Alternatives Wohnen
Die Gruppe "Radlager" hat in Freiburg einen Wagenplatz bezogen
Seit Januar wohnen die "Radlager" auf einer Fläche in St. Georgen, die die Stadt Freiburg ihnen vermittelt hat. Der Platz ist ein alternatives Idyll, und auch der Bürgerverein ist zufrieden.
Do, 12. Mai 2022, 9:30 Uhr
Freiburg
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Ihre Vormieter, das war das Malteser Reitercorps, das hier jahrzehntelang ritt, dann Ende 2020 aber das Gelände verließ. Das städtische Referat für bezahlbares Wohnen prüfte daraufhin, ob das Areal für eine temporäre Installation einer Wagensiedlung in Frage käme, den Auftrag dazu hatte im November 2020 der Gemeinderat gegeben. Der hatte auf Antrag der Fraktionen Eine Stadt für Alle, SPD/Kult und Jupi ins "Konzept Bezahlbares Wohnen" auch einen Passus zu alternativen Wohnformen diktiert. In den zwei Jahrzehnten zuvor wäre derlei kaum denkbar gewesen. Da standen sich immer wieder fordernd und radikal auftretende Wagengruppen, eine engstirnige Stadtverwaltung und ein skeptischer Gemeinderat unversöhnlich gegenüber. Eher unaufgeregt dagegen beschloss der aktuelle Gemeinderat im Oktober 2021 die Vergabe des alten Reitergeländes an die Radlager-Leute. Der Vertrag läuft auf fünf Jahre mit Option zur Verlängerung, falls für das Gelände keine weitere Nutzung ansteht.
Und so stehen seit 1. Januar zehn Wagen auf dem Gelände, sie beherbergen Menschen zwischen 20 und 42 Jahren, Studenten, Berufstätige in der Sozialarbeit, ein Zimmermann, ein Baumpfleger. Irgendwann sollen es 16 Wagen sein. Neuzugänge werden ausgesucht wie in einer WG. "Wir führen immer wieder Vorstellungsgespräche", sagt Urs, "wir wollen natürlich, dass der- oder diejenige zu uns passt". Die Privatsphäre garantieren die Eigenbauten der rollenden Heime – darunter ein Anhänger in Tinyhouse-Ästhetik, ein Gefährt, das in den 60er-Jahren mal eine rollende Bankfiliale in Hannover war und auch ein schlichter Wohnwagen. Toiletten gibt’s im alten Tankstellenbau, ein Kompostierklo ist gerade in Arbeit.
Das Gemeinschaftsleben findet zwischen den Wagen statt. "Wir kochen oft zusammen oder machen abends mal ein Feuer." Alle zwei Wochen gibt es Küfa – offene Küche für alle, Gäste erwünscht. Zusammen zahlen die Wagenbewohner 800 Euro Monatsmiete für den Platz, leicht gestaffelt durch Solidarbeiträge. "Wer sich mehr leisten kann, zahlt etwas mehr, andere weniger", sagt Johannes. Nebenkosten kommen von einem Stromanschluss – auch wenn die meisten Wagen sich über PV-Elemente auf dem Dach versorgen – vom Wasser und vom Internet, das über eine Mobilfunkkarte ins Wagenplatz-Wlan kommt.
Und das Zusammenleben mit der Nachbarschaft? Während des Ortstermins kommen zufällig Gisela Sigrist aus dem Vorstand des St. Georgener Bürgervereins und ihr Mann Stephan auf dem Wagenplatz vorbei. "Wir gehen öfters mal vorbei und fragen, wie es geht", sagt sie. Ja, man kenne sich schon ganz gut und einige Wagenbewohner hätten auch schon an Veranstaltungen im Stadtteil vorbeigeschaut – von Schwierigkeiten dagegen habe sie bisher nichts Nennenswertes gehört. Der Bürgerverein hatte 2021 sein OK für die Wagenplatz-Idee gegeben. "Wir finden das eine sinnvolle Nutzung", sagt Gisela Sigrist.
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