Frankreich
Deutsche dürfen Elsässer unterrichten
Beim Sprachunterricht geht es nicht nur um Völkerverständigung, sondern auch um künftige berufliche Mobilität.
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Denn Sprache ist nicht nur ein Mittel zur Völkerverständigung, sondern auch für berufliche Mobilität. Politik und Bildungspolitik bemühen sich seit langem darum, das Erlernen der Sprache der Nachbarn zu fördern. Seit allerdings die Arbeitslosigkeit im Elsass immer weiter steigt und in Baden-Württemberg quasi Vollbeschäftigung herrscht, erhält dort die Sprache des Nachbarlandes eine neue Relevanz. "Sie ist der Schlüssel für die Integration junger Elsässer in den deutschen Arbeitsmarkt", sagt Bernd Wiegele, Geschäftsführer der Badischen Stahlwerke in Kehl, der den zweiten Jahrgang Auszubildender aus der französischen Nachbarregion beschäftigt. Der hierzulande viel beklagte Fachkräftemangel wird damit ein kleines Stück gebessert.
Einfach ist die Sache mit der gemeinsamen Sprache allerdings nicht. Was früher mit dem Dialekt am Oberrhein, flankiert von berufstauglichen Deutschkenntnissen, selbstverständlich war, muss heute mühsam zurückgeholt werden. Seit den 1990er Jahren wird im Elsass neben dem klassischen deutschen Fremdsprachenunterricht der Ausbau zweisprachiger Klassen gefördert. Manchen geht es damit nicht schnell genug. Anderen ist das zu elitär. "Am Oberrhein versuchen wir von baden-württembergischer Seite zumindest in der Grundschule mit Französisch einen Kontrapunkt zu setzen", sagt Veronika Rauch-Klingmann vom Regierungspräsidium Freiburg.
Im Elsass stagnierte beim zweisprachigen Unterricht allerdings die Entwicklung in den vergangenen Jahren. Schuld ist der Mangel an verfügbaren Lehrern, der nun dank einer Kooperation mit den deutschen Nachbarn behoben werden soll. Derzeit machen die ersten potenziellen Kandidaten in Rheinland-Pfalz Examen und werden so bald wie möglich für zwei Jahre an elsässische Grundschulen ausgeliehen. "Nach der Rückkehr erhalten sie Bonuspunkte für die Wiedereinstellung", sagt Sarah Mauerer von der Staatskanzlei in Mainz. Eine ähnliche Kooperation wurde mit Baden-Württemberg angebahnt. Dass Nicht-Franzosen an staatlichen Schulen unterrichten – eine Errungenschaft des grenzüberschreitenden politischen Willens.
Zweisprachigkeit mag in einer zusammenwachsenden Grenzregion erstrebenswert sein. Die Wirklichkeit ist jedoch mehrsprachig, schon allein, weil ohne Englisch gar nichts geht. Obendrein gilt es, Migranten in unsere Gesellschaften zu integrieren, die mit ihren eigenen Sprachen im Gepäck bei uns ankommen. In der Sprachcharta, die sich die Trinationale Metropolregion Oberrhein 2013 gegeben hat, ist deshalb nur noch von Mehrsprachigkeit die Rede.
Auch die politischen Vorgaben auf EU-Ebene sehen die Mehrsprachigkeit als Szenario. Marisa Cavalli, unabhängige Expertin beim Straßburger Europarat, rät: "Wer früh eine zweite Sprache erlernt, hat größere Chancen auf eine erfolgreiche Bildungsbiographie." Eine ausgeprägte, vielfältige Sprachkompetenz ebne zudem den Weg hin zu einer gemeinsamen europäischen Identität. Die überwiegende Mehrheit gebe allerdings Englisch den Vorzug. Auch das Austauschprogramm Erasmus fördere in erster Linie Englischkenntnisse.
Braucht es deshalb gerade in Grenzräumen wie dem Oberrhein eine besondere Didaktik? Das Land, dessen Sprache gelernt werden soll, liegt ja gewissermaßen um die Ecke. "Grenzdidaktik bedeutet nicht, alle zwei Monate einen Ausflug über die Grenze zu unternehmen", sagt die in Straßburg forschende Deutsche Julia Putsche provokativ. "Ich kann aber sehr wohl Inhalte aus dem ganz normalen Schulbuch aufgreifen und auf die Nachbarregion übertragen". Also: Statt Unterricht anhand des Pariser Metroplans lieber den der Straßburger Straßenbahn verwenden. "Wenn sich so etwas wie europäische Identität vermitteln lässt", ist Putsche überzeugt, "dann muss das in der Grenzregion gelingen."
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