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Glücksspiel

In Deutschland gibt es immer mehr illegale Spielautomaten

Illegale Glücksspielautomaten werden einer Studie zufolge in Deutschland immer häufiger. Experten warnen besonders vor hochriskanten Fun Games, die ihren Spielern keine Pause gönnen.  

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Illegale Spielautomaten werden zum Problem.  | Foto: Bernd Thissen (dpa)
Illegale Spielautomaten werden zum Problem. Foto: Bernd Thissen (dpa)
Sie werden Fun Games genannt, aber Jürgen Trümper vom Arbeitskreis gegen Spielsucht versteht hier keinen Spaß. Illegale, also in Deutschland nicht zugelassene Glücksspielautomaten sind nach einer von ihm erstellten Feldstudie bundesweit auf dem Vormarsch. Sie stehen in Hinterzimmern, fadenscheinigen Gastrobetrieben oder Wettbüros. Und sie versprechen das schnelle große Geld – bei extrem hohem Verlustrisiko. Nicht nur soziale Brennpunkte sind betroffen, auch in der Fläche finden sie sich.

Da die Automaten illegal sind, gibt es auch keine Meldedaten. Um dennoch einen Überblick zu erhalten, besuchte Trümper für seine nun vorgelegte Feldstudie von Juni bis Oktober vergangenen Jahres verdeckt 1408 Örtlichkeiten in 150 Kommunen in 13 Bundesländern. Dabei steuerte er gezielt Orte an, die den Verdacht der Illegalität nahelegten.

Wie viele Geräte es sind, ist unklar

Die Bilanz: In 44,5 Prozent der aufgesuchten Einrichtungen fanden sich illegale Spielautomaten, häufig neben legalen. Jedes dritte vorgefundene Geldspielgerät war illegal: 32,8 Prozent von insgesamt 3337. In Hamburg – laut Studie ein Fun-Game-Hotspot – ist das Problem bekannt. Nach vorläufiger Einschätzung stünden solche Geräte in mehr als 150 Betrieben und Kulturvereinen, heißt es im Glücksspielreferat der Innenbehörde: "Es ist von einer vierstelligen Summe von Geräten auszugehen." Bei diversen Durchsuchungen seien solche Geräte sichergestellt worden. Zahlen dazu lagen nicht vor.

Die Fun Games seien hochriskant, warnt Trümper, der seit vielen Jahren von Unna in Nordrhein-Westfalen aus das illegale Glückspiel in Deutschland unter die Lupe nimmt. "Es gibt überhaupt keinen Spielerschutz, keine Spielpause. Sie können mit wesentlich höheren Einsätzen spielen", sagte der Experte. Er habe ein Gerät getestet, "bei dem konnte man in der Spitze für zweieinhalb Sekunden sogenannten Spielspaß 300 Euro einsetzen, natürlich auch mit der entsprechenden Gewinnerwartung." Aber genau das mache sie attraktiv.

"Das sind süchtige, kranke Menschen, deren Krankheit mit den Geräten ausgebeutet wird" Jürgen Trümper
Nutzer seien zumeist problematische oder pathologische Spieler, "die dann auch bereit sind, Haus und Hof an den Geräten zu verlieren". Trümper spricht aus Erfahrung: Über 15 Jahre hat er als Sozialarbeiter Spieler und Angehörige betreut, seit 1992 ist er Geschäftsführer des Arbeitskreises gegen Spielsucht. "Das sind süchtige, kranke Menschen, deren Krankheit mit den Geräten in einem Maß ausgebeutet wird, das ins Unerträgliche geht", sagt er.

Die Automaten stammten zumeist aus dem Ausland, aus China oder Osteuropa, sagt Trümper. Im Internet könne man sie für Preise zwischen 1700 und 3000 Euro kaufen – ganz legal. "Lediglich das Aufstellen ist nach Paragraf 6a der Spielverordnung eine Ordnungswidrigkeit." Allerdings sei die Rechtsprechung inzwischen dahin gelangt, dass bei Aufstellung immer auch der Tatverdacht auf illegales Glücksspiel gegeben ist – und das ist eine Straftat.

Bis 2008 gab es seinen Schätzungen zufolge bundesweit bis zu 120.000 solcher Geräte. "Genaue Zahlen gibt es nicht, weil Fun Games unter der Flagge von Unterhaltungsautomaten segelten und deshalb nicht meldepflichtig waren." Seit 2008 ist es verboten, sie aufzustellen, aber nun sind sie wieder im Trend. "Die Renaissance ist zum einen begründet durch die begrüßenswerte Einschränkung der legalen Glückspielgeräte, zum anderen aber vor allem durch den Abbau des dritten Gerätes in gastronomischen Betrieben." In den vergangenen Jahren wurden Einsatz- und Verlustmöglichkeiten limitiert, ebenso die Spieldauer. Seit 2019 dürfen in Gastrobetrieben nur noch zwei Geräte aufgestellt werden. "Häufig wurden die Verluste aus dem Abbau des dritten Gerätes durch das Aufstellen illegaler Geräte kompensiert", sagt Trümper. "Wer lediglich ein Bußgeld von ein paar Hundert Euro zu erwarten hat, entscheidet sich leichter für ein Gerät, das nach Einschätzung von Experten rund 10.000 Euro und mehr im Monat bringt."

Zur Lösung des Problems fordert die Automatenwirtschaft eine Lockerung der Vorgaben für ihre legalen Geräte, um diese attraktiver zu machen. "Aus meiner Sicht ist das der falsche Weg", sagt Trümper. Dass der Branchenverband seine Studie finanziert hat, ist für ihn kein Problem. Es sei eine Güterabwägung. "Mein Motiv ist ganz klar der Kampf gegen die Ausbreitung des illegalen Glückspiels. Und in diesem Fall decken sich unsere Motive, auch wenn jeweils eine andere Intension dahintersteht."

Er vertrete die Position, "mit aller gesetzlichen Härte – und die Möglichkeiten haben wir – gegen die Aufstellung vorzugehen", sagt Trümper. Allerdings wären dafür stärkere Kontrollen nötig. "Viele Ordnungsämter sind personell unterbesetzt – und die Kontrolle von Spielstätten ist nur ein Unterpunkt. Zudem sind die Mitarbeiter häufig nur unzureichend geschult." Diese Einschätzung wird auch von Tobias Hayer, Glücksspielforscher an der Universität Bremen, geteilt. "Wir müssen die Ordnungsämter personell aufstocken." Dazu müssten die Kompetenzen verbessert werden.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 10. Februar 2022: PDF-Version herunterladen

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