Der Experte für Staub und Wind
Sonntagabend werden die Oscars verliehen: Nominiert ist der Spezialeffekte-Künstler Gerd Nefzer aus Schwäbisch Hall für "Dune".
Barbara Munker (dpa)
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Eigentlich wollten Nefzer und seine Frau da schon für die Oscars in Los Angeles sein. "Das ist halt der dümmste Zeitpunkt, den man sich aussuchen konnte", sagt der 56-Jährige. Sie hätten nur leichte Beschwerden, aber ohne negativen Test darf das Ehepaar die Reise nach Hollywood nicht antreten. Auf die letzte Minute würden sie auch noch am Samstag in den Flieger steigen. "Ich will gar nicht drüber nachdenken, dass ich das verpasse, denn die Chancen stehen ja auch nicht ganz schlecht für uns", sagt Nefzer mit breitem schwäbischen Akzent.
Das ist bescheiden tiefgestapelt. Nach vielen Auszeichnungen für die "Dune"-Effekte in dieser Preissaison hat die Filmbranche Nefzer und seine Kollegen zum Oscar-Favoriten erklärt. Augenzwinkernd sagt er: "Da bin ich eher Pessimist und vorsichtig, damit man nicht in ein Loch fällt, wenn etwa ,James Bond’ den Oscar gewinnt."
Auch schon der erste Oscar sei "völlig undenkbar" gewesen. 2018 hatten Nefzer und drei Kollegen mit ihrer Arbeit an "Blade Runner 2049", auch unter der Regie von Villeneuve, den Favoriten "Planet der Affen: Survival" ausgestochen. Damals stand er kopfschüttelnd auf der Bühne und strahlte vor einem Millionenpublikum: "Danke schön, Germany. Thank you. Great". Beim ersten Mal sei alles so neu und aufregend gewesen, jetzt wäre er "ein klein bisschen lockerer" und könnte die Oscar-Gala entspannter angehen.
War er bei "Blade Runner 2049" für Nebel, Regen und Schnee zuständig, so ist er nun der Experte für Sandstürme, Staub und Wind. Das bildgewaltige Science-Fiction-Epos "Dune" spielt auf dem Wüstenplaneten Arrakis, auf dem gute und böse Mächte um die wertvolle Substanz Spice kämpfen. Gedreht wurde in der Wüste in Jordanien und in Studios in Budapest.
Nefzer erzählt von "ziemlich aufwendigen" Spezialeffekten, die er mit einer Crew von über 50 Leuten real am Drehort bewerkstelligen musste. Sie hätten in der Wüste eigens eine Straße gebaut, um einen 400 Tonnen schweren Kran dorthin zu schaffen. Daran wurde ein Ornithopter gehängt, ein libellenartiges Fluggerät, und mit Wind und Staub beschossen. Für eine Szene mit riesigen brennenden Palmen tüftelten sie wochenlang mit aus Stahlblech gelaserten Palmenwedeln, die in Brand gesteckt wurden.
Für eine Studioszene, in der ein Fluggerät in eine Düne crasht, experimentierte Nefzer mit großen Mengen von Dinkelspelzen, also den Hüllen der Getreidekörner. Auch ein Traktor kam zum Einsatz, um das Gerät durch den "Sand" zu ziehen. Dabei habe ihm sein alter Beruf geholfen, witzelt Nefzer – er ist gelernter Agrartechniker.
Seit über 30 Jahren ist er im Filmgeschäft. Gegründet wurde die Firma von seinem Schwiegervater Karl Nefzer 1968 als Verleih von Filmautos und anderen Requisiten. In den 1980er Jahren kamen Special Effects dazu, nach vielen Fernsehserien dann Aufträge für Filme wie "Inglourious Basterds", "Die Tribute von Panem" oder "Bridge of Spies: Der Unterhändler". "Wir sind immer noch ein klassischer Familienbetrieb, mit meinem Schwiegervater, meinem Schwager und mir", betont der zweifache Vater. Auch seine Tochter und sein Sohn, beides Studenten, würden gelegentlich mithelfen.
"Dune" ist für zehn Oscars nominiert, darunter als "bester Film", in vielen Technik-Sparten und für die Musik des deutschen Komponisten Hans Zimmer. Als eines der über 9000 Mitglieder der Film-Akademie darf Nefzer über die Oscar-Gewinner mit abstimmen. Natürlich hofft er auf Preise für "Dune", aber Nefzer begeistert sich für viele nominierte Filme, darunter die Tragikomödie "Coda" mit dem gehörlosen US-Schauspieler Troy Kotsur. Ihn habe er in London getroffen, erzählt Nefzer. "Ich drücke ihm die Daumen".
Der Oscar-Gewinn 2018 habe ihn wenig verändert. Er sei ein bodenständiger Mensch, doch "als bescheidener Schwabe kann man doch ab und zu mit stolzgeschwellter Brust durch die Welt laufen", witzelt der Oscar-Anwärter. Nach dem möglichen zweiten Sieg bliebe nicht viel Zeit zum Ausruhen. Im April fangen die Dreharbeiten für die "Dune"-Fortsetzung an. "Ich freue mich riesig auf den zweiten Teil. Das wird wieder viel Arbeit und auch anstrengend sein, aber wir haben ein sehr schönes Drehbuch", sagt Nefzer. Und grinst: "Aber mehr darf ich nicht sagen."
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ