Der Januar war bei vielen trocken
"Dry January" heißt die Kampagne, der erste Monat im Jahr soll einer ganz ohne Alkohol sein. Das wirkt sich auf die Verkaufszahlen von Bier, Wein und anderen Alkoholika aus. Ohnehin liegt Alkoholfreies im Trend. Ein Blick in die Region.
So, 2. Feb 2025, 7:00 Uhr
Der Sonntag
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Nur Wasser, Tee oder alkoholfreies Bier auf Partys oder im Restaurant? Ein alkoholfreier Cocktail in einer Bar? Im Januar machen viele Menschen Ernst mit den fürs neue Jahr gefassten Vorsätzen, "Dry January" nennt sich die selbst verordnete einmonatige Alkoholpause. Vor gut zehn Jahren kam die Aktion in Großbritannien auf, die Welle ist vor ein paar Jahren bis nach Südbaden geschwappt. Zudem erscheinen reihenweise Abstinenzberichte in Buchform, die Titel lauten etwa "Ein Mann, ein Jahr, kein Alkohol", "Nüchtern", "Warum ich keinen Alkohol mehr trinke" oder "Unabhängig". Darin wird auf die gesundheitlichen und auch auf die sozialen Folgen des Alkoholkonsums und -missbrauchs hingewiesen. Steht Deutschland, dem Land des Bieres und des Weines, also ein Kulturwandel ins Haus? Und bleiben die Gasthäuser im Januar und anderen Monaten leer und die Supermärkte auf ihren Kästen Bier und Flaschen Wein sitzen?
Ganz so dramatisch ist die Lage nicht, die Branche gibt Entwarnung. "Der Verkauf im Lebensmitteleinzelhandel unterliegt traditionell saisonalen Schwankungen, die auch durch bekannte Neujahrsvorsätze wie den Verzicht auf Alkohol, Süßigkeiten oder andere Produkte geprägt sind. In den letzten Jahren ergänzt der sogenannte ,Dry January' diesen Trend, wobei der Handel stets ein vielfältiges Angebot an alkoholfreien Alternativen bereithält", sagt die Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann vom Handelsverband Baden-Württemberg.
Die Brauerei Ganter meldet einen Anstieg bei alkoholfreiem Bier
Auch die Freiburger Brauerei Ganter ist entspannt. "Ja, im Januar wird traditionell weniger alkoholhaltiges Bier getrunken, das ist schon immer der schwächste Monat. Dafür sind die Fitnessstudios voller", sagt Ganter-Geschäftsführer Detlef Frankenberger, der selbst auch einmal im Jahr eine vierwöchige Alkoholpause einlegt, diese allerdings im November. Wird der ohnehin maue Jahresbeginn nun durch das in Deutschland relativ neue Phänomen des "Dry January" verstärkt? Bei Ganter schon, jedoch wirkt sich das nicht auf die Gesamtbilanz des Monats aus. "Der Umsatz im Januar 2025 liegt auf der Höhe des Umsatzes vom Januar 2024", sagt Frankenberger. "Allerdings ging der Absatz von alkoholhaltigem Bier in diesem Zeitraum um 2,5 Prozent zurück. Ausgeglichen wurde das durch den Anstieg bei alkoholfreiem Bier." Mittlerweile entfallen bei Ganter zehn Prozent des Umsatzes auf alkoholfreie Biersorten, vor drei Jahren waren es noch sechs Prozent.
Damit liegt die Freiburger Traditionsbrauerei im Trend. "Alkoholfreies Bier macht mittlerweile rund zehn Prozent des Bierabsatzes in Baden-Württemberg aus und liegt damit etwas über dem Bundesdurchschnitt. Dabei ist der Anteil seit 2017 konstant leicht ansteigend", teilt Hans-Walter Janitz, Geschäftsführer des Baden-Württembergischen Brauerbundes mit Sitz in Stuttgart mit. Und weiter: "Der ,Dry January' war tatsächlich in der Vergangenheit für Biergenießer eine Sahara-Durchquerung." Heute sei das anders, immer mehr Biersorten in alkoholfreien Varianten träfen den Geschmack der Verbraucher. Nichtsdestotrotz, das Jahr 2024 würden die Brauer im Land mit einem Minus von rund drei Prozent abschließen, so Janitz.
Anfrage bei Südstar, einem großen Getränkevertrieb in Baden mit Sitz in March-Hugstetten. Geschäftsführer Markus Weiss bestätigt den Trend: "Schaut man sich die Absatzkanäle Gastronomie, Privatkunden und Getränkeabholmarkt an, so ist der Anteil der alkoholfreien Getränke am Gesamtsortiment im Januar 2025 um etwa sechs Prozent höher als im Vormonat Dezember. Im Vergleich zum Januar 2024 ist der Absatz der alkoholfreien Getränke in diesen Kanälen im Januar 2025 um etwa ein Prozent gestiegen."
Auch beim Wein legen entalkoholisierte Produkte zu
Was für das Bier gilt, gilt auch für den Wein. Holger Klein, Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbandes, sagt: "Anfang des Jahres wird meiner Erfahrung nach auch ohne ,Dry January' etwas weniger konsumiert als etwa in den Monaten März bis Juli. Das mag unter anderem an den vielen Feiern im Dezember liegen oder auch daran, dass in den Wintermonaten Januar und Februar weniger Feste und Veranstaltungen stattfinden." Entalkoholisierte Weine oder Sekte aus Südbaden liegen ebenfalls im Trend und verzeichnen starke Wachstumsraten – allerdings ist der Anteil am Gesamtkonsum noch sehr gering. In Baden am Markt sind hier zum Beispiel die Weinvogtei in Bickensohl, Weingut Löffler aus Staufen-Wettelbrunn, die WG Alde Gott in Sasbachwalden, die WG Rote Bur aus dem Glottertal, das Weingut Kiefer aus Eichstetten, das Staatsweingut Freiburg, die Winzergenossenschaft Bötzingen und etliche mehr. Das Heitersheimer Weingut Julius Zotz ist einer der Pioniere, seit 2012 gibt es das Segment. Michael Zotz hat in der Badischen Zeitung vergangenes Jahr Parallelen zum alkoholfreien Bier gezogen: "Da waren die Produkte am Anfang auch alle sehr schlecht. Auch der entalkoholisierte Wein ist heute viel besser."
Knapp acht Millionen Deutsche haben einen riskanten Alkoholkonsum
Die Deutschen belegen in Sachen Alkoholkonsum immer noch einen fragwürdigen Spitzenplatz: Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung war der durchschnittliche Alkoholkonsum in Deutschland 2019 mehr als doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. Mehr als 1,4 Millionen Menschen waren im Jahr 2023 wegen ihrer Alkoholsucht in Therapie, wie die Barmer Krankenkasse unlängst berichtete – ein über Jahre hinweg stabiler Wert. Hinzu kommt die Dunkelziffer: Knapp acht Millionen Deutsche konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form, viele gestehen sich dabei nicht ein, dass sie ein Problem mit dem Trinken haben. Oder, besser gesagt, ein Problem ohne das Trinken hätten.
Doch laut Statistik trinken die Deutschen immer weniger, der Alkoholkonsum geht hierzulande seit rund 40 Jahren zurück. Nach Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln ist der Verbrauch an Reinalkohol pro Kopf im Alter ab 15 Jahren von 15 Litern im Jahr 1980 auf zehn Liter im Jahr 2020 gesunken – wobei er 2022 wieder leicht höher lag, bei 10,6 Litern. Vor allem die Jungen lassen öfter und gerne das Glas stehen: In der Generation der 20- bis 30-Jährigen trinke ein Drittel gar keinen Alkohol mehr, so die BZgA.