Nicht cool
Für die Leichtathletik-WM wird ein ganzes Stadion klimatisiert – in der Wüste
Inmitten der Klimadebatte veranstaltet der Leichtathletik-Weltverband eine Weltmeisterschaft, bei der man über den Energieverbrauch erst gar nicht nachdenken sollte.
dpa
Di, 24. Sep 2019, 21:09 Uhr
Leichtathletik
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Die Titelkämpfe fallen auch noch mitten in die weltweite Debatte über den Klimawandel. Nicht nur Mihambo findet, "dass Umwelt-Aspekte bei der Vergabe einbezogen werden sollen". Doch dafür ist es längst zu spät. Bereits seit mehr als einem Jahr beschäftigt sich deshalb ein Kompetenzteam von Ärzten beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) mit dem "Hitzemanagement" bei der WM.
Beim DLV ist das ein Langzeitprojekt, auch mit Blick auf die Olympischen Spiele 2020. "In Tokio sind ebenfalls hohe Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit zu erwarten. Daher können wir aus den Erfahrungen Rückschlüsse für Olympia ziehen", sagte Langstrecken-Bundestrainer Thomas Dreißigacker.
Die Hitze in der 800.000-Einwohner-Stadt und bei den Straßenwettbewerben im Marathon und Gehen sind weniger das Problem als das hohe Erkältungsrisiko, wenn sich die Athleten zwischen klimatisierten Hotel- und Stadionräumen, Bussen und den Trainings- und Aufwärmplätzen bewegen. In das Khalifa-Stadion mit dem Sonnendach wird mit aufwendiger Technik kalte Luft geblasen. "Man könnte das Stadion auch weniger heruntertemperieren, dann würde man weniger Energie verbrauchen", sagte Europameisterin Mihambo.
Der ehemalige Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe kann "nicht verstehen, warum es eine Klimaanlage im Stadion gibt". Der 29 Jahre alte Titelgewinner von 2013 sagte im Interview des Tagesspiegel (Dienstag-Ausgabe): "Die Wettkämpfe werden erst von 17.30 Uhr an stattfinden. Dann sind es in Doha um die 32 Grad, da war es in Deutschland bei manchen Wettkämpfen schon deutlich wärmer."
Das medizinische Kompetenzteam um Mannschaftsarzt Andrew Lichtenthal sei auf die Rahmenbedingungen und Risikofaktoren eingestellt, erklärte DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska. "Wir wissen, dass bei hoher Hitze die Kerntemperatur im Körper steigt. Es kann eine hohe Schweißbildung und Natrium-Ausschüttung in hohen Mengen sowie Störungen bis hin in Regelkreise geben."
Der Weltverband (IAAF) plant einen Hitze-Kongress mit Blick auf Tokio und hat eine Studie in Auftrag gegeben. Dabei geht es um eine neue Methode, wie der Zustand des Athleten kontrolliert werden kann – mit einer Art elektronische Hitze-Pille mit Chip, die geschluckt wird. "Es ist eine Kapsel. Die misst die Körperkerntemperatur und zeigt, wie der jeweilige Athlet unter Belastung reagiert", erklärte Gonschinska.
Doha gilt dafür als Testlauf, die IAAF hat die Kapsel den Marathon- und 10 000-Meter-Läufern und Gehern angeboten. "Die erhobenen Daten sollen dabei helfen, die Hitzeschlagprognose und die Effektivität von externen Kühlungsmaßnahmen zu objektivieren", sagte DVL-Cheftrainer Alexander Stolpe. Deutsche Marathonläufer sind in Katar ohnehin nicht am Start, aber die Freiburger Geher Carl Dohmann und Nathaniel Seiler müssen in der Nacht ran (die BZ berichtete).
"Wir haben in Potsdam eine Art Hitze-Woche gemacht und die klimatischen Bedingungen von Doha quasi simuliert, in dem wir einen Raum erhitzt und feuchte Tücher aufgehängt haben. Da haben wir schon festgestellt, wie schwierig es unter solchen Bedingungen ist", sagte Geher-Bundestrainer Ronald Weigel.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ