"Ein Schulranzen aus Pappe"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Karin Glaser über die Nachkriegszeit.  

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Karin Glaser an ihrem ersten Schultag....an sich nach dem Krieg nicht leisten.   | Foto: privat
Karin Glaser an ihrem ersten Schultag. Eine Schultüte konnte man sich nach dem Krieg nicht leisten. Foto: privat

Die Großmutter von Zischup-Autorin Helena Fleischmann wurde 1942 geboren. Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, war Karin Glaser, so der Name der Großmutter, also drei Jahre alt. Helena Fleischmann, Schülerin der Klasse 8b der Klosterschulen in Offenburg, hat sie für Zischup interviewt. Sie wollte von ihr wissen, wie es sich damals gelebt hat.

Viele junge Menschen fragen sich, wie Kinder und Jugendliche in der Nachkriegszeit lebten. Das Alter spielte dabei eine sehr große Rolle: Es machte einen großen Unterschied, ob die Kinder Säuglinge, Kleinkinder, Schüler oder Jugendliche sind. Ebenfalls ist entscheidend, wo und wie die Kinder und Jugendlichen lebten: Lebten sie in einer zerstörten Stadt oder in einer unzerstörten Stadt, auf dem Land oder auf der Straße, in einem Haus oder in einer Wohnung, mit einer Familie oder bei fremden Leuten, allein als Einheimischer oder als Flüchtling in einer fremden Umgebung. Was alle Menschen, egal ob jung oder alt, gemeinsam hatten, ist die Erfahrung, einen geliebten Menschen zu verlieren, Hunger oder kein Dach über dem Kopf zu haben. Auch Kleider, Schuhe, Spielzeug oder Schulmaterialien waren Mangelware.

Zischup: Wann bist du in die Schule gekommen?
Glaser: Ich bin 1948 mit sieben Jahren in die Schule gekommen.
Zischup: Hattest du damals eine Schultüte?
Glaser: Nein, zur damaligen Zeit konnte man sich noch keine Schultüte leisten.
Zischup: Wie sah dein Schulranzen aus?
Glaser: Ich habe den Schulranzen von meiner älteren Schwester Erika benutzt. Er war aus Pappe.
Zischup: Wie groß war deine Schule?
Glaser: Es waren mehrere Klassen. Jungs und Mädchen waren anfangs getrennt, erst ab der sechsten Klasse kamen sie zusammen.
Zischup: Was hat der Lehrer damals gemacht, wenn die Kinder während des Unterrichts nicht aufgepasst haben?
Glaser: Die Kinder wurden mit einem Stock geschlagen oder haben eine Ohrfeige bekommen. Meistens waren nur die Jungs betroffen, die Mädchen waren immer ganz artig und brav (Oma grinst).
Zischup: Wie bist du damals zur Schule gekommen?
Glaser: Nur zu Fuß. Das war auch ein ganzes Stück, so etwa 20 bis 30 Minuten. Das Gute war, man musste nie alleine laufen. Unterwegs kamen immer mehr Kinder dazu und schlossen sich unserer Gruppe an. Damals hatten wir keine Fahrräder und auch kein Auto, mit dem wir in die Schule gekommen sind.
Zischup: Worauf habt ihr geschrieben?
Glaser: Auf einer Schiefertafel mit Griffel.
Zischup: Gab es früher Sportvereine und wenn ja, warst du in einem?
Glaser: Es gab Turnvereine, aber leider hatte ich keinen besucht. Einmal in der Woche hatten wir Mädchen Turnunterricht in einer Baracke. Die Baracke war nicht in meiner Schule, sondern ungefähr zehn Minuten zu Fuß entfernt.
Zischup: Hast du viel im Haushalt mithelfen müssen?
Glaser: Abwechselnd mit meiner Schwester Erika musste ich jeden Tag Geschirr spülen oder abtrocknen. Als ich dann älter war, musste ich auch einkaufen gehen. Dass ich meiner Mutter beim Kochen geholfen habe? Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.
Zischup: Waren deine Eltern sehr streng?
Glaser: Meine Eltern waren nicht gerade streng, aber es gab Regeln, an die ich mich halten musste.
Zischup: Was hast du nach der Schule gemacht?
Glaser: Ich bin oft zu meiner Freundin Monika gegangen, die fast neben mir wohnte. Wir spielten in ihrem großen Garten. Heute stehen auf dem Gelände sechs Wohnhäuser.
Zischup: Hattet ihr früher ein Haus?
Glaser: Unser Haus wurde im Krieg zerstört, so dass wir es nicht mehr bewohnen konnten. Wir sind ein paar Mal umgezogen, nach Sasbachwalden, Ottenhöfen, Achern, das war beim Arbeitsplatz meines Vaters. Wir blieben dort, bis das Haus wieder aufgebaut war.
Zischup: Hattet ihr früher viel Geld?
Glaser: Zur damaligen Zeit hatte man wenig Geld. Man konnte sich kaum Kleider oder Spielsachen kaufen, ist nie ihn Urlaub gefahren. Man hatte Tiere, damit man was zu essen hatte. Sie waren auch leicht zu halten, also man brauchte nicht unbedingt viel Platz.
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