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Für Züchter, gegen Ferkel

Große Koalition will die betäubungslose Kastration erst 2021 verbieten / Kritik von Tierschützern.  

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In Deutschland werden männliche Ferkel... der Geburt ohne Betäubung kastriert.   | Foto: dpa
In Deutschland werden männliche Ferkel wenige Tage nach der Geburt ohne Betäubung kastriert. Foto: dpa

BERLIN (dpa). Die Große Koalition in Berlin geht auf die Wünsche aus Landwirtschaft und Fleischindustrie ein und will das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration verschieben. Die Koalitionsfraktionen sollen dafür im Bundestag eine Initiative auf den Weg bringen. Ziel ist, die Übergangsfrist bis zum Verbot um zwei Jahre zu verlängern.

Nach jetzigem Stand wird es in Deutschland vom 1. Januar 2019 an verboten sein, Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren. Mit der Verschiebung des Verbots um zwei Jahre sei nun auch in Zukunft Ferkelzucht in Deutschland möglich, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Dienstag in Berlin.

Der Bauernverband hatte auch angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Schweinehalter für eine Verschiebung geworben und darauf verwiesen, dass es keine praktikablen Alternativverfahren gebe. Das Verbot ab 2019 war mit der Reform des Tierschutzgesetzes 2013 beschlossen worden. Tierschützer forderten, es beim geplanten Verbotsdatum zu belassen, um die "Ferkelqual" nicht zu verlängern.

In Deutschland werden Millionen Ferkel wenige Tage nach der Geburt ohne Betäubung kastriert. Das soll verhindern, dass Fleisch von Ebern einen strengen Geruch und Beigeschmack bekommt. Im Bundesrat hatten Initiativen, die bisherige Praxis noch bis Ende 2020 oder sogar Ende 2023 zu ermöglichen, vor knapp zwei Wochen keine Mehrheit gefunden. Aus der Union waren daraufhin Rufe laut geworden, im Bundestag einen weiteren Anlauf für eine Verschiebung des Verbots zu nehmen.

Das Bundesagrarministerium begrüßte eine verlängerte Übergangsfrist. "Ferkelproduktion soll auch künftig in Deutschland möglich bleiben (...). Ohne eine Fristverlängerung würden die Sauenhalter in Deutschland aber Wettbewerbsnachteilen gegenüber ausländischen Wettbewerbern ausgesetzt sein", teilte das Ministerium mit.

Vertreter der Landwirte und der Fleischbranche reagierten erleichtert. "Die geplante Fristverlängerung bedeutet für unsere Mitgliedsunternehmen und die gesamte Fleischwirtschaft in Deutschland, dass die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen EU-Ländern gewahrt bleibt, wenn auch nur vorerst", sagte der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands, Franz-Josef Holzenkamp.

Die Verbraucherschutzminister von Baden-Württemberg und Niedersachsen, Peter Hauk und Barbara Otte-Kinast (beide CDU), begrüßten eine längere Übergangsfrist ebenfalls. Damit werde Zeit gewonnen, an Alternativen zur betäubungslosen Kastration zu arbeiten, sagte Hauk. Otte-Kinast forderte die Branche auf, die Zeit zu nutzen, um tragfähige Lösungen zu entwickeln.

Starke Kritik kam von Tierschützern und den Grünen. "Es ist ein schmutziger Deal. Der minimalste Tierschutz, den Ferkeln eine Betäubung zu gewähren, wird für den CSU-Wahlkampf in Bayern geopfert", sagte der Sprecher für Agrarpolitik der Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff. "Was der Koalitionsausschuss beschlossen hat, ist Verrat an den Ferkeln und Verrat am Staatsziel Tierschutz, und wurde offenbar wie auf einem Basar in die Pokerrunden um Diesel und Zuwanderung eingepreist", kritisierte der Präsident des Deutschen Tierschutzbunds, Thomas Schröder.

Tierärzte und Landwirte bräuchten vor allem dringend Klarheit, mahnte der Präsident des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte, Siegfried Moder. Wird die Ferkelkastration verboten, bleibe allein die Impfung gegen Ebergeruch mit dem Impfstoff Improvac übrig. Dieses Verfahren scheitere derzeit vor allem daran, dass der Lebensmitteleinzelhandel keine klaren und einheitlichen Aussagen zur Abnahme von geimpftem Schweinefleisch treffe. "Die Zeit drängt. Deshalb sind die gemeinsamen Beratungen im Rahmen eines nationalen Improvac-Gipfels aus unserer Sicht dringend erforderlich", so Moder.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 04. Oktober 2018: PDF-Version herunterladen

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