Du hast doch ’ne Macke!
Auf Spleen24 veröffentlichen Nutzer anonym ihre schlimmsten Ticks – und finden Menschen, denen es auch so geht.
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Die Lautstärke an der Stereoanlage immer auf einen geradzahligen Wert stellen. Klopapier immer so rum einhängen, dass es sich von vorn abrollen lässt. Mit einer Haarsträhne im Ohr herumpinseln. Was die Menschen in dem Blog spleen24.tumblr.com beichten, ist fast nie so speziell, dass nicht wenigstens ein paar andere auf "Ich auch!" klicken. Der meistgeklickte Spleen – beim Einkaufen nie den vordersten Artikel aus dem Regal nehmen – hat sogar mehr als 1700 Anhänger, die das Verhalten bei sich wieder erkennen.
Und warum ist das Blog des Berliners Christian Brandes so ein Hit? Für die anonymen User, die einen Spleen veröffentlichen oder auf "Ich auch!" klicken ist vielleicht das Gefühl anziehend, nicht der oder die Einzige mit einer spezifischen Macke zu sein.
Liest man Spleen24 einfach nur durch, ohne etwas zu posten, passieren zwei Dinge: Erstens vergeht unglaublich viel Zeit. Zweitens tritt, je nach Veranlagung, ein Beruhigungs- oder Hypochondereffekt ein. Der Beruhigungseffekt geht so: "Ein Glück, alle anderen haben einen viel größeren Schatten als ich." Und das ist nicht nur lustig, denn einige der auf Spleen24 gesammelten Geständnisse schildern klinische Zwangsstörungen oder grenzen an selbstverletzendes Verhalten. Der Hypochondereffekt besteht in: "Das hab ich auch! Das hab ich auch! Das hab ich noch viel schlimmer!"
Passenderweise ist "Spleen" das englische Wort für Milz. Und in der Milz vermutete die vormoderne Medizin bis ungefähr ins 19. Jahrhundert den Ursprung der schwarzen Galle – desjenigen Körpersaftes, der für schweres Gemüt und Hypochondrie zuständig ist.
Schweres Gemüt verursachen nach einer Weile auch die Posts auf Spleen24. Gefühlt jeder zweite enthält mindestens einen Zwinkersmiley, wenn nicht noch Lach- oder Lächelsmileys. Gibt es eigentlich diesen Spleen schon: Wenn wir Texte mit Smileys lesen müssen, steigert sich unsere Abneigung gegen den Urheber mit jeder Klammer.Das ist unerträglich. So schaffen wir den Absprung. Etwas milzig gestimmt, aber zum Glück vergleichsweise normal.
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