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Die edle Kunst der Schleifer

  • Fr, 16. Dezember 2005
    Zisch

     

Ein Ausflug in die Welt wertvoller Edelsteine.

Wir besuchten zweimal das Edelsteinkabinett im Adelhausermuseum. Jedes Mal waren wir zu früh da, sodass wir auf dem Augustinerspielplatz frühstücken und nebenher auch noch ein wenig klettern und schaukeln konnten.

Als das Münster zehn Uhr geschlagen hatte, durften wir eintreten. Frau Huß, die Museumspädagogin, hat uns sehr freundlich empfangen. Sie führt Schulklassen, Kindergärten und Museumsbesucher. Wenn wir Fragen zu den Edelsteinen hatten, konnte sie uns immer antworten. Sie ist eine wahre Edelsteinexpertin und deshalb sehr wichtig für das Museum.

Zuerst erklärte sie uns die Regeln. Streng, können wir euch sagen, aber doch irgendwie richtig. Niemand darf essen, rennen oder alles antatschen, auch lautes Schreien ist nicht erwünscht. Wir hätten uns natürlich auch ohne Belehrung daran gehalten.

Endlich gingen wir in ein Zimmer, in dem lauter schöne, große und interessante Edelsteine ausgestellt waren.

Wir haben uns Opale, Tigeraugen, Bergkristalle, Diamanten und Rubine angesehen. Die Edelsteine sind nach Familien geordnet und liegen in beleuchteten Vitrinen. Manche Steine brauchen Auflicht und manche Durchlicht, aber Licht brauchen sie alle, um schön auszusehen.

Frau Huß legte viele Edelsteine auf ein schwarzes Tuch und erzählte uns eine Geschichte aus 1001 Nacht. Plötzlich war Stromausfall. Darüber haben wir uns zwar erschrocken, aber es ist nichts passiert. Dann durften wir einen Stein beschreiben und Frau Huß musste ihn suchen. Alle Steine waren verschieden und sehr schön. Dann durften wir in die Werkstatt und haben einen Zauberberg mit vielen Edelsteinen gemalt.

Beim zweiten Mal haben wir richtig gearbeitet und Einzelheiten gelernt. Wenn man sich die Erde wie einen Pfirsich vorstellt, ist der Kern der Erdkern, das Fruchtfleisch der Erdmantel und die dünne Haut ist die Erdkruste. Nur in dieser dünnen Haut wachsen die Edelsteine in bis zu 50 Kilometer Tiefe in der Erde. Bei Erdbeben werden sie hochgerüttelt, sodass man sie ausgraben kann.

Bei uns im Schwarzwald, im Hotzenwald und dem Markgräfler Land gibt es hauptsächlich Quarze, aber auch Achat, Karneol, Jaspis und Chalcedon. In Bergwerken auf dem Schauinsland wurde sehr viel Silber gefunden, sodass viele Freiburger ziemlich reich wurden.

Als im Jahre 1120 Freiburg gegründet wurde, gab es schon viele Edelsteinschleifer. Am Ende des 14. Jahrhundert wurden die Edelsteine mit einem sich schnell drehenden Sandsteinrad geschliffen. Diese wurden im "Kleinen Meyerhof" in der Rathausgasse hergestellt. Noch heute kann man die Inschrift "Zum hinteren roten Schleifstein" lesen. Die Schleifmühlen standen an den Gewerbebächen, die man von der Dreisam ableitete. Wie die Fischer und Gerber hatten nun auch die Schleifer in der Schneckenvorstadt ihre Straße.

Die Edelsteinschleifer hatten einen ziemlich gefährlichen Job. Sie lagen genau vor dem großen Rad und pressten mit aller Kraft den Rohstein dagegen. Wenn sich das Rad löste, wurden sie einfach überrollt. Die schwerste Zeit war der Winter. Die Schleifer konnten nur arbeiten, wenn das Wasser nicht gefroren war. In der Werkstatt war ein großes Fenster, durch das viel Licht einfallen konnte.

Die Arbeiter wurden auch regelmäßig nass, da die Schleifräder durch Wasserräder aus dem Gewerbebach angetrieben wurden. Die Edelsteinschleifer stellten kostbare Becher, Schalen und Kannen her, die sich nur Herzöge und wohlhabende Bürger leisten konnten.

Durch die Pest und den Dreißigjährigen Krieg starben viele Edelsteinschleifer und es fehlten Arbeitskräfte. Auch gefielen den Leuten die Edelsteine aus dem Schwarzwald nicht mehr so gut. Deshalb schliffen die Freiburger und Waldkircher ab 1601 böhmischen Granat, der nur hierher verkauft werden durfte. Auch gab es mittlerweile Schleifscheiben, die mit dem Fuß angetrieben werden konnten. In vielen Familien wurden deshalb Schnurgranaten hergestellt. Ein wichtiger Abnehmer für Schnurgranaten war Oberitalien. Dort waren die geschliffenen Steine aus Freiburg und Umgebung ein begehrter Brautschmuck, der nicht vererbt wurde, sondern jeder Frau ins Grab gegeben wurde. Deswegen musste man ihn immer wieder neu bestellen. Kinder fädelten jeweils 100 rote Steinchen auf. Zehn solcher Schnüre wurden mit Silberfäden zu Zöpfen geflochten. Als Marie Antoinette 1770 auf ihrem Brautzug durch Freiburg kam, erhielt sie vom Stadtrat "tausend auf goldene Schnüre gefasste Granatsteine". Als der Granatstein unmodern wurde, weil er nur bei Kerzenlicht schön leuchtet, mussten viele Freiburger Schleifer im Stühlinger, im Rennweg, in der Oberau und im Granatgässle ihre Arbeit einstellen und anderswo Arbeit suchen.

Die Bilder haben wir in der Werkstatt des Museums hergestellt. Alle Bilder sind uns gut gelungen.

Ressort: Zisch

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