Gesundheit und Soziales
Investition in IT unabdingbar
Pflegeeinrichtungen müssen nachbessern, doch Geld allein ist nicht die Lösung.
Dirk Baas
Fr, 6. Nov 2020, 12:38 Uhr
Beruf & Karriere
Thema: Stellenspezial Gesundheit
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Das Caritas Altenpflege-Zentrum St. Martin in Düsseldorf war das erste Heim in Deutschland, das in der Corona-Pandemie die neue App "Videobesuch" genutzt hat. Mit ihr können sich Heimbewohner und Angehörige per Videoanruf verbinden. Möglich gemacht hat das ein Start-up-Unternehmen, das bundesweit agiert und mehrere hundert Heime mit Videobesuch versorgt. Das Unternehmen sieht noch viel Luft nach oben, sagte Mitgründerin Jaye Pharell dem Evangelischen Pressedienst epd, auch wenn inzwischen in fast allen Heimen wieder Besuche von Familienmitgliedern möglich sind. Der Markt ist da: In Deutschland gibt es mehr als 12 000 Pflegeheime.
Das Funktionsprinzip: Für den Videobesuch tragen die Heime zunächst die Tage, Uhrzeiten und Zeiträume ein, an denen sie Heimbewohnern Videoanrufe ermöglichen können. Dann werden Links an die Angehörigen geschickt, die so ihren Videotermin selbstständig buchen. Das Pflegepersonal muss dann nur noch das Endgerät zum Bewohner bringen oder ihn zu einem Computer mit Kamera begleiten.
An Kosten fällt pro Monat und genutztem Tablet ein mittlerer zweistelliger Betrag an, sagt Pharell. Aber zuvor müssen die Heime viel Geld in W-Lan, Tablets, Laptops oder Computer investieren. Staatliche Hilfen für digitale oder technische Investitionen gibt es bereits als einmalige Anschubfinanzierung. "Jede Einrichtung kann einen Zuschuss der Pflegeversicherung in Höhe von 12 000 Euro (oder 40 Prozent der Gesamtkosten) erhalten", teilt das Bundesgesundheitsministerium mit. Im ersten Halbjahr 2020 wurden 13 Millionen Euro ausgezahlt. Dass Fördergelder allein eine besondere Dynamik entfalten könnten, glaubt Pharell nicht. Ob sie überhaupt von Heimen abgerufen würden, die der Internettechnik eher ablehnend gegenüberstehen, sei fraglich. So sind Angebote wie die App "Videobesuch" bislang die Ausnahme. Eine Studie aus dem Jahr 2018 zeigt: Das Thema W-Lan ist aktuell in der deutschen Pflegelandschaft noch eher unterrepräsentiert. Nur 37 Prozent der befragten Pflegeheime bieten ihren Bewohnern die Möglichkeit einer W-Lan-Nutzung an.
Der Caritasverband Düsseldorf, der inzwischen in mehreren Heimen Videoanrufe via Videobesuch ermöglicht, will ein Angebot etablieren, um die Bewohner in ihrer Selbstständigkeit beim Nutzen digitaler Geräte zu fördern. "Dafür sollen weitere Tablets angeschafft werden, die die Bewohner dann ausleihen können", erläutert Caritas-Pressesprecherin Stephanie Agethen.
Christel Bienstein, Präsidentin des Berufsverbands der Pflegeberufe DBfK, sagt: "Ohne Internetkompetenz sind Onlinekontakte für Heimbewohner unmöglich." Zwar sei wegen Corona viel improvisiert worden, etwa mit Tablets. "Aber das alles hat seine Grenzen." Das Problem sei, dass viele Heimbewohner kognitiv nicht in der Lage seien, die Technik zu bedienen.
Das sieht der Heidelberger Gerontologieprofessor Andreas Kruse anders. Auch Hochbetagte seien in der Lage, Internettechnik zu nutzen. "Empirische Untersuchungen bestätigen eindrucksvoll, dass alte Menschen dann, wenn sie in die Nutzung von Internet, Smartphone oder Apps eingewiesen werden, vielfach Freude am Arbeiten mit neuen Techniken entwickeln", sagte Kruse. "Dann sind sogar Menschen mit erheblichen kognitiven Einbußen in der Lage, sich mit bestimmten digitalen Techniken anzufreunden."
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