König der Tiere
Die Zahl der Löwen in Afrika geht immer weiter zurück
Noch leben mehr als 20.000 Löwen auf dem afrikanischen Kontinent. Das klingt nach viel, ist aber nur noch die Hälfte von einst. Die Probleme sind divers – und die Löwen mittlerweile ernsthaft bedroht.
Fr, 6. Okt 2023, 20:30 Uhr
Panorama
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Zum Verhängnis droht den Großkatzen die zunehmende Einschränkung ihrer Lebensgebiete zu werden sowie der Rückgang an Beutetiere und die Begegnungen mit Menschen, die in der Regel für die wilden Löwen und nicht für die Menschen tödlich enden. In den vergangenen drei Raubtier-Generationen – insgesamt 21 Jahre – sei die Lebensgrundlage der Könige der Tiere in der Fläche um mehr als ein Drittel zusammengeschrumpft, teilte EWT-Forscherin Samantha Nicholson in Johannesburg mit: "Die größte Einschränkung, mit der eine Tierart bisher fertig werden musste." In ihrer Studie seien erstmals sowohl ökologische wie sozio-politische Faktoren berücksichtigten worden, fügte Nicholson hinzu. Auch der Einfluss von Korruption, Armut und politisch motivierter Gewalt wurde miteinbezogen.
Über Afrika verteilt wurden noch 62 Löwen-Populationen aufgefunden – fast die Hälfte von ihnen zählen allerdings weniger als 50 Tiere. Nur in drei großen Territorien leben noch mehr als tausend der Raubkatzen. Deren Lage ist über den Kontinent verteilt äußerst unterschiedlich.
Am schlimmsten geht es ihnen in Westafrika: Dort leben nur noch 250 Exemplare der Unterart "Panthera leo leo", die akut vom Aussterben bedroht ist. Die meisten von ihnen halten sich im 32.000 Quadratkilometer großen Schutzgebiet "W-Arly-Pendjari" zwischen Burkina Faso, dem Niger und Benin auf, wohin sich auch islamistische Extremisten zurückzuziehen pflegen. Deren Präsenz mache den Naturschutz noch gefährlicher und komplizierter, bewertete Nicholson die Situation.
Die heikelste Lage fanden die Forscherinnen und Forscher im südwestlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abba gelegenen Maze National Park vor. Dort leben auf 200 Quadratkilometer verteilt gerade noch neun Löwen, von allen anderen Artgenossen getrennt. Zudem geraten sie sich ständig mit Viehhirten in die Haare, die dort illegal ihre Rinder weiden. Der Park verfügt lediglich über einen Wildhüter und zehn Scouts, die sich ein Motorrad teilen müssen.
Dass das Aufeinandertreffen von Mensch und Löwe nicht immer tödlich verlaufen muss, zeigt das Beispiel Tansania, wo insgesamt mehr als 8000 Raubkatzen leben – mehr als in jedem anderen afrikanischen Land. Der ostafrikanische Staat weist außerdem die größte Zahl von Menschen auf, die in von Löwen bevölkerten Gebieten leben. "Mit richtiger Vorbereitung und Begleitung können Konflikte zwischen ihnen verhindert werden", so Nicholson.
Zuversichtlich stimmt die Situation im südlichen Afrika, wo die Wildparks im Gegensatz zum Rest des Kontinents eingezäunt sind. Vor allem in Südafrika ist die Zahl der Raubtiere mit mehr als 3000 stabil oder sogar steigend. Zunehmend kommt es am Kap der Guten Hoffnung allerdings auch zu Wilderei: Die Löwen werden für ihre Knochen, ihrer Klauen, ihre Zähne und ihr Fell erlegt. Noch schlimmer wirkt sich die Trophäenjagd aus, die im südlichen Afrika erlaubt ist. Die Einnahmen aus dem umstrittenen "Sport" seien für die Kosten zum Schutz der Tiere nötig, heißt es.
Rein rechnerisch seien für den Schutz der Raubtiere in ganz Afrika bis zu drei Milliarden US-Dollar nötig, erläutert Studie weiter. Für einen Quadratkilometer umzäuntes Parkgebiet fallen jährlich offenbar 500, in nicht umzäunten Reservaten 200 Dollar an. Ohne Einnahmen aus der Trophäenjagd reichen die zur Verfügung stehenden Mittel selbst im südlichen Afrika bei weitem nicht aus. Die Nichtregierungsorganisation World Animal Protection schlägt deshalb vor, eine Abgabe für alle Besucherinnen und Besucher der Region zu erheben. Bei einer Umfrage hätten sich 85 Prozent von fast tausend Befragten bereit erklärt, eine Abgabe von täglich rund fünf Dollar zu entrichten. In diesem Fall wäre die Region nicht mehr auf die Trophäenjagd als Einnahmequelle angewiesen.
Außer den rund 3000 wilden Löwen gibt es in Südafrika noch schätzungsweise 7500 Raubkatzen, die auf mehr als 500 Farmen gezüchtet und in kleinen Gehegen gehalten werden. Auch sie wurden bisher für die Trophäenjagd herangezogen, während ihre Knochen pulverisiert nach Südostasien verkauft wurden, wo diese zu Tee aufgebrüht als Medizin und Potenzmittel konsumiert werden.
Im vergangenen Jahr beschloss Südafrikas Regierung, die sogenannte "Dosenjagd" zu verbieten. Noch immer ist allerdings unklar, was mit der großen Zahl der in Gefangenschaft geborenen Raubkatzen geschehen soll. Ausgewildert können sie nicht werden, weil ihnen zum Überleben nötige Fähigkeiten fehlen. Auch eine Masseneuthanasie kommt kaum in Frage. Am wahrscheinlichsten ist, dass sie kastriert oder sterilisiert bis zu ihrem natürlichen Tod auf Staatskosten durchgefüttert werden. Auch kein angemessenes Ende für die Könige der Tiere.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ