Zugunglück
Die Helfer in Bad Aibling sind im Dauereinsatz
Den ganzen Dienstag versuchen Einsatzkräfte, den Verletzten von Bad Aibling zu helfen. Eindrücke aus einer Stadt unter Schock.
Patrick Guyton
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Zum ersten Mal kommt er an diesem Tag dazu, kurz durchzuatmen und ein paar Worte zu sagen. Um sieben Uhr am Morgen wurde er alarmiert, wenige Minuten nach dem Zusammenprall. Seitdem ist Becker im Dauereinsatz bei diesem Zugunglück, das eines der schwersten in der Geschichte der Bundesrepublik ist. Auf der Wiese sind stundenlang Rettungshubschrauber gelandet und gestartet, ein Dutzend Helikopter sind im Dauereinsatz. Sie fliegen zur Unglücksstelle, bergen Schwerverletzte, bringen sie zur Notfallversorgung ins Feuerwehrhaus im nahen Kolbermoor oder gleich in eines der Krankenhäuser.
Zehn Tote, 18 Schwerverletzte, 63 weitere Verletzte – das ist am Abend die Bilanz des verheerenden Zusammenstoßes auf der einspurigen Bahnstrecke bei Bad Aibling, zwischen Holzkirchen und Rosenheim. Und zwei Menschen werden laut Polizeiangaben noch vermisst. Unter den Toten sind auch die beiden Lokführer und die zwei Zugbegleiter.
"Nahezu ungebremst und mit sehr hohem Tempo" sind die Züge ineinander gedonnert, berichtet Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) betroffen auf einer Pressekonferenz vor Ort. Um die 100 Stundenkilometer würden die Meridian-Züge der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) an der Unglücksstelle fahren. Wie konnte das passieren? Wegen einer leichten Kurve haben sich die Lokführer wohl auch nicht gesehen. Dobrindt will zu diesem Zeitpunkt keine Spekulationen liefern, sondern die Untersuchungsergebnisse von Polizei und Eisenbahnbundesamt abwarten.
Unablässig donnern derweil die Rettungshubschrauber in geringer Höhe über der sonst so beschaulich 18 000-Einwohner-Stadt in der Nähe des Chiemsees. Vom Roten Kreuz, der Bergwacht, dem ADAC sind sie sofort gestellt worden. Dutzende Krankenwagen fahren durch die abgesperrten Straßen, stehen an Plätzen oder am Wegrand.
Vor dem Rathaus haben sich die TV- und Hörfunkteams stationiert. Eigentlich sollte im Rathaus das Faschings-Prinzenpaar empfangen werden, das wurde aber am Tag dieser Tragödie abgesagt. Stattdessen ist die Feuerwehr da, es gibt eine Pressekonferenz mit Alexander Dobrindt, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dem Landrat, dem Bürgermeister, dem Polizeipräsidenten.
Von einer solchen Dimension war der Feuerwehrmann aber nicht ausgegangen. Zehn Psychologen seien allein im Einsatz, um sich um die rund 700 Einsatzkräfte zu kümmern. Die große Hilfe des Nachbarn Österreich lobt Richard Schrank. Auch mit Blick auf die seit Monaten anhaltenden Grenzkontrollen meint er: "Bei so etwas gibt es keine Grenzen."
Doch warum konnte dieser Crash überhaupt geschehen? Der Zusammenprall sei eigentlich "unmöglich", sagt Innenminister Herrmann. Denn auf der einspurigen Strecke dürfte nur ein Zug fahren. Um dies einzuhalten, gibt es automatische Stopp-Signale für die Lokführer. Selbst wenn ein Zugführer ein Signal übersieht, müsste eine angebrachte Notsicherung funktionieren und der Zug sofort automatisch gehalten werden. Am Dienstagabend stand jedoch fest: Menschliches Versagen war die Unglücksursache.
Ein Gutes hat dieser Schreckenstag aber doch, meint Polizeipräsident Robert Kopp. Dass das Unglück in den Faschingsferien geschah, sieht er "fast als Glücksfall" an. Rund 150 Fahrgäste waren in den beiden Zügen, das sind verhältnismäßig wenige, und es waren fast ausschließlich Erwachsene. Normalerweise sind die Waggons viel voller, Kinder fahren um diese Zeit, deshalb werden diese Verbindungen auch immer wieder "Schülerzüge" genannt.
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