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Gemeinsam Baumstämme, Hacke und Sense bewegen

  • Do, 11. September 2003
    Zisch

     

Auch damit haben Jugendliche ihre Sommerferien verbracht: bei Arbeitseinsätzen in Workcamps - wie zum Beispiel in Monistrol.

Im Zug von Mulhouse nach Lyon ist es schon hautnah: das Workcampfeeling. Denn links und rechts des Zuges zieht Frankreich vorbei: Straßencafés, Pétanquespieler, französische Autos. In Lyon heißt's von der Bahn auf einen überfüllten Bus umsteigen und zwei Mitreisende brauchen Hilfe beim Verstauen ihres Gepäcks. Sie geben sich als Teilnehmer eines Workcamps in Monistrol zu erkennen. Und schon bin ich nicht mehr alleine unterwegs.

In Monistrol-sur-Loire, einer Kleinstadt im östlichen Zentralmassiv, ist schon fast die gesamte Truppe versammelt: Anna und Wojtek aus Polen, aus Spanien Patricia und Marta, die Koreaner Kihoon und Jinju, Ulla und ich aus Deutschland sowie aus Frankreich Hédia, Delphine, Thomas und Ulrich mit den beiden Leaders Manuel und Regis. Sie sind von der veranstaltenden Organisation Concordia als Animateure eingesetzt. Mit Fridolin, der neben seinem Gepäck noch sein Fahrrad zu schultern hat, ist die Gruppe komplett.

Untergebracht sind wir im MJC, dem "Maison pour la jeunesse et la culture", also dem Haus für Jugend und Kultur. Die Gemeinde Monistrol stellt nicht nur das Haus zur Verfügung, sondern steuert auch noch Geldmittel zu dem Concordia-Projekt bei. Dennoch: Wer bei diesem Workcamp mitmacht, muss selbst für Anmeldegebühr, Anreise und Taschengeld aufkommen. Für uns, die wir hier sind, war das augenscheinlich kein Hinderungsgrund.

Zur Begrüßung gilt es, die Camp-Sprache herauszufinden. Die ist mehr oder weniger Englisch. Und dennoch muss Manuel, 38 Jahre und organisatorischer Leiter des Camps, alles auch auf Französisch wiederholen - und abwarten bis Jinju das Ganze für Kihoon ins Koreanische übersetzt hat. In der ersten Besprechung wird festgelegt, dass wir an Werktagen sechs Stunden an dem Projekt arbeiten. Für die häuslichen Dienste Kochen, Spülen und Putzen führen wir ein rotierendes System ein. Und unsere ersten Tage sind praktischerweise ein Samstag und ein Sonntag, das heißt: wir erkunden die Freizeitmöglichkeiten. Im örtlichen Schwimmbad haben alle Volontäre über die gesamte Projektzeit freien Eintritt und das MJC bietet auch einiges: Tischtennisplatte, Kicker, Tenniscourt und Sportplatz.

Unsere Arbeit besteht darin, einen verwilderten Weg begehbar zu machen. Dieser Weg ist etwa 600 Meter lang und recht steil und führt zu einem Kletterfelsen. Büsche und Bäume am Wegrand müssen weg, altes Laub und Moos auch. Und wo es besonders abschüssig ist, müssen wir Stufen bauen. Die Anleitungen gibt Regis, 40 Jahre alt, der uns auch in Arbeitsgruppen einteilt. Auch er ist darauf angewiesen, dass seine französischen Vorgaben erst ins Englische und dann weiterübersetzt werden.

Es ist eine Riesengaudi, in Gemeinschaft Baumstämme, Hacke und Sense zu bewegen. Das fördert das Miteinander, nicht immer aber die Arbeitsmoral. Dennoch urteilen die kommunalpolitischen Verantwortlichen am Ende zufrieden: "Überzeugend gemacht!" Und das finden auch die Volontäre. Dennoch gab es im Camp auch Kritik. Zum Beispiel an den Abläufen. "Die Anweisungen lassen keinen Raum, dass man sich selbst einbringen kann", sagt Fridolin. Und mancher hätte das Budget für die Lebensmittel gerne anders eingeteilt: weniger Wein oder mehr Cola?

Es gibt aber so vieles zu erleben, dass das alles nicht nachhaltig nervt. Für die 18-jährige Marta Pintos aus Spanien ist klar: "Das hier ist eine meiner besten Erfahrungen!" Da ist zum Beispiel die Campgemeinschaft, die mit die Kihoon einen klasse Komiker und mit Wojtek einen Philosophen hat. Mal gibt es ein Barbecue, dann die Besichtigung von Le Puy und eine Kanufahrt auf der Loire. Und vor allem: die vielen Begegnungen, die nachhaltige Erinnerungen schaffen. Und die man schon im Zug zurück Revue passieren lässt.

Tobias Schnurr

IBG (Internationale Begegnung in Gemeinschaftdiensten e. V.): [TEL] 0711/ 6490263, www-ibg-workcamps.org

Ressort: Zisch

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