wieder mal, den einen oder anderen Gastmusiker in die Ortenau zu lotsen. So auch Brad Howell, auch er mal ein "Supermax" - später bekannt als der Mann, der "Milli Vanilli" seine Stimme "lieh".
Irgendwann traten erste Auflösungserscheinungen ein, auch weil Studium, Beruf und Familie ihren Tribut forderten und Musiker wie Wolfgang Ritter (München) und Reinhard Kalisch (USA) wegzogen. Noch einmal gab's ein letztes Aufbäumen, als Hannes Sichtling, Dietmar Grassow, Bertram Birk, Uwe Lang und "Cookie", der Österreicher, dazustießen. Wetzel: "Musikalisch ging's dann eher in Richtung Jazz-Rock, in Richtung Al Jarreau."
Und doch war die Ära von "Look and Listen" im Grunde zu Ende. Der letzte Auftritt der Band: bei Wolfgang Ritters 40-er Mitte der 80-er.
Weitere Infos an/von: Hubert Röderer, Tel. 0781/9262-5573, Fax 9262-5569, E-Mail: [email protected]
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