Gerechtigkeit kann man kaufen
Apfel-Mango-Saft vom Kaiserstuhl und den Philippinen: Kunden im Weltladen erleben so manche Überraschung.
JuZ-Mitarbeiterin Antonia Kurz
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Weltladen. Das sind nicht nur fair gehandelter Kaffee und Ökoklamotten. Auch jene witzigen Taschen aus Getränkekartons, die man derzeit an den Schultern trendiger Frauen sieht, gibt es dort zu kaufen. Wer im Weltladen einkauft, unterstützt die Erzeuger der Produkte in Ländern der Dritten Welt - und macht sich selbst eine Freude.
Neben den Produkten aus der Landwirtschaft verleihen Artikel wie Musikinstrumente, afrikanische Figuren aus Holz oder Speckstein, Textilien aus Alpaca-Haar oder Geschirr aus Indien dem Laden einen exotischen Flair. Der Erlös aus dem Warenverkauf deckt die Kosten des Ladens, Gewinne und Spendengelder fließen in die Projekte des gemeinnützigen Vereins Allerwelt-Schachtel, zum Beispiel in Schulprojekte in Lima und Nepal. Erst seit dem Sommer des vergangenen Jahres gibt es den Weltladen in den 50 Quadratmeter großen Räumen in der Urbanstraße 15. Vorher war er mehrmals innerhalb Herderns umgezogen. Einen großen Teil zum Erfolg des Geschäfts haben sicher die rund 35 ehrenamtlichen Mitarbeiter beigetragen: Schülerinnen, Studenten, Hausfrauen, Berufstätige und Rentner. "Ich finde, dass man, wenn man aus dem Berufsleben ausgestiegen ist, eine ehrenamtliche Tätigkeit annehmen sollte und diese hier ist besonders sinnvoll", sagt eine Mitarbeiterin, die seit September dabei ist.
Die Anzahl der bisher ungefähr 800 deutschen Weltläden - von denen 394 im Weltladen-Dachverband sind - und die Anzahl der Kunden wächst. Dabei stecken Idee und deren Umsetzung noch in den Kinderschuhen. Gerade mal 0,7 Prozent Marktanteil macht etwa fair gehandelter Kaffee in Deutschland aus, obwohl Probleme wie Hunger, soziale Ausbeutung und Armut jedem bekannt sind. Ein Grund dafür ist die Subventionierung der Landwirtschaft in den Ländern des Nordens, die Kleinbauern des Südens in einen ruinösen Wettbewerb zwingt, da der Weltmarktpreis durch Überangebot nach unten gedrückt wird.
In dieses System greift der faire Handel ein, jedoch ist dies nur durch die Hilfe der Verbraucher möglich. In "Geiz ist geil"-Zeiten ist es besonders schwer, Menschen dafür zu gewinnen, einen höheren Preis für ein Produkt zu zahlen. Das gilt besonders für Artikel, die man zum täglichen Leben braucht. "Ein fairer Preis für den Produzenten hat nun mal zur Folge, dass dem Kunden weniger Geld in der Tasche bleibt", sagt Daniel Neumann-Haefelin, der im Herdermer Weltladen mitarbeitet. Positiv ist, dass die Weltladen-Kundschaft aus allen Gesellschaftsschichten kommt. Auch junge Leute kaufen hier oft Geschenke wie Schmuck aus Chile oder jene witzigen Saftpacktaschen ein, die Frauen auf den Philippinen herstellen. Durch dieses Recyclingprogramm wirkt man auch dem dortigen Müllproblem entgegen. "Man macht gleich zwei Menschen eine Freude", findet die 17-jährige Friederike Fische: "dem Beschenkten und dem Erzeuger."
Immer wieder startet der Weltladen in Herdern Aktionen wie die Produktion des Apfel-Mango-Saftes: Die Äpfel stammen von Streuobstwiesen am Kaiserstuhl, die Mangos von Kleinbauern auf den Philippinen. So entsteht eine Verbindung zwischen den Bauern im Norden und im Süden, von der beide Seiten profitieren.
Der Kauf fair-gehandelter Produkte ist eine für jeden zugängliche Chance, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten für eine gerechtere und menschenwürdigere Welt einzusetzen. Wem der Preis von 1,20 Euro für eine "saubere" Tafel Schokolade zu hoch erscheint, der möge sich das Prinzip "weniger ist manchmal mehr" durch den Kopf gehen lassen, denn billig macht nicht satt. "Ich hoffe, dass Weltläden einmal überflüssig sein werden, weil faire Handelsbeziehungen herrschen", sagt Daniel Neumann-Haefelin.
Für den Nachschub in den Regalen des Weltladens in Herdern sorgen drei große, deutsche Importfirmen: Die GEPA, Gesellschaft für fairen Handel mit der Dritten Welt, deren Gesellschafter die evangelische und katholische Kirche sind; der "Dritte Welt-Partner" und "El Puente" - alle drei sind Non-Profit-Unternehmen, die im direkten Kontakt zu den Produzenten stehen. Der Weltladen ist Mitglied im Weltladen-Dachverband und somit verpflichtet, nach den Prinzipien des fairen Nord-Süd-Handels wie Fairer Preis, Menschenwürdige Arbeitsbedingungen und Soziale Absicherung zu arbeiten. Der Gewinn und die Spendengelder fließen in gemeinnützige Projekte in der Dritten Welt.
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