Lebensmittel
Ein Belgier sammelt Sauerteig-Kulturen aus der ganzen Welt
Der Belgier Karl De Smedt hat eine einzigartige Sammlung mit 144 Sauerteigen aus 28 Ländern aufgebaut. Sie dient Forschungszwecken, aber auch als Back-up für Bäckereien hat sie sich schon bewiesen.
Birgit Reichert (dpa)
Di, 13. Jun 2023, 12:28 Uhr
Panorama
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Die Tradition des Sauerteigs ist laut De Smedt wohl älter als 10.000 Jahre. "Woher es kommt, wissen wir nicht." Sicher wisse man aber aus Aufzeichnungen, dass die alten Ägypter Sauerteigbrot hatten. Zu De Smedts Sammlung gehören Sauerteige aus Italien, Griechenland, China, Australien, Dubai, Singapur, der Türkei, der Schweiz und Brasilien. Aus Deutschland sind fünf Exemplare dabei, darunter einer aus Stavenhagen (Mecklenburg-Vorpommern) von 1941. "Wir erforschen die Biodiversität der Sauerteige. Es werden nur Teige aufgenommen, die durch spontane Fermentierung entstanden sind", sagt De Smedt. Also keine auf Grundlage einer kommerziellen Starterkultur.
In den Kühlschränken steht seit November 2022 auch der Sauerteig "Winfried Schmitz" aus Daleiden in der Eifel. Er hat die Nummer 138. Der Sauerteig sei so alt wie seine Bäckerei – also um die 125 Jahre, sagt der Spender Manuel Schmitz. "Wir machen heute noch unser Brot damit", sagt der 42-Jährige. Dass der Eifeler Teig in die Bibliothek aufgenommen wurde, sei "eine Ehre", sagt Schmitz. Es sei aber auch eine Absicherung für den Familienbetrieb. Wenn wegen einer Umweltkatastrophe oder eines anderen Unglücks die Backstube mal verschwinden sollte, könne man auf den Teig in St. Vith zurückgreifen.
"Wir hatten schon 43 Sauerteige. Da kam uns die Idee, eine Bibliothek zu gründen, auch um die Teige zu bewahren", sagt De Smedt. Einmal habe sich das schon bewährt. 2021 hatte ein Bäcker aus Kopenhagen in Dänemark angerufen, weil aus Versehen der ganze Mutter-Sauerteig zum Backen benutzt worden war. "Ich schickte ihm dann einen Teil von seinem Teig. Er war sehr glücklich."
Jeden Tag erreichen De Smedt Anfragen von Teig-Besitzern, die einen Platz in den zwölf Kühlschränken in St. Vith bekommen möchten. "Wir nehmen jedes Jahr 20 bis 25 neue auf." Ganz frisch dabei sind zwei aus einem Kloster auf dem Berg Athos in Griechenland – darunter einer aus Mehl, der nach einer 1000 Jahre alten Tradition hergestellt werde. "Das ist ein besonderer Teig, weil der Ort isoliert ist."
Die Vielfalt der Sauerteige fasziniert De Smedt immer wieder. Es gebe griechische Teige, die mit basilikumgetränktem Wasser angesetzt worden seien. Einer aus Mexiko werde mit Bier, Eiern und Limetten gemacht. Ein Schweizer Rezept startete mit einem geriebenen Apfel. Und bei Nummer 108 aus Italien sei Wasser mit getrocknetem Kuhdung benutzt worden. In Kuhdung seien viele Mikroorganismen, die im gefilterten Wasser dazu beitragen, dass der Teig verdaulicher sei.
Bei Neuzugängen von Teigen wird zuerst die Bakterienkultur an der Universität Bozen in Italien analysiert. "Wir konnten schon 1500 verschiedene Stämme identifizieren", sagt der Experte. Diese würden bei minus 80 Grad sicher gelagert.
Die Sauerteige in seinen Kühlschränken werden alle zwei Monate gefüttert. De Smedt und sein Team entnehmen aus jedem Glas 20 Gramm und frischen den Teig in drei Stufen mit Mehl und Wasser auf – bis es wieder 500 Gramm sind.
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