Illegale Deals
Frühere Oberstaatsanwältin Brorhilker: "Cum-Ex läuft weiter"
Sie war Deutschlands wichtigste Ermittlerin im Cum-Ex-Skandal. Die frühere Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker sagt: Cum-Ex-Geschäfte gibt es immer noch – zulasten der Steuerzahler.
Alexander Sturm & Wolf von Dewitz
Do, 2. Jan 2025, 20:00 Uhr
Wirtschaft
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Die ehemalige Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker ist fest davon überzeugt, dass Steuerbetrug mit illegalen Aktiengeschäften noch immer verbreitet ist in der Finanzwelt. "Cum-Ex läuft weiter – auch lange nach der Gesetzesänderung von 2012", sagte die frühere Oberstaatsanwältin und heutige Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende.
"Die Deals sind definitiv immer noch möglich"
Cum-Ex-Deals, die ihre Hochphase zwischen 2006 und 2011 hatten, gelten als größter Steuerraub in der Geschichte der Bundesrepublik. Dabei inszenierten Banken und andere Investoren ein Verwirrspiel mit Aktien und bekamen von Finanzämtern Steuern erstattet, die sie gar nicht gezahlt hatten. Der Staat büßte geschätzt mindestens zehn Milliarden Euro ein, die Politik reagierte mit einer 2012 greifenden Gesetzänderung. Doch nach Darstellung von Brorhilker ging der Steuerraub danach weiter. Die Wahrscheinlichkeit, dass Cum-Ex-Geschäfte und artverwandte Cum-Cum-Deals noch heute abgeschlossen werden, ist nach ihrer Einschätzung hoch. "Es heißt immer, die Geschäfte seien technisch inzwischen unmöglich, weil die Regelungen geändert wurden", sagte Brorhilker. Aber die Täter hätten Cum-Ex-Deals europaweit vorgenommen und damit auch in Ländern mit anderen Regelungen und Systemen als in Deutschland. "Die Täter müssen die Deals vielleicht etwas anders abwickeln, möglich sind sie aber definitiv immer noch."
Die Strafverfolgung ende faktisch an der deutschen Grenze, sagt Brorhilker
Nach wie vor sei das Risiko für Banken, bei kriminellen Machenschaften entdeckt zu werden, sehr gering, sagte Brorhilker, die von 2013 bis 2024 bei der Kölner Staatsanwaltschaft für Cum-Ex-Fälle zuständig war und die Strafverfolgung wesentlich vorantrieb. Ein Problem bei der Cum-Ex-Aufklärung sei, dass Banken Daten im Ausland horteten, sagte Brorhilker. "Banken und Steuerberater verschieben große Datenmengen in nahezu rechtsfreie Räume in anderen europäischen Staaten, doch die Strafverfolgung endet faktisch an der deutschen Grenze." Die 51-Jährige fordert, dass Banken ihre Daten in Deutschland lagern müssen. "Wenn eine Finanzbehörde bei einem Friseursalon oder einer Imbissbude das Gefühl hat, dass geschummelt wird, dann kann sie überprüfen, ob das Kassensystem manipuliert ist – bei Banken ist das hingegen nicht möglich, deren technische Systeme sind so gesichert, dass kein Staat ohne Mithilfe der Bank an die Daten kommt."
Brorhilker war die wichtigste Cum-Ex-Ermittlerin in Deutschland. Im April 2024 verkündete sie den Ausstieg aus dem Staatsdienst – verbunden mit Kritik am Umgang mit schwerer Wirtschaftskriminalität.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
die Kommentarfunktion ist aktuell geschlossen, es können keine neuen Kommentare veröffentlicht werden.
Öffnungszeiten der Kommentarfunktion:
Montag bis Sonntag 6:00 Uhr - 00:00 Uhr