Zeitung in der Schule
Ein Rechtsanwalt im Interview: "Morde sind glücklicherweise selten"
Der Offenburger Rechtsanwalt Sven Haas erzählt von seinem Beruf, seinen spannendsten Fällen und wozu man bei Gericht eine schwarze Robe braucht.
Karla Sonntag, Klasse 4, Grundschule Kuhbach (Lahr)
Sa, 5. Nov 2022, 5:31 Uhr
Zisch-Texte
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Zisch: Anwälte haben eine Schweigepflicht wie Ärzte. Wie viel oder was darfst du mir denn dann heute erzählen?
Haas: Darüber darf ich nicht sprechen. Spaß beiseite: So lange meine Mandanten, so nennt man die Menschen, die Rat oder Hilfe beim Anwalt suchen, nicht erkannt werden können, darf ich grundsätzlich alles erzählen. Meistens genügt es, wenn man den Namen und die Adresse nicht nennt. Falls ein Fall aber in der Öffentlichkeit sehr genau bekannt ist, dürfte ich gar nichts erzählen, weil sonst jeder wüsste, über wen ich spreche.
Zisch: Wie sieht dein Alltag aus? Was macht eine Rechtsanwältin, ein Rechtsanwalt eigentlich?
Haas: Rechtsanwälte befassen sich mit der Frage, wie sie ihren Mandantinnen und Mandanten am besten helfen können. Der Tagesablauf ist immer unterschiedlich. Manchmal bin ich bei Gericht, oft auch in meiner Kanzlei, also in meinem Büro. Wenn ich in der Kanzlei bin, habe ich meistens Besprechungen mit Mandanten oder verfasse Schreiben an Gerichte, die Staatsanwaltschaft oder andere Anwälte.
Zisch: Sind alle Menschen, die du vertrittst, Verbrecher, oder gibt es auch welche, die unschuldig angeklagt sind?
Haas: Ich bin nicht nur im Strafrecht tätig. Daher haben nicht alle meine Mandate mit Strafrecht zu tun. Im Strafrecht kommt es leider auch vor, dass Unschuldige zu Unrecht angeklagt werden. Nicht alle Straftaten sind gleich Verbrechen. Ein Verbrechen hat eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis. Viele Straftaten sind aber nur sogenannte Vergehen, bei denen auch eine Geldstrafe möglich ist.
Zisch: Was ist das Schlimmste, was je ein Mandant von dir getan hat? Hast du schon mal einen Mörder vertreten?
Haas: Morde sind glücklicherweise sehr selten. Einen Mörder habe ich daher noch nicht vertreten. Jede Straftat ist schlimm. Es ist schwer zu sagen, was das Schlimmste war. Zu den schlimmsten Taten, die ein Mandant begangen hatte, gehört aber sicher eine Vergewaltigung.
Zisch: Wie fühlst du dich, wenn du deine Mandantinnen und Mandanten im Gefängnis besuchst? Hast du dann auch ein wenig Angst?
Haas: Heute besuchen wir unsere Mandanten nur noch selten im Gefängnis. Seit Corona werden wesentlich öfter Videotelefonate geführt. Im Gefängnis hatte ich nie Angst. Da ich auf der Seite der Mandanten bin, haben diese keinen Grund, mir etwas anzutun. Im Notfall gebe es aber die Wachtmeister, welche mir helfen würden.
Zisch: Bei einer Gerichtsverhandlung hast du eine schwarze Robe an. Warum? Und was passiert, wenn du sie mal zu Hause vergisst?
Haas: Die schwarze Robe ist gesetzlich vorgeschrieben. Zum einen soll man die Anwälte von ihren Mandanten unterscheiden können. Zum anderen tragen auch Richter und Staatsanwälte schwarze Roben. Sie sind ein Zeichen dafür, dass alle anwesenden Juristen, trotz unterschiedlicher Aufgaben, auf derselben Stufe stehen. Falls ich die Robe vergesse, hängt es vom Richter ab. Er könnte sich weigern, zu verhandeln, so lange ich keine Robe habe, ich könnte ohne Robe verhandeln oder man würde mir eine Robe vom Gericht leihen.
Zisch: Wie lange dauert eine Gerichtsverhandlung?
Haas: Das ist unterschiedlich. Manche Verhandlungen sind sehr kurz, zum Beispiel wenn der Angeklagte nicht erscheint. Dann kann es nur ein paar Minuten dauern. Andere Verhandlungen dauern mehrere Tage. Meine längste Verhandlung ging 19 Verhandlungstage.
Zisch: Hast du nach einer Verhandlung noch Kontakt mit den Leuten? Lernen sie aus ihren Fehlern oder begehen sie weitere Vergehen oder Verbrechen?
Haas: Mit manchen Mandanten habe ich noch Kontakt, mit manchen nicht. Manche lernen aus ihren Fehlern, andere leider nicht.