Eileen Gu bringt den gewünschten Glanz
China erlebt seine medaillenreichsten Winterspiele / Der Ski-Star Gu überstrahlt dabei alles – auch die weniger glücklichen Auftritte.
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Doch womöglich dürfte sich in ein paar Jahren kaum noch einer an so manchen abgehängten Biathleten oder nicht besonders weit gekommenen Skispringer erinnern. An Gu sehr wohl. Die gebürtige Amerikanerin, die für das Heimatland ihrer Mutter antrat, war eine der schillerndsten Figuren dieser Spiele. Begab sie sich nach ihren Wettkämpfen auf den Weg zu den Interviews, rannten sich die Reporter gegenseitig fast über den Haufen. Die Botschaften, die sie sendete, dürften sich für Chinas Staatschef Xi Jinping wie Musik in den Ohren angehört haben. "Mein größtes Ziel ist es, junge Mädchen für den Sport zu begeistern", sagte Gu nach ihrem Medaillen-Hattrick. "Ich hoffe, dass ich durch meine Erfolge dazu beitragen kann, dass Ski-Freestyle in China populärer wird. Es waren die intensivsten zwei Wochen meines Lebens." So hatte Xi sich das vorgestellt. China sollte nicht nur Gastgeber sein, sondern endlich auch Gewinner. Bei 14 Medaillen stand das chinesische Team nach Gus Gold am Freitag. Mehr als elf wie 2006 in Turin oder 2010 in Vancouver waren es zuvor im Winter nie.
30 Jahre nachdem Eisschnellläuferin Ye Qiaobo mit Silber in Albertville Chinas erste Plakette bei Winterspielen geholt hat, ist das Land noch weit davon entfernt, eine Wintersportnation zu sein. Dank eines massiven staatlichen Sportprogramms, der Einbürgerung ausländischer Spitzenathleten und dem Einsatz von fast 100 Trainern aus dem Ausland war es zumindest bei einigen Wettkämpfen in Peking, Yanqing und Zhangjiakou durchaus konkurrenzfähig. Neben Gu räumten auch die Ski-Kunstspringer wieder mal ab: Gold im Einzel der Frauen und Männer, Silber im Teamevent. Auch im Shorttrack, Eisschnelllauf und auf dem Snowboard gab’s Siege für die Gastgeber. Sportfunktionärin Yang Yang, die als Shorttrackerin 2002 in Salt Lake City Chinas erstes Gold bei Winterspielen holte, schwärmte. "20 Jahre später schocken chinesische Sportler die Welt mit ihrem hartnäckigen Kampf und ihrer perfekten Leistung", sagte sie der Zeitung Guangming Ribao. Chinas Team, das aus rund 180 Athletinnen und Athleten und damit mehr als doppelt so vielen wie 2018 in Pyeongchang besteht, bringe "Fortschritt und Hoffnung". Zumindest teilweise trifft das zu.
Im Eiskanal wurden die millionenschweren Investitionen bislang aber nur mit einer Medaille belohnt: Skeletoni Yan Wengang, der in einer internen Qualifikation überraschend Chinas ersten Weltcupsieger Geng Wenqiang ausgestochen hatte, holte Bronze. Mehr war auch mithilfe des deutschen Ex-Weltmeisters und renommierten Schlittenbauers Willi Schneider nicht drin. Chinas Bobfahrer wurden unter anderem vom viermaligen Olympiasieger André Lange, der aus persönlichen Gründen aktuell allerdings nicht vor Ort ist, auf die Spiele vorbereitet – mit geringen Erfolgsaussichten.
Im Skispringen, beim Langlauf, in der Nordischen Kombination oder in den alpinen Skiwettbewerben blieben Erfolge aus. Von den ausgewählten Fans auf den Tribünen, die – oft angeleitet von einer Art Vorsänger – rhythmisch klatschten, jubelten und Fähnchen schwenkten, gab es für Chinas Sportler zwar viel Unterstützung, aber so gut wie nichts zu ernten.
Im Biathlon reichte es trotz des teuer eingekauften Trainers Ole Einar Björndalen und dessen Frau Darja Domratschewa zu keinem Top-Ten-Platz. Das mit Amerikanern, Kanadiern und einem Russen verstärkte chinesische Eishockey-Team der Männer kassierte nur Niederlagen. Doch all das scheint im Schatten von Skistar und Werbeikone Gu zu verblassen. Chinas Gesicht dieser Spiele.
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