Landgericht Nürnberg
Youtuber "Drachenlord": Ein Täter, der zugleich ein Opfer ist
Es ging um gefährliche Körperverletzung und Beleidigung: Der 32-jährige Youtuber "Drachenlord" wird am Landgericht Nürnberg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
dpa
Do, 24. Mär 2022, 10:33 Uhr
Panorama
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Auf Handy-Videos sind Männer zu sehen, die sich aggressiv beschimpfen, dann schlägt einer der Männer zu. Szenen wie diese gehören zum Polizei-Alltag. Doch ungewöhnlich an diesen Videos ist, dass auf einer Seite immer ein stark übergewichtiger, großer Mann steht, auf der anderen Seite mehrere junge Männer – und diese provozieren den anderen, bis er austickt. Der Mann ist der Youtuber "Drachenlord". Die am Mittwoch im Landgericht in Nürnberg gezeigten Videos zeigen jedoch nicht nur seine Angriffe. Auf ihnen ist auch zu hören, wie die Provokateure triumphierend rufen, dass sie den Youtuber nun anzeigen und in den Knast bringen könnten.
Denn zu dem Zeitpunkt ist dieser schon zu einer Bewährungsstrafe wegen einer Pfefferspray-Attacke verurteilt – und wer in der Bewährungszeit weitere Straftaten begeht, muss in der Regel mit Gefängnis rechnen. Das scheinen die jungen Männer in den Videos zu wissen. Im vergangenen Oktober hatte ihn das Amtsgericht in Neustadt an der Aisch wegen dieser Fälle und anderer Straftaten aus den Jahren 2019 bis 2021 zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Dagegen hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung Berufung eingelegt.
In hellgrauen Kapuzenpulli, Jogginghose und Schlappen kommt der "Drachenlord" zur Berufungsverhandlung in den Gerichtssaal. Sein Gesicht verbirgt er nicht wie sonst oft im Gericht üblich hinter einer Aktenmappe. Dieses kennen schließlich Tausende aus dem Internet – nicht nur wegen seines Youtube-Kanals, sondern auch wegen der vielen Filme, die sich über ihn, sein Aussehen und seinen Dialekt lustig machen. Diese Menschen folgen ihm, weil sie ihn verachten. Sie sind quasi Anti-Fans, sogenannte Hater.
Und sie begnügen sich nicht damit, ihn nur im Internet zu beschimpfen. Vor einigen Jahren nannte der Youtuber in einem Video seine Adresse. Seitdem tauchten die Hater regelmäßig vor seinem Haus auf, um Selfies zu machen, ihn zu beschimpfen oder am Zaun zu randalieren. "Mobbing-Wallfahrten" nennt der Kölner Internetanwalt Christian Solmecke dieses Phänomen. Aber auch der Youtuber befeuert den Streit, in dem er in Videos immer wieder auf die Hater eingeht.
Im Prozess gibt der 32-Jährige zu, dass er unter anderem einen der Schaulustigen mit einem Stein beworfen, einen anderen mit einer Taschenlampe geschlagen und einen weiteren in den Schwitzkasten genommen habe – aus lauter Wut, sagt er. An alle Details könne er sich nicht mehr erinnern. "Es sind so viele Fälle über die Zeit, dass sie verschwimmen. Manche Personen kommen auch öfter."
Immer wieder musste die Polizei wegen Ruhestörung, Hausfriedensbruchs und anderer Anzeigen in den vergangenen Jahren in das normalerweise beschauliche Dorf Altschauerberg ausrücken, wie ein Beamter der zuständigen Polizeiinspektion vor Gericht berichtet. Mittlerweile ist der Youtuber weggezogen, sein Haus ist abgerissen. Seitdem reist er mit seinem Auto umher und postet Videos von unterwegs – und auch jetzt kommentieren die Hater jeden seiner Schritte.
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