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Geburtstag

"Die Mode, das ist das Leben": Jean-Paul Gaultier wird 70

Als 18-Jähriger hat der Modedesigner Jean-Paul Gaultier seine Karriere begonnen – nun wird das einstige Enfant terrible 70 Jahre alt. Rückblick auf ein bewegtes Leben.  

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Der Igelschnitt ist eins seiner Markenzeichen: Jean-Paul Gaultier. Foto: TOLGA AKMEN (AFP)
Als Grundschüler interessierte er sich für Eistüten, allerdings eher für die Form als für den Inhalt: Für seinen Stoffbären bastelte er eine Art Bikini mit konischen Formen – ein Vorläufer seiner berühmt gewordenen Korsetts. In den 90er-Jahren sorgten diese für einige Aufregung, und bis heute wird Jean-Paul Gaultier gerne als Enfant terrible der Modeszene bezeichnet. Am Sonntag wird der französische Modeschöpfer 70 Jahre alt.

Kurz vor dem ersten Lockdown hatte Gaultier im Januar 2020 im Pariser Theater Châtelet seine Abschiedsmodenschau organisiert. Es war ein fulminantes Spektakel mit 200 Models, unter ihnen die Popsängerin Mylène Farmer, die Burlesque-Tänzerin Dita Von Teese und die spanische Schauspielerin Rossy de Palma. Sie feierten den Mann, der seit einem halben Jahrhundert wie ein Wirbelwind die Laufstege aufgemischt hatte.

Erotik als Inspiration

Gaultier steckte Männer in Röcke, schickte schwangere und Kaugummi kauende Models los und machte aus jeder seiner Modenschauen ein opulentes Happening. Erotik war eine seiner ergiebigsten Inspirationsquellen. "Ich mochte diese Klischee-Models nicht, die mit dem Popo wackeln und den Pelzkragen streicheln, um Sinnlichkeit vorzutäuschen", erzählte der bis heute mit Igelschnitt und Matrosen-Shirt auftretende Designer der Zeitung Journal du Dimanche. "Ich wollte andere Formen von Schönheit zeigen, um das Klischee der Frau als Objekt zu brechen", erklärte er.



Gaultier arbeitete nicht nur für den Laufsteg, sondern entwarf auch Kostüme für Filme – vor allem, wenn sie von Pedro Almodóvar stammten. "Jean-Paul und ich nutzen Sexualität in einer Weise, die vielen skandalös erscheint", sagte der spanische Regisseur der Zeitschrift Numéro; "uns geht es darum, Vorurteile zu überwinden und das mit Humor." Wegen seiner Liebe zum Kino wurde Gaultier 2012 sogar in die Jury der Filmfestspiele von Cannes berufen.

Korsetts wurden sein Markenzeichen

Das Schneidern hatte Gaultier von seiner Großmutter gelernt, bei der er in einer Truhe erstmals Korsetts entdeckt hatte. Sie faszinierten ihn – und wurden in den 90ern sein Markenzeichen: Madonna sorgte damals bei Auftritten in einem dieser eng geschnürten Kegel-Mieder für einige Aufregung, und Gaultier entwarf selbst eine entsprechende Parfümflasche.

Gaultier startete seine Karriere an seinem 18. Geburtstag als Praktikant bei Pierre Cardin. Mit Mitte 20 gründete er bereits seine eigene Marke und schuf zahlreiche Kollektionen, sowohl Prêt-à-porter als auch Haute Couture. Zeitweise arbeitete er für das Modehaus Hermès.

"Ich wollte etwas Neues machen" Jean-Paul Gaultier
Nebenher ließ er sich immer wieder für die Zusammenarbeit mit anderen Marken gewinnen und entwarf ziemlich viele Dinge, die nichts mit Mode zu tun hatten – von Getränkeflaschen und Teedosen bis zu Möbeln und Münzen.

Gaultier bedauerte, dass Mode mit der Zeit immer stärker kommerzialisiert wurde. "Früher war ich stolz, wenn Boy George oder Sting meine Stücke in den Läden kauften", erzählte er. "Das hat sich völlig verändert. Heute lassen sich die Stars dafür bezahlen, dass sie bestimmte Kleidung tragen. Das ist kein Akt der Liebe mehr", klagte er.

Seinen Abschied vom Laufsteg will der französische Designer nicht als Rückzug verstanden wissen. Im Gegenteil: "Ich hatte den Eindruck, etwas abgeschlossen zu haben. Ich wollte etwas Neues machen", sagte er.

Sein Modehaus lädt nun in jeder Saison einen jungen Designer ein, der das künstlerische Erbe von Gaultier auf seine Weise neu interpretieren soll. So kombinierte der Belgier Glenn Martens im Februar ein typisches Gaultier-Korsett mit einem Jeansrock und entwarf ein längs- statt quergestreiftes Matrosen-Shirt. "Es gibt ein Leben – was sage ich: viele Leben – nach der Mode", sagte Gaultier bei seinem Abschied im Théâtre Châtelet. Und gleichzeitig findet er: "Die Mode, das ist das Leben."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 23. April 2022: PDF-Version herunterladen

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