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Glosse

Hilfe, mein Handy erkennt mich nicht mehr!

Michael Saurer
  • Do, 27. Juni 2024, 19:12 Uhr
    Unterm Strich

     

Unser Smartphone weiß mehr über uns, als wir selbst. Aber manchmal liegt es auch gewaltig daneben – etwa morgens.

BZ-Redakteur Michael Saurer.  | Foto: Andrea Schiffner
BZ-Redakteur Michael Saurer. Foto: Andrea Schiffner
Zunächst einmal ein paar philosophische Grundlagen. Die braucht’s für das Verständnis dieser Glosse und sollen ihr einen intellektuellen Anstrich geben. Sie beginnt nämlich mit Platons Ideenlehre. Die unterscheidet zwischen einer Sache und ihrer Idee. Die Sache kann sich ändern, die Idee aber bleibt stets gleich. Auch wenn ein Dackel anders aussieht als eine Dogge, eint sie die Idee eines Hunds.


Nun könnte man sagen, dass auch jeden Menschen eine Idee umgibt, sozusagen sein geistiges Abbild, an das man denkt, wenn man an ihn denkt. Dumm nur, dass dieses nur vor unserem geistigen Auge existiert und von keiner Kamera aufgenommen werden kann. Das erlebe ich jeden Morgen nach dem Aufstehen.

Kaum aus dem Bett gequält, möchte ich mir einen Überblick über die Nachrichtenlage verschaffen, greife zum Handy – und ärgere mich. Denn regelmäßig erkennt die Gesichtserkennung des Smartphones morgens mein Gesicht nicht. Zu zerknautscht, zu gerädert, nicht gekämmt – es kann viele Ursachen geben.

Klar, mit dem Code lässt es sich entriegeln – aber es zerrt am Selbstbewusstsein, wenn das Handy einem am Morgen zu verstehen gibt, dass man vielleicht nicht der ist, der man vorgibt zu sein. Doch wer ist man dann? Leider können die Algorithmen dieser Welt, etwa die, die in den Smartphones Anwendung finden, die Idee ihres Besitzers nicht speichern. Ebenso wenig kann die Kamera diese ablichten. Es wird also beim morgendlichen Frust bleiben.

Immerhin: Kaum der Dusche entstiegen, funktioniert alles wieder normal. Vielleicht ist das auch ein Trick, mit dem das Smartphone uns zu mehr Körperhygiene anleiten will. Wundern würde es nicht, es zählt ja auch die Schritte und treibt die Benutzer zu mehr Fitness an.

Früher übrigens war alles leichter. Da hatte das Smartphone einen Fingerabdruckscanner. Und ganz egal wie zerknautscht man morgens aussehen mag – der Fingerabdruck bleibt unverändert.

Ressort: Unterm Strich

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 11. Oktober 2023: PDF-Version herunterladen

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