Verkehr
Ganze Region abgehängt? Streit um die Gäubahn vor Gericht
Wütende Bürgermeister, klagende Verbände: Wie es mit der Gäubahn künftig weitergeht, ist seit langem heftig umstritten. Nun landet das Thema vor dem Verwaltungsgericht.
dpa
Fr, 7. Feb 2025, 4:00 Uhr
Baden-Württemberg
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![Die Gäubahn verbindet Stuttgart m...berg und mit der Schweiz. (Archivbild) | Foto: Silas Stein/dpa Die Gäubahn verbindet Stuttgart m...berg und mit der Schweiz. (Archivbild) | Foto: Silas Stein/dpa](https://ais.badische-zeitung.de/piece/18/54/08/c2/408160450-w-640.jpg)
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Stuttgart (dpa/lsw) - Eigentlich sollen sich mit dem Bau von Stuttgart 21 die Fahrzeiten für Bahnfahrer verkürzen, für Reisende aus dem Süden Baden-Württembergs oder aus der Schweiz bedeutet die nahende Fertigstellung des Megaprojektes aber erst einmal zusätzliche Behinderungen. Denn wegen der Bauarbeiten muss die Gäubahn, die Stuttgart mit Zürich verbindet, ab dem Frühjahr 2026 für längere Zeit bereits im Stuttgarter Stadtbezirk Vaihingen enden und Reisende mit dem Ziel Innenstadt dann auf Regionalzüge oder S-Bahnen umsteigen.
Das wollen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Landesnaturschutzverband (LNV) nicht hinnehmen. Sie haben gegen die geplante Kappung der Gäubahn geklagt. Am kommenden Mittwoch (12. Februar ab 10.00 Uhr) verhandelt nun das Verwaltungsgericht Stuttgart über die beiden Klagen.
Aus Sicht der Umwelthilfe verstößt die Kappung gegen den Planfeststellungsbeschluss zu Stuttgart 21. Dieser sieht laut DUH einen "unmittelbaren Ersatz" vor, also eine Alternative zum wegfallenden Gäubahnanschluss zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem Hauptbahnhof, wenn der alte Zulauf stillgelegt wird. Eine Unterbrechung bis zur fertigen Verbindung über den geplanten Pfaffensteigtunnel auf der Gäubahn sei ein Verstoß. "Stuttgart 21 ist als Gesamtkonzept genehmigt", sagte DUH-Anwalt Remo Klinger bei der Einreichung der Klage im Jahr 2023. "Dieses rechtlich genehmigte Konzept kann man nicht einfach über den Haufen werfen."
Gäubahn verbindet Stuttgart und Zürich
Der Landesnaturschutzverband fürchtet auch Auswirkungen auf das Klima und verweist auf eine Berechnung des Fahrgastverbandes Pro Bahn, wonach der zu erwartende Umstieg von Fahrgästen der Gäubahn aufs Auto jährlich 17.000 Tonnen CO2 verursache.
Als Gäubahn wird die Eisenbahnstrecke von Stuttgart über Böblingen, Horb und Singen weiter nach Zürich bezeichnet. Die Deutsche Bahn will sie bis zur Fertigstellung des Pfaffensteigtunnels vom Stuttgarter Hauptbahnhof abhängen und auf dem Regionalbahnhof in Stuttgart-Vaihingen enden lassen. Ursprünglich war eine Kappung von etwa sechs Monaten geplant, nun wird das Provisorium deutlich länger bestehen bleiben.
Grund dafür ist, dass die Bahn die Gäubahn künftig durch den geplanten elf Kilometer langen Tunnel von Böblingen über den Flughafen direkt an die neue Zulaufstrecke zum Tiefbahnhof in Stuttgart bringen will. Er soll nach derzeitigem Zeitplan Ende 2032 in Betrieb gehen - so lange müssen die Fahrgäste in Vaihingen umsteigen.
Bürgermeister sind auf den Barrikaden
Die Bahn begründet die Kappung der Gäubahn mit Bauarbeiten für Stuttgart 21. Um die S-Bahn im Stuttgarter Norden auf eine neue Trasse zu lenken, seien Eingriffe in einen Damm der Gäubahnstrecke notwendig, teilte ein Bahnsprecher mit. "Die Entfernung der Gäubahngleise und der Eingriff in den Damm sind bestandskräftig planfestgestellt."
Mehrere Verbände bezweifeln, dass die Kappung der Bahnstrecke wegen der Bauarbeiten zu Stuttgart 21 überhaupt noch notwendig ist. Der ökologische Verkehrsclub VCD und der Verein zur Förderung des Schienenverkehrs sind der Auffassung, dass die Bahn ihre Baupläne in Stuttgart so geändert hat, dass ein Eingriff in die Gäubahntrasse nicht mehr notwendig sei. Die Bahn will zu diesen Aussagen der Verbände nichts sagen. Man äußere sich nicht zu Fragen, die eine laufende rechtliche Auseinandersetzung beträfen, sagte ein Sprecher.
Lautstarker Protest gegen die Pläne kommt schon länger von einer Reihe von Bürgermeistern, deren Städte entlang der Trasse liegen. Sie fürchten, dass eine ganze Region abgehängt wird. "Eine Kappung der Gäubahn ist für die Reisenden in unseren Städten undenkbar und nicht akzeptabel", warnten zuletzt die Oberbürgermeister von Böblingen, Singen, Tuttlingen, Rottweil, Herrenberg und Horb am Neckar. Man dürfe die Verbindung nicht kappen, solange kein tragfähiges Konzept auf dem Tisch liege. Der Pfaffensteigtunnel könne nur dann als Lösung dienen, wenn dessen Finanzierung auch gesichert sei, mahnen die Bürgermeister.
Für die Verhandlung der beiden Klagen hat das Stuttgarter Verwaltungsgericht zunächst drei Termine am Mittwoch, Donnerstag und Freitag anberaumt. Je nach Verhandlungsverlauf könnte am Ende auch ein Urteil verkündet werden, sagte eine Sprecherin.
© dpa-infocom, dpa:250207-930-367774/1