"Ich glaube auch an Nummer drei"
JUZ-INTERVIEW mit Martin Braun, dem PR-Manager des SC Freiburg, der sich mit der zweiten Bundesliga zufrieden geben muss.
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Nach dem Abstieg in die zweite Bundesliga hat der SC Freiburg bei seinen Fans einigen Kredit verspielt. Doch schon in den Jahren davor zeichneten sich Veränderungen in der Fanstruktur ab. Das "System SC Freiburg" stand immer wieder in der Kritik. Die beiden Juz-Mitarbeiter Sascha Lafon, 19 Jahre, und Simon Stortz, 18 Jahre, haben sich für die Badische Zeitung mit dem Fanbeauftragten und PR-Manager des SC Freiburg, Martin Braun, über die Fan-Verein-Beziehung und die sportliche Zukunft des Vereins unterhalten.
Braun: Nein. Wir haben mit einem geringeren Zuspruch gerechnet , haben jedoch 8000 Dauerkarten verkauft. Das sind weniger als in den vergangenen 14 Jahren, aber in dieser Zeit hat der Verein auch teilweise unglaubliche Erfolge gefeiert. Die Erwartungshaltung ist dadurch sehr gewachsen – wobei wir davon ausgehen, dass wir viele Zuschauer haben werden, wenn die Saison erfolgreich verläuft.
JuZ: Kann man angesichts der geringeren Zahl verkaufter Dauerkarten von einem Vertrauensverlust der Fans in den Verein sprechen? Immerhin wurden 9000 Dauerkarten weniger verkauft.
Braun: Das mit der geringen Zahl sagen Sie. Und auch Vertrauensverlust ist ein gewaltiges Wort. Die Erwartungshaltung einiger Leute ist eine andere geworden. Wir bedanken uns bei den 8000, die wieder eine Dauerkarte geholt haben. Man muss auch bedenken: Da die Zweitligaspieltage auf Freitag, Sonntag und Montag gestückelt sind, wird es für einige Zuschauer schwierig, alle Partien zu besuchen. Für mich ist der Einbruch keine Überraschung. Wir glauben aber, dass wir mehr Einzeltickets verkaufen als in den vergangenen Jahren.
JuZ: Wird es für die jungen Fans spezielle Programme geben?
Braun: Ja, sicherlich. Die Mitglieder des Fanclubs 08/15 (Redaktion: Fanclub für acht- bis 15-jährige SC-Fans) bekamen zum Beispiel zum ersten Saisonspiel freien Eintritt und ein T-Shirt.
JuZ: Hat sich aufgrund der längeren Bundesligazugehörigkeit auch die Fankultur an die anderer Vereine angepasst?
Braun: Viele junge Fans können sich nicht mehr an die Anfangszeit zurückerinnern. Für die gehört erste Bundesliga in Freiburg zur Normalität. Daher lassen sich auch die hohen Ansprüche an den Verein erklären, was aus unserer Sicht sehr schade und nicht gerechtfertigt ist.
JuZ: Ist das Alternative, was den SC Freiburg, zumindest bis zum Golfballwurf auf Kahn, ausgezeichnet hat, in den letzten Jahren verloren gegangen?
Braun: Die Fans, die die erste große Aufstiegszeit mitbekommen haben, sind älter und weniger aktiv geworden und die jüngeren Fans drängen langsam in den Vordergrund. Dies spiegelt sicher auch die Veränderungen in der Gesellschaft wider. Gleichzeitig versuchen wir alles dafür zu tun, dass der SC und seine Fans weiter für Fairness und Toleranz stehen. In anderen Vereinen hatte ich immer wieder Mitspieler, die mir erzählten, wie toll das Freiburger Publikum ist, und dass sie gerne vor dem fairen Freiburger Publikum spielen.
JuZ: Ist der Wiederaufstieg notwendig, um wieder mehr Fans zu locken und die sportliche Existenz zu sichern?
Braun: Ich sage noch einmal: 8000 Fans haben für jedes Spiel gebucht, und das wissen wir sehr wohl zu würdigen. Es gibt Zuschauer, die jetzt sagen, der SC muss unbedingt aufsteigen. Sollte dies nicht gelingen, hätte man alles falsch gemacht. Ich bin aber der Meinung, dass der SC Freiburg dadurch stark war und erst wurde, dass man hier mit Ruhe und außerordentlicher Kontinuität gearbeitet hat. Dies war ein großer Wettbewerbsvorteil, den man auch jetzt nicht hergeben sollte. Was passieren kann, wenn man sich unter Druck setzen lässt und deshalb nicht mehr souverän handelt, hat man schon bei vielen Vereinen gesehen. Als Spieler habe ich das in der Saison 1999/2000 beim KSC erlebt.
JuZ: Ist der direkte Wiederaufstieg nicht auch als Entschädigung notwendig, weil die Zuschauer vergangenes Jahr ins Stadion gegangen sind, aber dort sehr oft sehr schlechte Spiele gesehen haben?
Braun: Die letzte Saison war für alle Beteiligten sehr negativ, daher ist ein gewisses Maß an Frust und Enttäuschung völlig normal und auch legitim. Aber die Situation kann man mit einer Freundschaft vergleichen, in der es auch mal Phasen gibt, in denen es richtig weh tun kann. Die entscheidende Frage ist dann: Findet man einen Weg, um wieder vertrauensvoll miteinander umgehen zu können?
JuZ: Sind in solchen Zeiten dann regionale Identifikationsfiguren für die Fans nötig?
Braun: Man muss sich zuallererst über Leistung empfehlen. Ich denke aber auch, dass wir unter anderem mit Sascha Riether und Dennis Aogo zwei regionale Nachwuchsspieler in unserem Kader haben, die sehr gute Perspektiven haben. Zudem haben mit Dennis Bührer, Julian Reinard und Steffen Wohlfahrt noch drei weitere Spieler den Weg aus der Fußballschule in den Profikader geschafft. Daher glaube ich, dass wir diesbezüglich auf einem guten Weg sind.
JuZ: Sie sagen, es geht nur nach Leistung. Heißt das, dass der SC auch mal in einen "fertigen" Spieler investieren sollte?
Braun: Das größte Problem stellt dabei der kleine Personaletat des SC Freiburgs dar. Man kann nun mal keine "fertigen" Spieler anrufen und ihnen sagen, in Freiburg verdienst du zwar 30 oder mehr Prozent weniger, aber dafür ist das Wetter schöner.
JuZ: Schmerzt es den SC als Förderer der Jugend dann nicht, wenn die A-Junioren nur den 8. Platz wie in der vergangenen Saison erreichen?
Braun: Nein, denn ein 17- oder 18-Jähriger ist selten so weit, dass man sagen kann, jetzt wird schon abgerechnet. Die Ausbildung ist erst im Alter von etwa 23 Jahren beendet. Wenn wir jede Saison einen Nachwuchsspieler nach oben bringen, wäre das gut. Unser Ziel ist, unseren Kader zu einem Drittel mit Spielern aus der Fußballschule zu stellen.
JuZ: Mit diesen jungen Leuten wollen sie dann ...
Braun: ... in guten Jahren in der ersten Bundesliga spielen, und wenn es mal schief gegangen ist, schauen, dass wir möglichst schnell wieder da hinkommen.
JuZ: Schafft der Sport-Club den direkten Wiederaufstieg?
Braun: Der SC Freiburg hat das ja schon zwei Mal geschafft. Und ich glaube auch an Nummer drei.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ