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Einer zog aus, lesen zu lernen

Karin Gündischs Roman "Cosmin" klärt auf über die Roma.  

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Für viele Kinder hat die Idee, nicht in die Schule zu müssen, viel Charme – kein lärmender Wecker zu nachtschlafender Zeit, kein alltagsferner Lehrstoff, keine Hausaufgaben, keine Klassenarbeiten, keine Noten, die es den Eltern zu beichten gilt. Auch Cosmin, der Junge, der Karin Gündischs neues Jugendbuch den Titel gab, findet es höchst überflüssig, sich im vorgerückten Alter von zwölf Jahren noch in die Schulbank zu zwängen. Schließlich hat er das erste Dutzend seiner Lebensjahre auch ohne Lehranstalt ganz gut gemeistert und kann das Wesentliche, was er im Alltag braucht – meint er jedenfalls. Bis er den nicht gerade idyllischen, aber vertrauten Rahmen seines rumänischen Dorfes und seiner Roma-Sippe verlässt und sich in der großen Stadt Bukarest wiederfindet. Hier merkt er rasch, dass es bitter nötig wäre, besser lesen und schreiben zu können. Auf dem Rückweg ins Heimatdorf findet er schließlich sein Ziel, für das es sich lohnt, die schulischen Zwänge auf sich zu nehmen und einen Abschluss zu machen: Cosmin will Fernfahrer werden.

Karin Gündisch, die aus Siebenbürgen stammt und als Kinderbuchautorin heute in Bad Krozingen lebt, kennt das Dorf Priscan, in dem die Geschichte "von einem, der auszog, das Leben zu lernen" spielt. Sie kennt die Schule und die Lehrerin, die sich mit eigenwilligen Methoden darum bemüht, die Kinder regelmäßig unterrichten zu können – im Buch bietet sie der Mutter dafür, dass sie Cosmin und seine Geschwister regelmäßig schickt und damit für Stunden auf deren Arbeitskraft verzichtet, Strom für das Fernsehgerät an. Aus eigener Erfahrung kennt sie, weil ihre Großmutter damit drohte, auch die schrillen Bilder, die man von den "Zigeunern" zeichnete und oft noch heute zeichnet – nicht nur in Rumänien.

Dagegen schreibt sie an. Nicht, indem sie diese Welt schönredet oder gar eine verlogene Zigeunerromantik verbreitet, sondern indem sie in fast spröden Sätzen das raue und karge Leben schildert. Indem sie sagt, wie früh die Kinder erwachsen werden müssen, wie allein eine Frau oft mit der Bewältigung des Alltags in Armut und wie unantastbar die Autorität der Männer ist. Diese Roma betteln und sie stehlen, weil sie arm sind. Nur wer die Schule besucht, hat die Option auf ein anderes Leben.

Gündischs Buch ist alles andere als geschwätzig. Cosmins Welt ist mit einfachen Strichen gezeichnet, zu kolorieren hat sie der Leser selbst. Weil die Autorin diese Welt kennt, auf Sozialromantik verzichtet und nichts schönredet, wirkt die Geschichte überaus glaubwürdig. Vor- und Nachwort ergänzen den Band und unterstreichen das Anliegen: Karin Gündisch will aufklären über die Welt der Roma. Und sie wirbt für ein Ziel, das nicht nur dieses Volk noch lange nicht erreicht hat: Schulbildung für alle. Nur dadurch, sagt die Autorin, "wird ihr Leben besser".
– Karin Gündisch: Cosmin. Von einem, der auszog, das Leben zu lernen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 190 Seiten, 7,50 Euro. Ab 12.

Ressort: Zisch

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