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Deutsche Einheit

Ich hab’ es satt, dieses ständige Gejammer zu lesen

  • Katrin Pochert (Schopfheim)

  • Fr, 04. Oktober 2024
    Leserbriefe

     

Feier zum Tag der Deutschen Einheit  | Foto: Jens Büttner (dpa)
Feier zum Tag der Deutschen Einheit Foto: Jens Büttner (dpa)
Zu: "Einheitsbericht: Im Osten wenig Neues", Tagesspiegel von Jan Sternberg (Politik, 26. September)

Der Autor des Tagesspiegels am Donnerstag schreibt, dass der Osten wieder als Krisengebiet, als ein anderes Land mit wilden politischen Vorlieben wahrgenommen wird, sei ein typisch westdeutscher Abwehrreflex und als Sichtweise barer Unsinn. Finde ich wiederum reichlich unverschämt und überheblich: wird den Bürgern des Ostens doch zugestanden, ihre ständigen Klagen seien berechtigt; ja, gewissermaßen müssten doch diese armen Benachteiligten quasi zwangsläufig aus purer Verzweiflung in derart hoher Prozentzahl rechten und linken Populisten und Feinden unserer Demokratie ihre Stimme geben!

Das ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht aller Regimekritiker der DDR, die ihr Eintreten für Freiheit furchtbar bezahlen mussten, es würdigt auch das Engagement all der Bürgergruppen herab, die sich "drüben" diesen Umtrieben entgegenstellen !

Aus meiner "Wessi"-Sicht kann ich nur eines sagen: Ich hab’ es so satt, dieses ständige Gejammer zu lesen, der Osten würde nicht wahrgenommen, sei so benachteiligt, habe durch die Transformation nach der Wende so gelitten und so weiter. Als ob es sowas im Westen nie gegeben hätte!

Ende des Bergbaus im Ruhrgebiet: über 140 Zechen geschlossen, 600.000 Arbeitsplätze weg! Niedergang der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, westdeutsche Städte (zum Beispiel Gelsenkirchen etcetera), die nur davon träumen können, so hochpoliert wie Leipzig oder Dresden auszusehen! Ständiges Auf und Ab in der westdeutschen Stahl- und Autoindustrie, jede Menge Rentner im Westen, die auf die Hilfe der Tafel angewiesen sind und mühsam nach Pfandflaschen suchen, die Liste könnte noch sehr viel länger sein.

Und wo droht die AfD einen Ministerpräsidenten zu stellen? Im Osten!

Ja, für mich ist dies ein anderes Land, keine "Brüder und Schwestern" im Osten, eine Mentalität, mit der ich nichts zu tun haben will – es ist mein gutes Recht, lieber nach Italien als nach Sachsen zu fahren! All die Menschen und Bürgerrechtsorganisationen, die sich im Osten für das Erlernen und Bewahren der Demokratie einsetzen, haben mein ehrliches Mitgefühl und ich wünsche ihnen, dass sich auch im Osten vielleicht endlich ein wirkliches Demokratieverständnis einstellt – dann wäre auch irgendwann ein "Wir"-Gefühl möglich. Und: Wer wahr- und ernstgenommen werden will, sollte ein freundliches und aufgeschlossenes Gesicht zeigen und keine hassverzehrten Fratzen und Springerstiefel!
Katrin Pochert, Schopfheim

Ressort: Leserbriefe

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 04. Oktober 2024: PDF-Version herunterladen

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