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"Ich bin vielleicht ein Hippie 2.0"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Thomas Martini über Veganismus.  

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Karotten statt Fleisch Foto: Oliver Hoffmann (Fotolia.com)

Thomas Martini isst kein Fleisch. Und kein Fisch, keine Eier, keine Milchprodukte. Fragt sich, wie es sich als Verganer lebt. Das und noch viel, viel mehr wollten Hannah Roitsch und Moja Söller, Schülerinnen der 8. Klasse der Integrativen Waldorfschule Emmendingen, von Martini wissen. Martini ist Lehrer an ihrer Schule.

Zischup: Wie sind Sie zum Veganismus gekommen?
Martini: Da kamen zwei Sachen zusammen, ich hatte eine Knieverletzung und hatte dadurch viel Zeit zum Lesen. Und da Bekannte von mir auch vegan leben, haben die mich mit Infomaterial bombardiert. Ich war schockiert, wie viel Einfluss mein Essen auf die Welt hat. Nach der Lektüre habe ich mich dazu entschlossen, etwas zu ändern. Das war vor zweieinhalb Jahren.
Zischup: Ist eine vegane Ernährung überhaupt gesund?
Martini: Man muss sich damit beschäftigen, so dass man sich auch ausgewogen ernährt. Bei anderen Ernährungsformen muss man das aber auch.
Zischup: Sind Sie ein Ökoaktivist?
Martini: In einer gewissen Form schon, da ich versuche die Leute darauf aufmerksam zu machen, dass ihre Ernährung viel Einfluss auf die Welt hat. Zudem versuche ich so oft wie möglich auf Demonstrationen zu gehen, um auch dort aktiv zu sein.
Zischup: Finden Sie ihre Lebensweise als Veganer gut?
Martini: Ich finde das eine sehr interessante Frage, denn ich würde gerne Sachen verändern, manchmal ist der Verzicht auf tierische Produkte schwer. Am Sonntag gibt es zum Beispiel kein Frühstücksei. Mein Traum wäre es, einen kleinen Hof mit Hühnern, Schafen und Bienen zu haben, dessen Produkte wir dann verwenden könnten, ohne die Tiere zu schlachten oder ihnen anderes Leid zuzufügen. Für das Stadtleben ist der konsequente Veganismus die beste Alternative.
Zischup: Ist es schwierig, vegane Lebensmittel zu kaufen?
Martini: Es ist nicht schwer, vegane Produkte zu kaufen, Pflanzenprodukte wie Nüsse, Gemüse und Obst gibt es überall. Aber essen zu gehen im Restaurant ist komplizierter. Die Anzahl veganer Restaurants steigt aber stetig.
Zischup: Ist es schwierig, veganes Essen zu kochen?
Martini: Eigentlich nicht besonders, man muss sich umschauen, es gibt zahlreiche Bücher. Aber manche enthalten Rezepte mit sehr teuren Zutaten. Daher mag ich die Kochbücher von Björn Moschinski so gerne, er kocht mit Zutaten aus der Region und aus der Saison, das sind einfach gute Rezepte für jeden. Beim Muffins-Backen kann man zum Beispiel auch statt Eiern Bananen nehmen, die binden genauso gut.
Zischup: Gibt es vegane Läden?
Martini: Bisher gibt es nur in größeren Städten Deutschlands wie Hamburg und Berlin rein vegane Läden. Man findet aber viele gute vegane Produkte in allen Bioläden, und auch Discounter bieten schon vegane Produkte an.
Zischup: Waren Sie, bevor Sie Veganer wurden, schon Vegetarier, also jemand, der kein Fleisch isst?
Martini: Ich hatte mir das Wissen schnell angelesen, wollte aber nicht direkt auf Fleisch verzichten und habe dann probiert, nur Biofleisch zu essen. Der Metzger hatte allerdings sehr kuriose Öffnungszeiten, die nicht mit meinen Arbeitszeiten harmonierten. Dadurch wurde ich sozusagen zwangsweise Vegetarier. So habe ich aber auch ziemlich schnell gemerkt, dass ich sehr gut ohne Fleisch auskomme.
Zischup: Haben Sie früher gerne Fleisch gegessen?
Martini: Ich habe sehr gerne Fleisch gegessen. Ich habe sicher an fünf von sieben Tagen die Woche Fleisch gegessen, warmes Essen und auch Wurst.
Zischup: Haben Sie als Teenager jemals daran gedacht, Veganer zu werden?
Martini: Veganer nicht, aber ich hatte im Alter von fünfzehn, sechzehn Jahren so eine Phase, in der ich etwa ein Jahr lang Vegetarier war.
Zischup: Gibt es viele Alternativen zu Tierprodukten?
Martini: Ja zahlreiche, bei Milchprodukten zum Beispiel kann man auf Hafer-, Soja-, Reisdrinks ausweichen. Ich bevorzuge Haferdrinks. Bei Eiern fürs Backen kann man Soja- oder Johannesbrotkernmehl benutzen, und wenn man gelegentlich doch mal gerne einen Fleischersatz möchte, empfehle ich Lupinenprodukte oder Seitan. Tofu hat für meinen Geschmack nicht die richtige Konsistenz.
Zischup: Achten Sie auch bei anderen Produkten darauf, was sie kaufen?
Martini: Ich achte darauf, dass meine Sachen fair und vegan sind, dass meine T-Shirts zum Beispiel aus Biobaumwolle sind. Ich kaufe mir auch keine Lederschuhe. Die Sachen, die ich schon besitze und die aus Leder sind, behalte ich natürlich, sie wegzuwerfen wäre Verschwendung.
Zischup: Sind Sie eine Art Hippie?
Martini: Für die heutige Zeit könnte man das schon sagen, ich bin vielleicht ein Hippie 2.0. Vegetarier sind fast schon wieder out. Heute wollen die Leute immer noch einen draufsetzen. Man springt ja längst nicht mehr nur aus dem Flugzeug, sondern klettert erst auf einen Berg und springt dann. Vegan zu leben, ist, so meine Meinung, die konsequente Form vegetarisch zu leben.
Zischup: Wollen Sie nicht irgendwann einen Veganer-Blog schreiben?
Martini: Es gibt schon unheimlich viele Blogs dazu. Aber was ich gerne machen würde, wenn ich später mal Familie habe, wäre, den Menschen zu zeigen, dass es auch geht, mit Kindern vegan zu leben.

Ressort: Schülertexte

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