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USA

Held oder Maulheld? Donald Trump im Porträt

Der künftige Präsident der USA baut auf eine lange Karriere als Blender und Bulldozer – und selbst viele seiner Wähler fragen sich: Was will Donald Trump?.  

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„Du bist ein Killer! Du bist ein König!“: Donald Trump bei seinem Auftritt als Wahlsieger samt Familie nachts um drei in einem New Yorker Hotel Foto: AFP
Sie trauen ihren Ohren kaum – die Fans im Saal des New Yorker Hilton-Hotels und die Menschen in der Welt an ihren Bildschirmen. "Wir schulden ihr großen Dank für ihren Dienst an unserem Land", schmeichelt der Mann vorn am Pult und schiebt eine Beteuerung nach: "Ich meine das sehr aufrichtig." Diejenige, bei der Donald Trump, der Triumphator, sich da so ritterlich bedankt, ist seine Widersacherin, die zu dieser Stunde noch abgetauchte Wahlverliererin Hillary Clinton. Es ist die Politikerin, die derselbe Trump vor wenigen Tagen, als er noch Wahlkämpfer war, ins Gefängnis werfen lassen wollte, wegen Korruption. Ist hier ein Politrüpel innerhalb von Stunden zum Staatsmann mutiert?

Offensichtlich. Denn es geht gerade so weiter in der Ansprache. Der 70-Jährige, der als ältester Mann der US-Geschichte neu ins Weiße Haus ziehen wird, steht in dunklem Anzug und leuchtend roter Seidenkrawatte vor Anhängern und der Nation, im Hintergrund ein Meer von US-Fahnen. Umrahmt wird er von seiner Familie, Ehefrau, Tochter, Schwiegersohn und neben ihm Sohn Barron (10), der sichtlich lieber in den Kissen wäre – es ist nachts um drei Uhr Ortszeit.

Er will, gelobt er, ein Präsident für alle Amerikaner sein

Manipulierte Wahlen? Davon kein Wort mehr bei Trump. Stattdessen eine Art Bußpredigt: "Jetzt ist die Zeit, dass Amerika die Wunden der Teilung schließt. Allen Republikanern, Demokraten und Unabhängigen in dieser Nation rufe ich zu: Es ist Zeit für uns, als ein vereintes Volk zusammenzukommen." Er werde, gelobt er, ein Präsident für alle Amerikaner sein. Und bittet diejenigen, die ihn nicht gewählt haben, um Hilfe bei der gegenseitigen Annäherung.

Aber draußen im Land sind viele Menschen noch geschockt: Nicht nur Florida, Ohio und zahlreiche andere Wechselwählerstaaten fallen an Trump. Der republikanische Amateur mit den Grobian-Manieren gewinnt auch dort, wo seit Jahrzehnten demokratisch gewählt wird. Der vermeintlich unausweichlichen Siegerin bleibt der sicher geglaubte Erfolg versagt. Immer weiter ergießt sich das Rot der Konservativen auf die Übersichtskarten der Statistiker. Gegen drei Uhr (Ortszeit), kurz vor seinem Auftritt, hat Trump einige Wahlleute mehr als die 270, die er braucht. Clinton dümpelt unter 220.

Niemand, weder Demoskopen noch Journalisten oder Republikaner, haben das kommen sehen. Aktien-, Devisen- und Rohstoffmärkte brechen zum Teil massiv ein. Einen "Urschrei" nennt David Axelrod das Ergebnis, ein früherer Berater des scheidenden demokratischen Präsidenten Barack Obama. Eine rohe Reaktion ist es auf jeden Fall: Viele Trump-Unterstützer haben schon vor der Wahl eingeräumt, dass ihrem Kandidaten wesentliche Qualifikationen für das Amt fehlen. Er ist der unbeliebteste Bewerber der Umfragegeschichte. Doch seinen Wählern war anderes wichtiger: Sie wollten grundlegend aufräumen – mit der jahrzehntelangen Blockade in Washington, mit dem Filz und der Selbstbereicherung, die sie bei den Eliten vermuten. Mit der Aussichtslosigkeit in manchen Wirtschaftsregionen. Und, ja, mit einer Gesellschaft, die sich wandelt, bunter, toleranter wird – und alte Mehrheitsprivilegien zunehmend hinterfragt.

Es ist eine kurze Ansprache, mit der Trump diese Wahlnacht besiegelt. Den meisten Amerikanern hilft sie in ihrer Ratlosigkeit kaum weiter. Zu groß ist der Gegensatz zu jenem Trump, den sie im Vorwahlkampf kennengelernt, belacht und gefürchtet haben. Ein Kandidat ohne detaillierte politische Vorschläge, mit einem Wahlkampf voller Lügen, Ungenauigkeiten und Widersprüche. Ein Bewerber, der Gerichten und Medien für den Fall seines Sieges Eingriffe in ihre Verfassungsrechte androhte. Der beinahe alle Bevölkerungsgruppen beleidigt, bedroht, nachgeäfft oder schikaniert hat. Ein Mann, der von mehr als einem Dutzend Frauen beschuldigt wurde, sexuell übergriffig zu sein, nachdem er genau darüber auf einem Tonband geprahlt hatte. Ein Versöhner, der eine Mauer bauen wollte, Muslime des Landes verbannen, elf Millionen Menschen deportieren und Kriegsgefangene foltern. Tony Schwartz, Co-Autor der Trump-Autobiografie, hat davor gewarnt, diesem Mann die Atomwaffen-Codes zu überlassen.

Trotzdem steht nun Trump auf dieser Siegerbühne und wirbt um Versöhnung. Und quer durch die Fernsehsender beginnt die Suche nach den Ursachen. Weiße Arbeiter, Trumps verlässlichste Anhänger, stellen immer noch die größte Wählergruppe der USA, und sie gingen weit überdurchschnittlich wählen – viele zum ersten Mal seit Langem. Offenbar hat Trump an eine Resignation gerührt, die andere nicht mehr erreichten. Afroamerikaner dagegen sind für Clinton nicht so häufig abstimmen gegangen wie für Obama. Und Latinos haben zu 30 Prozent für Trump gestimmt – diese Gruppe hatten die Demokraten eigentlich in der Tasche geglaubt.

Zu den erstaunlichsten Einsichten gehört, dass zahllose Menschen, die 2012 noch Obama wählten, sich diesmal für Trump entschieden. Die beiden haben nur eines gemeinsam: ein Versprechen vom "Change", vom Wandel in Washington. Der Grabenkrieg dort lähmt das Land seit Jahrzehnten, nun soll ein Rammbock die Blockade abräumen. Die Chancen dafür stehen nun sogar sehr gut: Im Kongress werden die Republikaner in beiden Kammern die Mehrheit haben. Wenn Präsident und Partei sich auf eine Agenda einigen, können sie viel bewegen. Aber was das ist, müssen sie erst noch definieren: Außer Steuersenkungen scheint bisher wenig in Stein gemeißelt.

Wer ist dieser Mann? Donald Trumps Biografen erzählen wenig Gutes über den designierten 45. Präsidenten. Co-Autor Schwartz bekannte unlängst tiefe Reue, ein "Schwein mit Lippenstift" aufgehübscht zu haben. Eitel, unkontrolliert, gestört – an harten Urteilen über Trump herrscht kein Mangel. "Du bist ein Killer! Du bist ein König!", soll Vater Fred Trump seinen Söhnen geradezu manisch eingeflüstert haben. Beim Zweitjüngsten schlug die Botschaft an: "Donald war das Kind, das bei der Geburtstagsparty mit Kuchen wirft", sagt sein Bruder Robert. Mit 13 schlug der Junge einen Lehrer, an der University of Pennsylvania führte er sich als künftiger "König des New Yorker Immobilienwesens" ein.

Jetzt hat er sich als Versöhner gegeben, doch die Aura der Gewalttätigkeit hat ihn nie ganz verlassen. Schon bei seiner ersten Scheidung im Jahr 1990 stand ein Vergewaltigungsvorwurf im Raum. Und was er ernst meint und was nicht, lässt sich oft nicht sagen: Trump inszeniert große Teile seiner Identität.

Schon vor den Zeiten von Reichtum und Prominenz schmückte er sich mit Chauffeur und Bodyguard. "Ich bediene die Fantasien der Leute", schrieb er einmal. "Ein bisschen Übertreibung schadet nie." Einer seiner Anwälte drückte das 1990 anders aus: "Donald glaubt an die Theorie der großen Lüge: Wenn man etwas wieder und wieder sagt, glauben einem die Leute." Im Wahlkampf war kaum eine Strategie öfter zu erleben als diese.

Bis zum vergangenen Sommer demonstrierte Donald Trump in der Business-Talentshow The Apprentice sein Talent für grobe Schmähungen, dann trug er es in den Präsidentschaftswahlkampf. Mexikaner seien Vergewaltiger, Kriegsgefangene Verlierer, Juden reich und Schwarze gewalttätig, tönte er. Muslime gehören verbannt, Terrorverdächtige gefoltert, ihre Verwandten getötet – mit jedem Aufreger hatte Trump tagelang Sendezeiten für sich. Was er dagegen nicht lieferte, waren Fakten: Bis heute gibt es kein belastbares Wahlprogramm. Als erster Kandidat der modernen US-Geschichte verweigerte Trump bis zum Schluss die Veröffentlichung seiner Steuerunterlagen. Dabei hatte er sie versprochen.

Geboren wurde Donald John Trump 1946 in New York als viertes von fünf Kindern; sein Vater war ein aus der deutschen Pfalz stammender Projektentwickler. Millionendarlehen des Seniors ermöglichten Trump schon zu Unizeiten erste Immobiliengeschäfte. Der Wandel des überschaubaren Familienbetriebs zum Weltkonzern "Trump Organization" geht aber allein auf das Konto des Sohnes. Zu seinen Projekten gehören Filetstücke wie das Grand Hyatt und der Trump Tower in Manhattan. Mit Mitte 30 war Trump der Midas der dortigen Immobilienwelt. Die "Scheidung des Jahrhunderts" von seiner ersten Frau Ivana munitionierte monatelang die Gazetten – der Milliardär hatte das Model mit einer ehemaligen Schönheitskönigin betrogen. Auch von dieser, Marla Maples, trennte sich Trump später wieder. Heute ist er mit dem Model Melania Knauss verheiratet. Der Presbyterianer hat fünf Kinder und sieben Enkel.

Trump engagierte sich im Wrestling-Geschäft; die Organisationen Miss USA und Miss Universe gehörten ihm bis 2015 ganz beziehungsweise zur Hälfte. Er hat sich gebrüstet, die nackten Teilnehmerinnen gern in der Umkleidekabine überrascht zu haben.

Doch die Bilanz des Geschäftsmannes Trump ist nicht makellos: Seine Unternehmen haben insgesamt fünfmal Bankrott angemeldet. Für die ehemalige "Trump University" ist ein Betrugsverfahren anhängig. Die Kampagne des Kandidaten hat den Gesamtwert seiner Geschäfte auf mehr als zehn Milliarden Dollar beziffert, Wirtschaftsexperten tippen auf weniger als die Hälfte. Während seiner Präsidentschaft sollen die drei ältesten Kinder Donald Jr. (38), Ivanka (35) und Eric (32) den Konzern als Blind Trust führen. Kritiker monieren, dass das der Idee einer unabhängigen Treuhandverwaltung Hohn spricht. Die Struktur von Trumps Imperium berge in jedem Fall unzählige potenzielle Interessenkonflikte rund um den Globus.

Und nun? Da verspricht der solchermaßen nicht ganz einwandfreie Geschäftsmann von seinem Siegespodium aus: eine konkurrenzlose Infrastruktur, Millionen von Jobs, doppelt so hohe Wachstumsraten wie heute und die Chance für jeden einzelnen Amerikaner, sein volles Potenzial zu entfalten. Er habe einen großartigen Wirtschaftsplan, wiederholt Trump. "Nichts, was wir uns für unsere Zukunft erträumen, ist außer Reichweite."

Die Weltmärkte haben sich am Mittwoch nach wenigen Stunden größtenteils wieder beruhigt, doch in Kalifornien kam es zu ersten Protestkundgebungen gegen den neuen Präsidenten. Trump hat wieder und wieder versichert, dass er bei Bedarf bedachtsam, diplomatisch und im Interesse aller Amerikaner handeln kann. Nun muss er es dringend beweisen.

Erklär's mir: Muss man sich vor Donald Trump fürchten?

Die Amerikaner haben gewählt: Donald Trump wird im Januar der neue Präsident der USA werden. Seine Gegnerin Hillary Clinton hat die Wahl verloren. Der 70-jährige Trump war früher Geschäftsmann. Nachdem er beschlossen hatte, sich als Präsident zu bewerben, hat Trump im Wahlkampf öfters sehr beleidigende Dinge über Ausländer, Homosexuelle oder auch Behinderte gesagt. Auch wurde ein Video von ihm von früher bekannt, in dem er sich sehr schlecht über Frauen äußert. Viele Leute hatten deshalb Furcht davor, dass er die Wahl gewinnt, nun fürchten sie, dass Trump auch eine aggressive Politik machen könnte und zum Beispiel Schwarze in den USA benachteiligt. In seiner ersten Rede nach dem Wahlsieg hat Trump sich aber versöhnlich gezeigt und gesagt, dass er für alle Amerikaner etwas tun will.

Ressort: Ausland

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