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"Ich hatte keine Spielsachen"

Zisch-Reporter Carlo Wernet hat mit seiner Uroma Theresia Wernet über ihre Kindheit und Jugend gesprochen. Sie ist 92 Jahre alt und in Biederbach im Schwarzwald zusammen mir ihren elf Geschwistern auf einem Bauernhof aufgewachsen.  

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Familienbild der Wernets – ganz rechts steht Theresia, zwei Geschwister fehlten zu dieser Zeit noch. Foto: privat
BZ: Wie heißen deine Geschwister und deine Eltern?
Mein Vater hieß Heinrich, meine Mutter Bertha. Meine Geschwister dem Alter nach: Rosa, Andreas, Maria, Ottilia, dann ich, Theresia, dann Emma, Mansuet, Bertha, Erwin, Erika, Anna und Heinrich.

BZ: Wie groß war euer Mittagstisch mit zwölf Kindern und zwei Erwachsenen?
Wir hatten einen großen Tisch, daneben noch einen kleinen zum Runterklappen neben der Ofenbank; den haben wir zusätzlich noch gerichtet. Sonst hätten wir ja keinen Platz gehabt.

BZ: Wie viele Jahre Unterschied sind es zwischen deinem jüngsten Geschwisterkind und deinem ältesten Geschwisterkind?
Oh je. Das weiß ich gar nicht mehr genau. Mein ältester Bruder war vier Jahre älter als ich, mein jüngster Bruder war 17 Jahre jünger. Wir zwölf Geschwister sind im Laufe von 21 Jahren auf die Welt gekommen.

BZ: Was für Spielsachen hattest du und mit was hast du am liebsten gespielt?
Ich hatte keine Spielsachen. Wir haben zum Beispiel einen kleinen Stuhl genommen, haben ihm Kleider von unseren kleineren Geschwistern angezogen und haben dann damit gespielt. Ich wüsste nicht, was wir für Spielsachen gehabt hätten.

BZ: Hattest du einen langen Schulweg und wie war er?
Einige Geschwister sind immer miteinander gelaufen. Wir waren so 20 bis 30 Minuten unterwegs. Der Schulweg war immer interessant. Da machten wir zum Beispiel Bachspringen – hin und her… sonst kann ich mich nicht mehr genau erinnern.

BZ: Was für Kleider hattest du, als du so alt warst wie ich?
Wir hatten nicht viele Kleider. Also, wir hatten Schulkleider, Werktagskleider und Sonntagskleider. Wenn wir samstags von der Schule nach Hause gekommen sind, mussten wir die Schulkleidung direkt ausziehen, damit diese gleich gewaschen und getrocknet werden konnte. Wir hatten damals keine Waschmaschine und sie musste von Hand gewaschen werden. Dies geschah, damit sie trocknen konnte und wir sie am Montag in der Schule wieder anziehen konnten. Das machten wir ungefähr gleichaltrigen Geschwister gemeinsam mit unserer Mutter in einem großen Wäschezuber. Die Sonntagskleider wurden selten schmutzig, die mussten wir nicht waschen. Die kamen nach der Kirche sonntags direkt wieder in den Schrank zurück.

BZ: Wie hast du mit zehn Jahren auf eurem Bauernhof mitgeholfen?
Im Haushalt mussten wir unserer Mutter helfen. Wir deckten den Tisch und räumten wieder ab. Wir halfen auch immer beim Abwaschen. Das machten wir natürlich von Hand. Wir hatten ja noch keine Spülmaschine. In deinem Alter haben wir auch auf unsere kleineren Geschwister aufgepasst. Aufs Feld mussten wir auch mit. Aber erst, als wir älter waren. Wir mussten die Ochsen führen. Das habe ich aber nicht gern gemacht. Ich hatte Angst vor ihnen. Die Ochsen waren geliehen und kannten mich nicht. Sie waren mir fremd und da habe ich das Seil am Joch vor Angst fast rausgerissen (lacht).

BZ: Was für Tiere hattet ihr und hast du viel mit ihnen gemacht?
Ich hatte teilweise Angst vor ihnen. Wir hatten Schweine und Rinder, auch Gänse. Einen Hund hatten wir, als ich jung war, auch, den Lux. Dann hatten wir noch Schafe, die waren auf der Weide bei einem Nachbarhof. Hühner hatten wir viele. Und einen bösen Gänserich! Der ist immer hinter uns her und hat uns von hinten in die Beine gepickt. Das tat weh!

BZ: Wie ging es dir im Zweiten Weltkrieg und hattest du genug zu essen?
Wir konnten nicht wählerisch sein und mussten essen, was auf den Tisch kam; was unsere Mutter gekocht hat. Aber wir hatten immer genügend zu essen, weil wir Landwirtschaft hatten. Wir hatten Butter, Eier und unsere Mutter hat Käse gemacht. Und geschlachtet haben wir auch. Wenn wir zu dieser Zeit nichts mehr zu Essen hatten, hat unser Vater manchmal ein Schaf geschlachtet, damit wir wieder Fleisch hatten. Es musste etwas auf den Tisch kommen mit so vielen Kindern. Für die Leute ohne Bauernhof war das zu dieser Zeit anders. Die sind sogar zum Betteln auf die Höfe gekommen. Samstags sind oft die Fabrikler gekommen. Die wollten immer etwas zu Essen von uns haben. Wenn wir etwas übrig hatten, hat unsere Mutter ihnen auch etwas gegeben.

BZ: Mit wie vielen Jahren seid ihr Kinder von zu Hause weggezogen und wohin seid ihr gezogen?
Ich bin erst fort, nachdem ich aus der Schule war. Ich war so 14 Jahre alt. Ich bin zu meiner Tante in der Nähe auf deren Hof und habe dort mitgeholfen. Ich übernachtete auch dort. Danach bin ich als junge Magd nach Buchholz. Da hatte ich schlimmes Heimweh! Wenn wir auf den Feldern an der Straße gearbeitet haben, und ich habe jemanden aus meinem Heimatort dort gesehen, da wäre ich am liebsten hinterher gelaufen. So hatte ich Heimweh. In Buchholz war es damals nicht so schön für mich. Streng... Ich habe das Nötigste zu essen bekommen, bin nicht verwöhnt worden. Na, wie ist es, wenn man von seinen vielen Geschwistern weg muss und lange auf dem Feld arbeiten muss?

BZ: Wann und wo hast du unseren Uropa Anton kennengelernt?
Oh je, den Anton! Nach Buchholz war ich Magd im Hirschenhof in Niederwinden. Da hab ich ihn dann getroffen. Ich muss wohl 22, 23 Jahre alt gewesen sein. Wir waren auf dem Kirchenpatronfest und er lief auf dem Nachhauseweg hinter mir her. Er wollte mit mir gemeinsam nach Hause laufen. Da hab ich ihn halt mitgenommen (lacht). So war das. So hat es angefangen.

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 15. November 2024: PDF-Version herunterladen

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