Ein Schaumbad in der Melancholie
Das Album "Late Night Feelings" des in den USA lebenden Musikproduzenten und DJ Mark Ronson ist voller trauriger Liebeslieder.
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Vielleicht ist er nur müde vom langen Flug, von der Modenschau in Mailand, der er zuvor beiwohnte, von diesem anstrengenden DJ-, Produzenten- und Jetsetterleben als solchem, jedenfalls: Wenn man Mark Ronson, diesem mit 43 Jahren immer noch schönen, vollschwarzhaarigen und im Gesicht filigran geschnitten Mann eines abnimmt, dann: Ein Album voll mit traurigen, tieftraurigen und todtraurigen Liebeskummerliedern, von dem er behauptet, es sei sein bisher persönlichstes und bestes. Ein Album also wie "Late Night Feelings".
"Ich hoffe, es zieht dich nicht zu sehr runter", sagt Ronson und macht einen Laut, den man als selbstsarkastisches, kurzes Auflachen beschreiben könnte. Grund für Mark Ronsons Schaumbad in der Melancholie ist vor allem: seine Scheidung von Josephine de La Baume, Schauspielerin und Model von Beruf, nach sechs Jahren Ehe. "Ich habe das nicht richtig kommen sehen", blickt Mark auf die Trennung Anfang 2017 zurück, für die er sich die Hauptverantwortung gibt (zu viel an die Arbeit gedacht, zu sehr die Zweisamkeit vernachlässigt, man kennt das). "Eigentlich arbeitete ich an einem ganz anderen Album, aber als sich unsere Ehe aufgelöst hatte, kamen nur noch diese traurigen, desillusionierten Songs dabei heraus, sobald ich mich ans Klavier setzte oder die Gitarre nahm." Nicht, dass die Musik selbst einen niederschlägt. "Late Night Feelings" ist bei weitem nicht frei von Upbeatstücken, man kann absolut dazu tanzen. Auch sind die neuen Songs die modernsten, will sagen: un-retrohaftesten, die Ronson wohl je aufgenommen hat, was auch mit der Kollaboration mit dem Produzenten Diplo – gemeinsam nennen sie sich Silk City – zusammenhängt. "Ich wollte mich einem zeitgemäßeren Sound nicht verschließen. Meine Musik ist halt beeinflusst von den 23 Jahren, die ich schon in Nachtclubs auflege", so der in London geborene, in New York großgewordene und seit drei Jahren wegen der Arbeit, unter anderem mit der Rockband Queens Of The Stone Age, in Los Angeles lebende und sich mit dem dort dominierenden Gesundheitskult mit "Grünkohl sowie gesunden Säften" allmählich anfreundende Ronson.
Aber die Texte wie der von "Spinning", der von "Don’t Leave Me Lonely" oder auch jener der vorab schon erfolgreichen country-nahen Single "Nothing Breaks Like A Heart", gesungen von Miley Cyrus, offenbaren tiefe Verzweiflung, Einsamkeit und Unsicherheit. Dabei ist es nicht Marks Stimme, die man hört, sondern unter anderem jene von Yebba, Lykke Li oder Alicia Keys. "Ich habe mir Sängerinnen ausgesucht, die meine Emotionen verstehen und umsetzen konnten." Dass ausnahmslos Frauen auf "Late Night Feelings" singen, ist freilich ein weiterer Zufall. "Weibliche Künstlerinnen haben in meinem Leben traditionell eine hohe Präsenz."
Die erschöpften Augen wandern ein wenig umher, ohne irgendwo, auch nicht im Gesicht des Gesprächspartners, wirklich Halt zu finden. Nun erzählt Mark Ronson ausführlich, wie sehr er sich immer wegen allem sorge und nie richtig glücklich sei, zumindest nicht dauerhaft. Nach dem Monstererfolg mit "Uptown Funk" mit Bruno Mars? Dem Grammy für "Shallow"? "Habe ich vielleicht mal eine Nacht Champagner getrunken und gefeiert. Am nächsten Tag war die Realität wieder da." Vielleicht sei seine Musik deshalb so gut, weil er immer so viel hadere und grüble, dennoch hat sich Mark seit einiger Zeit einem Hobby zur Lebenslagenaufhellung verschrieben. Eigentlich zwei. Er meditiert fast jeden Morgen für mindestens 20 Minuten. "Und ich habe zwei mittelgroße und wirklich von Natur aus ulkige Hunde adoptiert." Auch eine Freundin hat er wieder, und wer weiß, vielleicht ist auf das auf dem Albumcover abgebildete Discokugelherz ja nicht mehr zerbrochen, sondern bis nur nächsten Platte wieder verheilt. "Ich habe keine Ahnung", sagt Mark Ronson, "aber mir gefällt der Gedanke."