Die ganze Welt als Livestream

FUDDERS APP-CHECK: Mit Periscope kann man über das Smartphone den Alltag live ins Internet übertragen.  

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Das Shampooregal in einem US-Supermark...e gestreamt über die App  Periscope.    | Foto: Görlich
Das Shampooregal in einem US-Supermarkt – live gestreamt über die App Periscope. Foto: Görlich
"Hol dir Dove", rät jemand. "Das ist gut für deine Haut!" Ich schaue auf eine Wand aus Shampoos und Lotionen – ein Supermarktregal. Die Entscheidung für das richtige Hygieneprodukt steht noch aus, 103 Menschen fiebern mit.

Die Szene zeigt, worauf man stößt, wenn man mit der kostenlosen Smartphone-App Periscope herumspielt. Die Idee, Videos live ins Netz zu streamen, ist nicht neu – mit Periscope ist das jetzt aber so einfach geworden, dass die App irgendwann vielleicht sogar dem Fernsehen Konkurrenz machen könnte. Denn: Von überall können Menschen nun in Echtzeit Videobild ins Internet übertragen. Um der Menschheit zu zeigen, was so im eigenen Leben passiert, benötigt der Streamer nur einen Tarif mit ausreichend Datenvolumen und ein iPhone. Anfang des Jahres hat der Kurznachrichtendienst Twitter Periscope gekauft – für angeblich 100 Millionen US-Dollar. Man scheint große Pläne zu haben für das neue Spielzeug. Kein Wunder: Periscope kann praktisch jeder einsetzen. Während der Play-Off-Spiele des EHC Freiburg zückte ich zum Beispiel mein iPhone und übertrug die Tore der Wölfe ins Internet. Während ich an der Bande stand und filmte, erschien eine Nachricht auf meinem Display: "Ich schaue nicht mal Eishockey, aber das ist großartig!", schrieb ein Zuschauer namens Agus in den Chat – auf Englisch. Er saß irgendwo in Nordamerika und schaute in meinem Periscope-Stream zu, wie sich der EHC in die zweite Liga schoss.

Der Streamer spricht, die Zuschauer schreiben. Gefällt ihnen etwas besonders gut, tippen sie auf das Display und verschicken so ein Herz. Die Interaktion ist das interessanteste Feature der App. Anonym ist der Nutzer in Periscope nicht – er benötigt einen Twitter-Account. Mit jedem Stream oder Kommentar wird dann der Benutzername angezeigt. Weil bei Twitter strenge Privatsphäre-Einstellungen im Vergleich zu Facebook eher unüblich sind, lassen sich viele Nutzer leicht ergooglen. Dabei findet man zum Beispiel heraus, dass hinter einem Stream namens "Drillinge oder nicht?!" eine Redakteurin des Cosmopolitan aus New York steckt. Ob sie und die beiden anderen Frauen nun wirklich Drillinge sind, scheint 76 Menschen zu beschäftigen – so viele kommentieren. Die Protagonistinnen lachen, nicken, schütteln den Kopf.

Ein Motivator vieler Periscope-Streams scheint Langeweile zu sein. Einige Nutzer kamen auf die Idee, die Premiere der neuen "Game of Thrones"-Staffel zu übertragen – während der Erstausstrahlung auf dem US-Bezahlsender HBO. Man hört, Twitter habe ihre Accounts gesperrt. Das ist wenig überraschend: Noch befindet sich die App in der Phase, in der die Anwender Grenzen austesten. In den Streams geht es mitunter sehr anarchisch zu. Das Potential aber scheint riesig – man muss sich nur vorstellen, was in Periscope zu finden sein könnte, wenn sich die App erst einmal etabliert hat. Neben Drogeriebesuchen, Eishockey und potentiellen Drillingen die ganze Welt.

Download und mehr Informationen           unter periscope.tv

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