Leitartikel

Im US-Präsidentschaftswahlkampf wird die Stimmung entzündlich

Hillary Clinton gegen Donald Trump: Im US-Präsidentschaftswahlkampf wird ein Duell der Favoriten immer wahrscheinlicher.  

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Beide Bewerber können noch stürzen, aber die Paarung lässt für die Zukunft des Landes nichts Gutes erahnen – in Clinton und Trump prallen zwei Menschen aufeinander, die bis tief in ihre eigenen Parteien polarisieren. Und in der zweiten Reihe wartet keine Alternative: Der religiöse Eiferer Ted Cruz wäre im Land so wenig konsensfähig wie der selbsternannte Sozialist Bernie Sanders. Wie die zerrissene Nation je zusammenfinden soll, ist derzeit nicht zu erkennen.

Das Bild der Geteilten Staaten von Amerika gehört dieser Tage zum Standardrepertoire der Kommentatoren. Rund ein Viertel der Wähler sehen in der jeweils anderen Partei eine Bedrohung des Landes. Mehr als zwei Drittel haben ein schlechtes Bild vom republikanischen Spitzenreiter Trump; genauso viele finden die demokratische Alternative Clinton nicht vertrauenswürdig.

Neu sind solche Phänomene zwar nicht. Das politische System fand aber bislang meist Wege, den Zorn der Massen einzufangen. Das ist diesmal schwer abzusehen. Der amerikanische Politikbetrieb funktioniert bei der Wahl eines Präsidenten oft wie ein Pendel. Auf den hemdsärmeligen George W. Bush folgte die professorale Ausgewogenheit Barack Obamas; nun rufen Gegner nach einem rücksichtslosen Haudegen.

Gleichzeitig ist die entzündliche Stimmung gerade im rechten Lager von langer Hand vorbereitet. Der ausgeschiedene republikanische Präsidentschaftskandidat Marco Rubio warnte vor einem Klima, in dem "sich Menschen ernsthaft hassen, weil sie verschiedene politische Auffassungen haben" – ein zynischer Satz, denn Rubios Kernbotschaft war bis dahin gewesen, Präsident Barack Obama richte das Land mit Absicht zugrunde.

Die Erosion der Debattenkultur ist auch medialen Umbrüchen geschuldet. Der Siegeszug von Facebook oder Twitter bedeutet eine Dramatisierung von Schlagzeilen. Zunehmend auf Emotionen abzielender Journalismus ist oft auf ein Stammpublikum zugeschnitten, das in seinem Weltbild nur noch bestätigt wird. Was in dieser Blase stört, wird als Lügenpresse wahrgenommen – ein Phänomen, das man auch in Europa kennt. Genauso Ängste vor billiger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, Furcht vor Terror oder Überfremdung. Die wirtschaftliche Not breiter Schichten ist in den USA zudem weit ausgeprägter als etwa in Deutschland.

Richard Nixon konnte die aufgeheizte Stimmung nach seinem Wahlsieg 1968 beschwichtigen, indem er das Ende des Vietnam-Kriegs in Aussicht stellte. Trump hat solche Chancen nicht – seine Anhänger erwarten kein Miteinander von ihm, sondern rücksichtslosen Einsatz gegen vermeintliche Gegner; ihre eigentlichen Wünsche kann er aber gar nicht erfüllen. Trump kann weder die Globalisierung zurückdrehen noch die weiß dominierte, sozial konservative Gesellschaft der 50er Jahre wiederherstellen, nach der sich seine Anhänger sehnen. Wenn die schnellen Lösungen ausbleiben, wird der Zorn nicht abschwellen: Trump hat die Hürden gesenkt in Bezug auf das, was im politischen Streit gesagt und getan werden kann. Das hinterlässt Spuren, selbst wenn seine Partei verliert – was weiter wahrscheinlich bleibt.

Ein Sieg Clintons würde den Republikanern die Chance geben, sich in der Opposition neu zu besinnen. Sie bietet aber keine Vision, um die sich das Land sammeln könnte. Als Person ist sie derart umstritten, dass es ihr selbst schwerfallen könnte, die eigene Partei zu versöhnen. Zusammenführen könnte die Nation derzeit wohl nur ein Wirtschaftsboom, dessen Früchte breiter verteilt würden. Selbst dafür bräuchte es ein Mindestmaß an Verständigung. Es sieht nicht gut aus für das Gemeinwesen USA.

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