Masterstudium
Gender Studies an der Uni Freiburg: Studieren gegen Stereotype
Was lernen und forschen Studierende in einem Master in Gender Studies an der Uni Freiburg? Zwei Student*innen erklären ihr Fach.
Do, 7. Jun 2018, 11:13 Uhr
Uni
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Worum es in ihrem Studium geht, das können Studierende der Gender Studies routiniert erklären. "Die meisten denken, wir studieren irgendwas mit Frauen, aber es geht nicht nur um Frauen", sagt Balthazar Bender. "Es geht um alle Geschlechter und die Beziehungen von Geschlechtern zueinander." Balthazar, 25, hat sich nach einem Studium der Musiktheaterwissenschaft für den Master in Gender Studies entschieden, weil die Denk- und Forschungsstrukturen dort weniger festgefahren sind. Das mag auch Kommilitonin Stella Rutkat. "Gender Studies setzen an den Schnittstellen an", sagt die 26-Jährige. "Es ist ein interdisziplinäres Fach, das sehr viel hinterfragt." Vielfältig zu studieren, ist sie gewohnt: Stella hat einen Bachelor in Liberal Arts and Sciences.
"Das Geschlecht ist eine Selbstverständlichkeit, die in den Gender Studies entselbstverständlicht wird", sagt Stella. Es geht im Studium auch darum, zu überlegen, in wie weit diese scheinbaren Selbstverständlichkeiten zu Diskriminierung beitragen können, etwa wenn Dinge als "typisch weiblich" oder "typisch männlich" betitelt werden.
Gender wird dabei aber nicht isoliert betrachtet, sondern als eine Schublade, in die Menschen andere Menschen stecken – so wie auch Hautfarbe, Behinderung oder Religion eine Schublade sein können. "Ungleichverhältnisse aufgrund dieser Kategorien sind überall zu finden", sagt Marion Mangelsdorf. In den Lehrveranstaltungen werden ebendiese ausgelotet – und zwar fächerübergreifend: "Das ist ein Einblick in die Uni Freiburg, den bekommen viele andere gar nicht", sagt Balthazar. Es gibt beispielsweise zwei Ringvorlesungen, in denen Expert*innen aus verschiedenen Fachrichtungen, aus Geistes-, Sozial-, und Kulturwissenschaften und aus den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), über die Bedeutung von Gender für ihre jeweiligen Fachbereiche dozieren. Stella hat etwa im vergangenen Semester das Seminar "Wie wir lieben und begehren" besucht. "Das war spannend", sagt Stella. "Es ging darum, wie Geschlecht mit der Art, wie wir lieben, verknüpft ist."
So vielfältig wie der Studiengang sind auch die Berufe, die Absolvent*innen danach ergreifen. "Studierende lernen Visionen zu entwickeln und sich klar zu positionieren. Da ist eine Schlüsselkompetenz, die sehr gefragt ist", sagt Marion Mangelsdorf. Typische Jobs finden Absolvent*innen etwa im Personalwesen, in den Medien oder in der Öffentlichkeitsarbeit.
So weit sind Stella und Balthazar noch nicht, erst einmal steht die Masterarbeit an. Stella kann sich vorstellen dafür zum Thema Polyamorie zu forschen, der Liebe nicht zu einem Menschen (Monogamie), sondern zu mehreren. Dafür könnte man zum Beispiel Paare interviewen, die in nicht monogamen Beziehungen leben. Ein wichtiges Thema für Balthazar ist das Leben außerhalb der vorgegebenen Geschlechterrollen: "Was für mich in Frage käme, ist die Frage nach nicht binären Geschlechtern. Ich will darauf hinweisen, dass es nicht nur Männer und Frauen gibt." Balthazar ist nicht-binär und verwendet für sich selbst Es-Pronomen.
Erkenntnisse der Gender Studies sollen die Gesellschaft offener und auf Ungleichverhältnisse aufmerksam machen. Balthazar findet das essentiell: "Das sind Themen, die uns alle betreffen. Es würde uns allen besser gehen, wenn es weniger Geschlechterstereotypen und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gäbe."
Gender, Trans und Intersektio...was? Wir erklären einige Begriffe rund um die Gender Studies.
- Biologisches Geschlecht
Als biologisches Geschlecht (englisch: Sex), wird das Geschlecht bezeichnet, dem unsere Körpermerkmale – also innere und äußere Geschlechtsorgane – entsprechen.
- Soziales Geschlecht
Das soziale Geschlecht (englisch: Gender) beschreibt Geschlechtseigenschaften, die Menschen sich durch Kultur und Erziehung aneignen. Dies können stereotype Dinge sein, wie die Tatsache, dass Frauen häufiger lange Haare tragen als Männer, bis hin zu festen Geschlechterrollen.
- Transgeschlechtlichkeit
Eine Person ist trans, wenn sie sich mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht identifiziert und eine andere Geschlechtsidentität annimmt.
- Intergeschlechtlichkeit
Wenn ein Mensch mit nicht eindeutigen oder sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechtsorganen geboren wird, nennt man das Intersexualität.
- Intersektionalität
Die Grundannahme der Intersektionalitätstheorie ist, dass Benachteiligungen von Menschen wegen unterschiedlicher Eigenschaften nicht isoliert betrachtet werden können: Eine schwarze Frau mit Behinderungen wird möglicherweise anders benachteiligt als ein schwarzer behinderter Mann.
- Nicht-binär
Eine Person, deren Geschlecht nicht in die zweigeteilte – binäre- Geschlechtsordnung männlich/weiblich passt, ist nicht-binär.