Elegant auf einem Rad
Der US-Austauschstudent Scott Wilton ist Weltmeister im Einradfahren – und erregt mit seinem 36-Zoll-Rad in Freiburg Aufsehen.
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Selbst im fahrradaffinen Freiburg ist Scott Wilton ein Exot - denn er fährt Einrad. Seit zehn Jahren ist Scott auf einem Rad unterwegs – und mehrfacher Weltmeister in dem ungewöhnlichen Sport. Mit seinem Einrad fährt er sogar den Schauinsland herunter.
Der 21-jährige Amerikaner ist seit März für ein Semester als Austauschstudent in Freiburg. An die Reaktionen seiner Mitmenschen hat er sich bereits gewöhnt: "Am Anfang war es nervig, dass ich andauernd die Blicke auf mich gezogen habe. Der Zirkusvergleich ist supertypisch. Ich probiere aber zu zeigen, dass Einradfahren ein Sport ist. Man braucht viel Kraft und Skills."
Learning-by-Doing
Das Fahren im freien Gelände zählt zu Scotts Lieblings-Einrad-Disziplinen. "Man muss einfach die Strecke genau anschauen und jeden einzelnen Stein beachten. Das macht mir Spaß. Ich mag es, in der Natur zu sein."
Zu Hause in den Vereinigten Staaten hat Scott noch mehr Einräder. "Da ich schon fast jede existierende Disziplin ausprobiert habe, sind es echt viele", sagt er. "Ich leihe die Räder aber auch gerne anderen Leuten aus. Geschätzt sind es wahrscheinlich an die zehn Stück."
Das allererste Einrad bekam Scott mit zehn Jahren gemeinsam mit seiner Schwester von seiner Mutter zu Weihnachten geschenkt. "Wahrscheinlich, weil ich schon immer ein Kind mit zu viel Energie war", sagt er lachend. Daraufhin probierte Scott ab und zu das Rad aus, setzte sich aber nie wirklich ernsthaft mit dem Sport auseinander. Erst ein Jahr später, als auch ein Freund ein Einrad bekam, begann Scott, regelmäßig damit zu fahren. Schon drei Jahre später, mit 14, nahm er das erste Mal an einem Wettkampf teil.
Bei diesem einen Wettkampf ist es nicht geblieben. Mittlerweile gehört Scott zur Spitze des Einradsports. Gleich drei Weltmeistertitel in zwei verschiedenen Kategorien hat er sich bereits geschnappt: Bei der WM 2010 in Neuseeland belegte er im Zehn-Kilometer-Rennen den ersten Platz. Bei der darauffolgenden Weltmeisterschaft 2012 in Österreich gelang es ihm, diesen Titel zu verteidigen. Außerdem holte er den WM-Titel im Marathon und wurde im 100-Kilometer-Rennen und beim Geländerennen "Cross Country" Vizeweltmeister. Im April siegte Scott auch beim Einrad-Marathon in Düsseldorf.
Hinter Scotts Siegen steckt – wie bei jedem Leistungssport – harte Arbeit und viel Training. "Gerade für die Langstrecken ist es wichtig, die Ausdauer und die Technik zu trainieren", sagt er. Das Techniktraining ist meistens klassisches Learning-by-Doing. "Fast alles beim Einradfahren läuft nach diesem Prinzip", sagt Scott. "Es gibt zwar auch bestimmte Tipps, aber das meiste kommt einfach nur durch üben."
Scott ist nicht der Einzige in seiner Familie, der Erfolg im Einrad-Sport hat: Seine jüngere Schwester hat ein Jahr nach ihrem Bruder das Fahren auf dem ungewöhnlichen Gefährt gelernt. "Sie fährt sehr gut und erfolgreich, macht aber lieber Freestyle", sagt Scott. "Zur Zeit organisiert sie gerade die nationale Meisterschaft in den USA."
Aber auch die Eltern haben sich mit dem Lieblingsfortbewegungsmittel ihrer Kinder auseinandergesetzt. Der Vater hat vor fünf Jahren gelernt, Einrad zu fahren, fährt heute jeden Tag damit zur Arbeit und geht manchmal auch bei Rennen an den Start. "Meine Mutter kann fast fahren", sagt Scott lachend. "Sie hat einfach nicht so viel Zeit zum Üben. Aber mit einem Finger am Sattel bekommt sie es hin." Für die Wiltons ist der Sport eine Familien-Angelegenheit. "Wir gehen oft zusammen zu den Wettkämpfen und den Events", sagt Scott. "Da sind wir aber nicht die Einzigen, das ist oft so in Amerika."
Scott selbst gebaut
Scott hat daheim in Minneapolis auch schon in einem Einradladen gearbeitet. "Als Bezahlung habe ich mir allerdings immer Teile für mein Einrad ausgesucht." Aus denen baute er sich das extra-große 36-Zoll-Einrad zusammen – ziemlich nah dran an Scotts Bild eines idealen Einrads. "Aber ein paar Sachen könnte man vielleicht doch noch auswechseln."
In diesen Tagen sind Scott und sein Einrad wieder gemeinsam im Einsatz – bei der Weltmeisterschaft im kanadischen Montréal. Dieses Mal geht Scott nicht nur mit dem Ziel der Titelverteidigung an den Start. Als "Road Racing Director" war er bereits im vergangenen Oktober vor Ort, um mit seiner Erfahrung den Organisatoren bei der Entscheidung für die Rennstrecke zu helfen.