Zischup-Schreibwettbewerb Frühjahr 2014
Ein Kampf um ihre kleine Welt
Amelie Prieschel beschreibt in ihrem Beitrag die Welt der brasilianischen Suruí-Indianer und ihren Kampf um den Erhalt ihrer Kultur.
Amelie Prieschel, Klasse 9a & Kreisgymnasium Bad Krozingen
Mi, 14. Mai 2014, 10:50 Uhr
Schreibwettbewerb Zischup
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Fünf Jäger der Suruí waren unterwegs im Wald, bewaffnet mit Pfeil und Bogen, barfuß. Es war schwül, die Luft war drückend. Sie jagten mit einfachsten Mitteln Affen und andere Tiere des Waldes. Doch der Regenwald ist gefährlich, nicht alles, was dort lebt, sind harmlose Beutetiere, es gibt Jaguare und Schlangen. Pfeil und Bogen waren schon seit jeher die einzige Verteidigung der Suruí, sie waren ein friedliches Volk. Ihre Kleidung bestand nur aus einem einfachen Lendenschurz aus Leder, der Häuptling trug eine Krone aus bunten Federn. Es zeigt, dass der Regenwald ihre Heimat war. Sie lebten mit ihm, statt gegen ihn. Er war alles, was sie kannten, er war ihre Welt.
Es war das Jahr 1969, das Jahr der Mondlandung, des Vietnamkriegs, des Woodstock-Festivals, Willy Brandt wurde Bundeskanzler, in Rondônia wurde eine Autobahn durch den Regenwald gebaut. Wenn auch alle, für die übrige Welt bedeutenden, Ereignisse des Jahres an den Suruí spurlos vorübergezogen sind, so war diese Autobahn der Wendepunkt ihres bisherigen Lebens.
Nie zuvor hatten die Suruí Kontakt zur Außenwelt. Doch als für die Autobahn eine beträchtliche Schneise in ihren Wald gebahnt wurde, trafen die weißen Leute, wie sie von den Suruí genannt wurden, und die Suruí zur Überraschung beider Seiten aufeinander. Nie zuvor hatte der Stamm Menschen mit weißer Haut und Kleidung aus Stoff gesehen. Sie trugen Waffen, die ganz anders waren als ihre Pfeile – sie waren grau, glänzend und kalt. In dieser Zeit kam es nie zu Gewalt zwischen den Suruí und den weißen Leuten. Aber die Suruí wollten wissen, wer sie waren, diese Fremden in ihrer Welt, und sie beschlossen, den Schritt zu wagen und auf die Fremdlinge zuzugehen. Weiße und Suruí schüttelten einander die Hände – der erste Kontakt.
Doch damit wurden auch Krankheiten zu den Suruí gebracht, die sie bisher nicht kannten. Und die Krankheiten forderten ihre Opfer, mehr als 90 Prozent der ehemals 5000 Suruí starben. Nur 290 Stammesangehörige überlebten den Erstkontakt mit den Weißen. Auch die fünf Jäger des Dorfes fielen der Krankheit zum Opfer, nie wieder würden sie auf Jagd gehen.
Das Land der Suruí, ihre Heimat und ihre kleine Welt, wurde zum Reservat der letzten Überlebenden. Bis heute leben sie dort. Ein Mann namens Almir ist jetzt Häuptling und trägt die Federkrone; zu bestimmten Anlässen bemalt er noch seine Haut nach alter Tradition mit schwarzen Mustern.
Aber die restliche Welt schreit förmlich nach Tropenholz. Möbel aus wertvollem Holz bringen viel Geld und auch Papier wird aus Tropenholz hergestellt. Ebenso werden Viehfarmen und Palmölplantagen mit jedem Jahr größer. In Teilen Brasiliens werden pro Jahr 170 000 Quadratmeter Regenwald gerodet. Die Fläche ist vom Weltall aus zu sehen. Die Regierung steht größtenteils hinter den Rodungsarbeiten, die Holzindustrie ist ein großer Bestandteil der brasilianischen Wirtschaft.
Die Abholzung ist mittlerweile bis an die Grenzen des Reservats der Suruí vorgedrungen. Beim Betrachten von Satellitenbildern verdeutlicht sich die Situation, die Grenze zum Reservat ist so deutlich zu sehen wie ein Scherenschnitt. Doch die Rodungen machen nicht halt. Unerlaubterweise dringen sie bis in Suruí-Gebiet vor, schlagen dabei kilometertiefe Schneisen in den Wald, der jahrzehntelang die sichere Welt für den Stamm war. Hilflos mussten die Suruí zusehen. Ausgerüstet sind sie immer noch nur mit Pfeil und Bogen, auch wenn aus ihren Hütten kleine Häuser wurden und sie Verbindungen zur Außenwelt knüpften.
Tatsächlich nutzte der Häuptling Almir in der nächsten Stadt ein Internetcafé. Das war der Ausschlag für die rettende Idee, denn Almir ist kein Mann, der tatenlos zusieht, wie seine Heimat zerstört wird. Er knüpfte Kontakt zu Rebecca Moore, der Managerin von Google Earth Outreach. Sie verstand die Problematik der Situation. Die Suruí bekamen Internet, Laptops und Smartphones – und einen Crashkurs im Umgang mit den Medien. Im Jahr 2007 zog die Technik in die Welt der Suruí ein. Als Gegenleistung erstellten sie Karten ihres Gebiets, auf denen ihr Wissen über den Wald und ihre kulturellen und traditionellen Plätze eingezeichnet waren. Sie kartographierten ihre Kultur, ihre Welt.
Aber das Ziel von Almir ist nicht nur, Karten zu erstellen. Er und die Suruí wollen 7000 Hektar ihres Landes wieder aufforsten, die illegal abgeholzt wurden. Die Arbeit wird nicht leicht, innerhalb von zehn Jahren wollen die Suruí minimal eine Million Setzlinge gepflanzt haben. Das wird nicht nur dem Stamm helfen, sondern auch zum Klimaschutz beitragen, da Regenwälder viel schädliches Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff umwandeln.
Inzwischen hat Almir mit der Geschichte seiner Welt international für Aufruhr gesorgt. Mit den modernen Medien erreicht er die Öffentlichkeit. 28 Länder hat er schon bereist, er besuchte die UNO, den Weltklimagipfel, war im Buckingham Palace. Sein wieder auf 1300 Menschen angewachsener Stamm sieht zu ihm auf. Aber wirkliche Hilfe von Seiten der Regierung kam nie. Gegen die Bagger, Schredder und Rodungsfeuer der Holzfäller kommen die Suruí auch mit Internet und Smartphones nicht an. Und diejenigen, die von der Holzindustrie profitieren, gönnen dem Häuptling keinen Erfolg. Denn die Wirtschaft mit Holz boomt. Nicht selten erreicht eine Todesdrohung Almir. Elf Häuptlinge aus anderen Dörfern wurden schon ermordet. Aber trotz allem geben die Suruí nicht auf. Es ist ihr Kampf um ihren Wald, um ihre Heimat, um ihre kleine Welt.
Quellen:
• http://www.indianerwww.de/ Stand: 05. 03. 14
• http://www.greenpeace-magazin.de Stand: 05. 03. 14
• http://en.wikipedia.org/wiki/Paiter_people Stand: 05. 03. 14
• http://www.google.de Stand: 05. 03. 14
• http://www.npr.org Stand: 05. 03. 14
• http://www.faszination-regenwald.de
Stand: 05. 03. 14
• http://www.3sat.de Stand: 05.03.14
• Google Earth Stand: 05.03.14