Kino

Der letzte Wolf : Abenteuer und Ökofilm

Der 72-jährige Regisseur Jean-Jacques Annaud behandelt mit "Der letzte Wolf" erneut das Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Außerdem geht es um die Frage, wem die Mongolei gehört.  

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Tiefe Freundschaft: Chen Zhen (Shaofeng Feng) und der junge Wolf  | Foto: wild bunch
Tiefe Freundschaft: Chen Zhen (Shaofeng Feng) und der junge Wolf Foto: wild bunch
Sie sind gekommen, um den Fortschritt zu bringen, die Studenten, die als Mitglieder der Roten Garden in der Volksrepublik China anno 1967, im zweiten Jahr der von Parteiführer Mao Tse-tung proklamierten Kulturrevolution, in die Provinzen auf das Land geschickt werden. Ihre Koffer haben Chen Zhen (Shaofeng Feng) und Yang Ke (Shawn Dou) voller Bücher, als sie in der inneren Mongolei ankommen, wo sie den Nomadenkindern lesen und schreiben beibringen sollen.

Dass das hölzerne Teil, das ihnen der alte Bilig (Baoyingexige) in ihrer Jurte überreicht, zur Verteidigung gegen Wölfe gedacht ist, muss er den beiden Studenten eigens erklären. So macht dieser Film gleich zu Beginn klar, dass der Lernprozess in die umgekehrte Richtung verlaufen wird.

Nach dem Insert "6 Monate später" hat denn auch Chen Zhen eine Begegnung, die alles für ihn verändert. Die – glimpflich ablaufende – Konfrontation mit einem Wolfsrudel wird für ihn zu einem Erweckungserlebnis.

Respekt für Wölfe

Gemeinsam mit Bilig beobachtet er später die Tiere, während der Alte dazu aus dem Off in raunendem Tonfall eine mythologische Dimension des Zusammenlebens von Mensch und Tier formuliert. Allerdings ist der Respekt, den die Mongolen den Wölfen entgegenbringen, durchaus auch pragmatisch motiviert – was jedoch die Chinesen, die entweder der Parteidoktrin oder dem privaten Profit als Handlungsmaxime folgen, nicht beeindruckt.

Den 2004 zunächst unter Pseudonym veröffentlichten Roman "Der Zorn der Wölfe" von Lü Jiamin, der in China mit 20 Millionen verkauften Exemplaren ein enormer Bestseller war, verfilmte jetzt der Franzose Jean-Jacques Annaud ("Der Name der Rose") – erstaunlicherweise übrigens auf offiziellen Wunsch aus China, wo seine Filme "Der Liebhaber" (1992) und "Sieben Jahre in Tibet" (1997) bis heute auf dem Index stehen.

Spektakuläre Bilder und dramatische Musik

Der mittlerweile 72-jährige Regisseur geht mit "Der letzte Wolf" – nach "Der Bär" und "Zwei Brüder" – erneut das Verhältnis zwischen Mensch und Tier an. Annaud geht es dabei aber weniger um die Individualität der Begegnung eines Menschen mit einem Tier als vielmehr um das ökologische Gleichgewicht. Der örtliche Parteifunktionär befiehlt, die Wölfe und ihre Jungtiere zu töten – und schlägt damit die Warnungen der Mongolen in den Wind, dass auf diese Weise das Gleichgewicht der Natur aus dem Ruder geraten würde. So kommt es dann auch: Das Wolfsrudel versucht sich das zurückzuholen, was ihm genommen wurde, und wendet sich gegen die Siedlungen der Menschen. In der spektakulärsten Sequenz des Films treiben die Wölfe die Pferde der Chinesen in den eisbedeckten See, wo sie einbrechen und die gefrorenen Tierkadaver, halb im Wasser versunken, am nächsten Morgen ein bizarres Bild abgeben.

Diese Sequenz wird von Annaud mit höchster Dramatik in Szene gesetzt, in einer Kombination von Hubschraubertotalen und schnell geschnittenen Nahaufnahmen (Kamera: Jean-Marie Dreujou), verstärkt durch die dramatische Musik des Hollywood-Komponistenvon James Horner ("Titanic", "Avatar"), der im Juli bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe von Santa Monica ums Leben gekommen ist. Da der Film zudem in 3D gedreht wurde, kann einem da schon Hören und Sehen vergehen. Die ruhigeren Momente, zunächst das Beobachten der Wölfe, dann die Aufzucht eines von Chen Zhen geretteten Welpen, mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verbindet, müssen demgegenüber verblassen.

"Der letzte Wolf" von Jean-Jacques Annaud läuft in Freiburg und Basel. (Ab12 Jahren)

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