Kinderschutzbund
Immer mehr getrennte Eltern nehmen Angebot für "begleiteten Umgang" in Anspruch
Seit 25 Jahren bietet der Kinderschutzbund zerstrittenen Eltern kostenlso begleiteten Umgang mit dem Kind an. Wer das Angebot nutzen will, muss mit langen Wartezeiten rechnen.
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Was tun, wenn sich Eltern trennen und völlig zerstritten sind? Und wenn das alleinerziehende Elternteil dem anderen nicht zutraut, gut mit dem Kind umzugehen? Seit 1992 bietet der Kinderschutzbund in solchen Fällen kostenlos begleiteten Umgang an. Drei hauptamtliche Fachkräfte teilen sich 1,75 Vollzeitstellen, dazu kommen zwei hauptamtliche Umgangsbegleiter in Minijobs und rund elf Ehrenamtliche. "Es könnten gern doppelt so viele sein", sagt die Sozialpädagogin Kerstin Topolic, denn es melden sich immer mehr Eltern.
Nur in seltenen Fällen hat sich Gabriele Hoegl mal eingemischt: zum Beispiel, als ein Mädchen sich in eine Ecke flüchtete, weil es sich durch den Körperkontakt zur Mutter bedrängt fühlte. In den meisten Fällen aber fühlt sich Gabriele Hoegl eher wie "ein Möbelstück": Sie ist da, doch sie spielt keine Rolle. Dafür beobachtet sie umso genauer, was sich tut, und schreibt mit, mit möglichst vielen Zitaten: "Was gesprochen wird, sagt viel aus."
Diese Protokolle bekommen Kerstin Topolic und die anderen Hauptamtlichen, die daraus und aus den Gesprächen Berichte fürs Gericht zusammenstellen. Sie müssen Situationen einschätzen und die jeweiligen Vorgeschichten genau kennen. Gabriele Hoegl dagegen will lieber nicht so viel aus der Vergangenheit wissen und unbefangener sein: "Warnsignale nehme ich trotzdem wahr", sagt sie. Wenn ein Kind Bedenken oder Angst hat, vereinbart sie ein geheimes Zeichen, bei dem sie eingreift: "Es ist wichtig, dass Kinder wissen, dass sie jederzeit aus der Situation rauskommen können."
Gabriele Hoegl begleitet zurzeit vier bis fünf Familien, bei sieben bis acht Treffen im Monat ist sie dabei. Sie hat vor der Rente als Arzthelferin gearbeitet, hat zwei erwachsene Kinder und Enkel und engagiert sich seit 17 Jahren beim Kinderschutzbund. Früher war sie für viele eine Ansprechpartnerin in Not, beim Kinder- und Jugendtelefon und beim Elterntelefon. Seit fünf Jahren ist sie ehrenamtliche Umgangsbegleiterin. In ihrer Kindheit hätte sie selbst eine solche Unterstützung gebraucht, sagt sie: Weil es das damals nicht gab, konnte sie fast keinen Kontakt zu ihrem Vater haben.
Zurzeit begleitet der Kinderschutzbund 50 Eltern. Meist sind es Väter, die zu den Treffen mit ihren Kindern kommen. Nur bei zehn Prozent werden Mütter begleitet, weil die Väter die Alleinerziehenden sind. Manche Eltern seien suchtabhängig oder anderweitig psychisch krank, etliche ihren Kindern entfremdet, bei einigen bestehe Entführungsgefahr oder der Verdacht auf Missbrauch, sagt Kerstin Topolic. Die meisten Eltern werden vom Familiengericht oder vom Jugendamt geschickt, manche kommen auch freiwillig. Die Gerichte entscheiden, ob ein Elternteil sein Kind sehen darf oder nicht. Der Kinderschutzbund lehnt nur Extremfälle ab, sagt Kerstin Topolic: "Bei nachgewiesenem Missbrauch oder Gewalt."
Allerdings gibt es Wartezeiten von mindestens drei Monaten. Der begleitete Umgang werde immer bekannter, ihn zu nutzen sei längst kein Tabu mehr: "Den wenigsten ist das unangenehm." Die meisten der Kinder seien unter zehn Jahre alt.
Ziel ist, dass die Eltern nach einem Jahr soweit sind, allein miteinander und dem Kind zurechtzukommen. Es gibt aber deutlich längere Kontakte, wie zum Beispiel bei einem inzwischen zwölfjährigen Mädchen, das acht Jahre lang seinen Vater mit Begleitung traf. Sie hat aufgeschrieben, warum das wichtig war: "Es war immer gut zu wissen, dass jemand da ist, weil es mit meinem Vater auch problematische Situationen gab." Die Begleitung habe ihr geholfen, "ein gesundes Verhältnis aufzubauen".
Oft gebe es aber auch schnelle Fortschritte, sagt Gabriele Hoegl. Sie findet ihr Engagement sehr bereichernd und hat Respekt vor allen Eltern, die sich auf begleiteten Umgang einlassen: "Das bedeutet, dass sie etwas Positives mitbringen." Alle hätten den Wunsch, es möglichst gut zu machen, betont auch Kerstin Topolic, manche hätten das aber nie gelernt.
Die Umgangsbegleiter werden an vier Wochenenden geschult und später laufend fortgebildet. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung von zehn Euro in der Stunde. Sie sollten tolerant und in der Lage sein, sich zurückzuhalten, zeitlich flexibel und mindestens zwei Jahre lang einsetzbar.