"Ich fand die Story spannend!"
Die Freiburger Puppenbühne bringt Goethes Faust jugendtauglich komprimiert und mit Rammstein und Barbie versehen.
Eva Müller & Holger Koepcke
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Generationen von SchülerInnen lesen, interpretieren und verfluchen Goethes Faust. Einen Versuch, ihnen den verstaubten Klassiker mit einer Puppentheater-Inszenierung näher zu bringen, wagt nun Johannes Minuth. Das Ergebnis zeigt er nicht nur in Schulen, sondern auch auf Freiburger Bühnen: Holzpuppen schließen da als Mephisto und Faust den legendären "teuflischen Pakt."
Und während die Faust-Handpuppe im Miniatur-Studierzimmer verzweifelt umherirrt, kommt eine Etage tiefer der promovierte Germanist und Puppenspieler Johannes Minuth ganz schön ins Schwitzen: Mehreren Puppen zur gleichen Zeit Leben einhauchen (es gibt in dem Klassiker bekanntlich mehrere Figuren), Lichteffekte arrangieren, Bühnenbild wechseln und verschiedene Stimmen imitieren. Das erfordert wahrlich Multitasking-Fähigkeiten. Es war Johannes Minuths Frau Karin, die vor siebzehn Jahren - nach einem Besuch im Puppentheater - Freude am Herstellen der hölzernen Figuren fand. Inspiriert durch ihre Arbeit packte Johannes Minuth die Leidenschaft am Puppenspielen, der er bis heute treu geblieben ist.
Mit Faust hat der Goethe-Fan nun Neuland betreten. Nach 14 Bühnenwerken für Kinder will er jetzt auch Erwachsene für das Puppentheater begeistern: "Wir dürfen uns nicht von der allgemeinen miesen Stimmung anstecken lassen, wir müssen den Kasper in uns leben." Aber warum die Klassiker auf die Puppenbühne bringen? In der kurzlebigen Postmoderne, die für den Einzelnen immer komplexer und undurchschaubarer erscheine, erwache die Sehnsucht nach Ursprünglichem und Einfachem. Das Puppentheater mit seinen klar typisierten Figuren sei hierfür der perfekte Rahmen, so Minuth. Dieser Wunsch nach Einfachheit spiegelt sich auch in dem Happyend á la Hollywood wider. Johannes Minuth lässt seine Performance von Faust 1 mit der romantischen Hochzeit von Gretchen und Faust im Himmel - wie dies eigentlich erst in zweiten Teil vorgesehen ist - enden. Die Simplifizierung zieht sich wie ein roter Faden durch das Stück: Mit Rammstein wird Mephistos Auftritt musikalisch untermalt, der Hund Bello kommt als komische Einlage gerade dann, wenn Goethes Text Dramatik pur vorschreibt und Gretchens Abbild ist die Barbiepuppe - vielleicht soll da Parodistisches anklingen. Zuschauerin Renate Reichenbach stört das keineswegs: "Die Mischung aus Ernst und Spaß ist sehr geglückt."
"Welch' ein himmlisch Bild zeigt sich in diesem Zauberspiegel?" Faust
Die Idee, Faust als Puppentheater aufzuführen, ist nicht neu. Ein Jahrmarkt-Puppenspiel war es, das den jungen Goethe einst zu seinem Werk inspirierte. Für Minuths Puppen-Faust waren drei Jahre Vorbereitung nötig. Johannes Minuth recherchierte nächtelang über die alte Kunst des Puppentheaters, präparierte den Faust für seine Aufführung, kürzte Skripte bis an die Schmerzgrenze des noch Vertretbaren und wagte den Versuch, Modernes mit Klassischem zu verschmelzen.
Und während Faust ausruft "Welch' ein himmlisch Bild zeigt sich in diesem Zauberspiegel?" erscheint daselbst Barbie im XXL-Format, und der Hit "I am a Barbie Girl" beschallt den Saal. Zukünftig sollen diese Klänge in Schulhäusern Lernende für Faust und Puppentheater begeistern. Der Blick hinter die Kulissen und die Einführung in die Technik rund ums Puppentheater ist inbegriffen, das Konzept mithin im schavanschen Sinne interdisziplinär. Dem Fünftklässler Benjamin Hattemer hat es gefallen: "Ich fand die Story spannend!" Ob die Reduktion auf die "nackte" Handlung SchülerInnen den Faust näher bringt? Ausprobieren!
Infos für Lehrer, die die Freiburger Puppenbühne an ihre Schule holen wollen: http://www.freiburger-puppenbuehne.de
Nächste Aufführung: Dienstag, 7. Dezember, 20 Uhr, Gewerbeschule Kirchstraße.
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