Ein Frühstück ganz ohne Toast und ohne Kaffee
Aus einer Debatte unter Freunden über den Ausstieg aus der Atomenergie wurde ein Selbstversuch: ein Tag ohne Strom.
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Das Atomkraftwerk Fessenheim im benachbarten Elsass sorgt mal wieder für Schlagzeilen. Störfälle soll es gegeben haben, sogar Mitarbeiter seien den Strahlen ausgesetzt gewesen. Grund genug, mit Freunden über den Ausstieg aus der Kernenergie zu debattieren. Aus einer hitzigen Diskussion um Atomkraft am Abend auf der Party wird ein 24-stündiger Selbstversuch: ein Tag in kompletter Stromlosigkeit. Versuchsperson: Sandra Sellner.
9.30 Uhr: Während ich grüble, warum meine frisch gewaschenen Haare nicht nach Conditioner, sondern nach Bodylotion riechen, mache ich mir Frühstück. Labbriges Weißbrot, lauwarme Milch und weiche Butter. Kühlschrank, Toaster und Kaffeemaschine bleiben aus.
10 Uhr: Wer ohne Strom lebt, hat viel Muße. Kein Fernsehen, kein Computer, keine Telefonmarketinganrufe. Ich sollte mir Gedanken machen, wie ich heute in die Uni komme. Öffentlicher Verkehr ist verboten, das Fahrrad kaputt und die Uni vier Kilometer weg.
11.35 Uhr: Ich stehe unter Bastis Fenster und werfe Steine. Nicht, weil er die Klingel nicht hört. Ich darf sie nicht benutzen. Vielleicht leiht er mir sein Rad.
11.36 Uhr: Ich werde von Bastis Nachbarin beschimpft.
11.37 Uhr: Ich werde von Basti beschimpft. Aber er leiht mir das Fahrrad.
13.40 Uhr: Gibt es in der Mensa kein stromloses Gericht? Ich entscheide mich für eine nackte Semmel. Nicht gekühlt, nicht gewärmt, nicht gerade lecker.
14.15 Uhr: Stromverweigerung im Seminarraum: Der Professor schaltet den Beamer ein. Ich kuck nicht hin und beschäftige mich durch exzessives Mitschreiben. Am Lichtmachen kann ich die Kommilitonen nicht hindern.
15.58 Uhr: Verflucht! Auch Taschenrechner brauchen Strom.
16.40 Uhr: Gibt es in Freiburg keinen Zigarettenautomaten ohne Digitalanzeige?
18.25 Uhr: Es ist Winter und dunkel. Halte Straßenlaternen für regelwidrig.
18.50 Uhr: Ich hätte mir Kerze und Streichhölzer vor Einbruch der Dunkelheit zurechtlegen sollen. Innerhalb von 3 Minuten stolpere ich über meine Stiefel, meinen Staubsauger und noch einmal über den 8er-Pack Klopapier.
19.35 Uhr: Ich habe keine Lust, Dosenravioli auf dem Campingkocher warm zu machen. Esse schlecht gelaunt Chips Frisch "Ungarisch" und versuche, bei Kerzenlicht das Feuilleton zu entziffern.
20.45 Uhr: Habe sogar den Wirtschaftsteil gelesen. Was nun?
21.00 Uhr: Esse die letzten Schokoladenvorräte. Ob ich neue Mails habe?
21.20 Uhr: Frage den Nachbarn, ob er mit mir Stadt-Land-Fluss spielen will.
22.50 Uhr: 14 Runden Stadt-Land-Fluss und zwei lauwarme Flaschen Bier später ist heute Schlafenszeit. Gehe ins Bad, falle nicht über den 8er-Pack Klopapier.
23.05 Uhr: Gute Nacht, Leben ohne Strom! Morgen früh gibt's Kaffee und Weißbrot. Garantiert getoastet!
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