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Die scheuen Hornhasen

  • Sa, 22. Mai 2004
    Zisch

     

Ilwedritsche sind schüchterne Gesellen - nur Eltern oder Großeltern wissen, wie sie sich bei Nacht fangen lassen.

Ihr Kinder könnt die Ilwedritsche gar nicht kennen. Denn Ilwedritsche sind ganz eigenartige Gesellen. Am Tag lassen sie sich überhaupt nicht sehen. Und fragt man seine Freunde, dann weiß kaum jemand was. Wahrscheinlich gibt es sie gar nicht, könnte man meinen.

Aber halt! Die Großen erzählen doch von ihnen? Vielleicht ist doch was dran? Ich habe meinen Vater gefragt, und der hat bestätigt, dass es Ilwedritsche wirklich gibt. Er hat mir Ratschläge gegeben, wo ich sie finden kann.

"Es ist zwar nicht leicht, aber es geht", versichert mein Vater. "Es gibt einiges zu beachten: Ilwedritsche leben nicht nur auf dem Land, sie fühlen sich im Wasser genauso wohl, manchmal klettern sie sogar auf den Bäumen herum. Sie sind verwandt mit den Wolpertingern und den Jackalopes."

Und wo findet man die Ilwetritsche, frage ich. Mein Vater erzählt: "Du musst in die Natur gehen und Bäredobe (Wiesenbärenklau) suchen. Auch Kaninchen fressen gern Bäredobe. Es sind Pflanzen, manchmal so groß wie kleine Kinder. Mit großen haarigen Blättern an langen Stängeln. Mit viel Schatten drunter. Das haben die Ilwedritsche gern. Da drunter können sie herumwuseln und niemand sieht sie." Aha, und dann? "Du brauchst noch einen alten Sack, am besten einen alten Erdäpfelsack (Erdäpfel sind Kartoffeln). Das neue Plastikzeug mögen Ilwedritsche überhaupt nicht. Dann drei Stecken, so lang wie ein Arm, eine Kerze, Zündhölzer - und ein Stück Schnur zum Zubinden. Und viel Geduld." Warum Geduld? "Ja, weil du erst mal warten musst, bis Vollmond ist. Von da ab gerechnet zwei Wochen, dann ist die beste Zeit um Ilwedritsche zu fangen." Ja, und wie geht das dann genau? "Wenn du ein schönes Bäredobefeld gefunden hast, dann merk es dir gut. Dann wartest du, bis die Sonne untergegangen ist. Pack deine Sachen zusammen und geh zu den Bäredobe. Leg den Sack der Länge nach hin und vorne an der Öffnung steckst du die drei Stecken so in den Boden, dass sie sich oben treffen und ziehst die Sacköffnung drüber. Es muss ziemlich stabil sein, dass es nicht gleich zusammenfällt, aber auch nicht zu starr, weil du den Sack schnell zumachen musst, wenn ein Ilwedritsch drin ist."

Und wozu sind die Zündhölzer und die Kerze? "Die Kerze stellst du unter den Sack und zündest sie vorsichtig an. Sie darf nicht umfallen. Dann kriechst weg und versteckst dich in der Nähe, dass dich die Ilwedritsche nicht sehen. Sie sind nämlich ziemlich neugierig und wollen wissen, was das für ein Licht ist. Wenn ein Ilwedritsch unter dem Sack drin ist, musst du schnell und leise zurück, die drei Stecken umwerfen, das Licht ausblasen und im Dunkeln den Sack fest zubinden. Wenn du den Sack vorsichtig aufmachst - es muss dunkel sein, weil sich die Ilwedritsche bei Tageslicht verstecken -, dann kannst du ihn anschauen. Wenn er sich nicht wieder herausgefressen hat."

Wendelinus Wurth

Ressort: Zisch

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