Der Culture Clash innerhalb der Familie

NEU IM KINO: Leander Haußmanns Komödie "Das Pubertier".  

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Allein auf der Welt zu sein, wäre auch...arriet Herbig-Matten,  Heike Makatsch   | Foto: Constantin
Allein auf der Welt zu sein, wäre auch nicht schön: Jan Josef Liefers, Harriet Herbig-Matten, Heike Makatsch Foto: Constantin
Klar können sich Jugendliche kaum vorstellen, dass ihre Eltern jemals jung gewesen sind. Was aber wirklich zu denken geben sollte: Auch die wenigsten Papas und Mamas sind willens und in der Lage, sich daran zu erinnern, wie sehr sie seinerzeit den eigenen Erziehungsberechtigten auf die Nerven gegangen sind. Waren jemals in der Menschheitsgeschichte die Nöte von Eltern pubertierender Kinder so groß wie heute, wo eben jene, die einst munter gekifft, Schule geschwänzt und freie Liebe praktiziert haben, genau das beim eigenen Nachwuchs verhindern wollen? Dass Ratgeber für den entspannten Umgang mit dem Unvermeidlichen begehrt wie nie sind, belegt der phänomenale Erfolg der kleinen Kolumnensammlungen "Das Pubertier" (2014) und "Im Reich der Pubertiere" (2016) von Jan Weiler ("Maria, ihm schmeckt’s nicht"), denen dieser Tage die Nummer drei folgte, "Und ewig schläft das Pubertier".

Die Bestsellerbüchlein des Düsseldorfer Autors wurden als sechsteilige Fernsehserie fürs ZDF verfilmt, die im Herbst zu sehen sein wird, jetzt aber kommt erst mal, mit ganz anderem Personal, die Kinoadaption – von Film- und Theaterregisseur Leander Haußmann, der sein Faible für die Komödie ja bereits hinlänglich unter Beweis gestellt hat ("Sonnenallee", "Herr Lehmann", "Hai-Alarm am Müggelsee"). Er inszeniert den Culture Clash zwischen Heranwachsenden und ihren Eltern launig und kurzweilig, unterhaltsam und ein wenig durchgeknallt, wobei "Das Pubertier" allerdings schneller aus dem Gedächtnis entschwunden sein dürfte als jeder mittlere Familienkrach.

Jan Josef Liefers und Heike Makatsch geben mit sichtlichem Vergnügen Hannes und Sara, die – na gut, vor allem er – es kaum fassen können, dass ihr süßes kleines Mädchen dem Babyalter entwachsen ist. Carla (charmant und biestig: Harriet Herbig-Matten) plant zur Feier ihres 14. Geburtstages eine Übernachtungsparty mit Jungs, ihr Papa aber, ein Schriftsteller, der seinen neuen Roman zu Hause schreiben will, damit er ihr beim Erwachsenwerden zuschauen kann, träumt davon, das Kind in die Welt der Hochkultur ein- und in Sinfoniekonzerte auszuführen. Nur gut, dass er als Geschenk nicht nur die Karten für "Schwanensee" besorgt hat, sondern auch ein iPhone…

Hannes kauft für die Geburtstagsfeier alkoholfreies Bier und etikettiert die Flaschen dann einzeln als "richtiges" um, und als es bei der Party dann verdächtig still ist in Carlas Zimmer, klettert er schon mal auf die Leiter und linst durchs Fenster: Solche Momentaufnahmen eines Vaters als Kontrollfreak, der gleichwohl nicht als Spießer dastehen will, sind lustig anzusehen, verflachen die turbulente Komödie aber in der Summe eher zur Klamotte.

Überhaupt macht sich Haußmann wenig Mühe, seine Figuren als Charaktere zu zeichnen. Stattdessen reiht er die – freilich schon bei Weiler angelegten – Klischees von Pleiten, Pech und Pickeln aneinander. Natürlich wird auch ein Joint geraucht, aber nicht von den Teenies, sondern von einem leidgeprüften Papa (Detlev Buck), der lieber in Afghanistan Dienst tut, als sich dem Kleinkrieg mit seinem rülpsenden Sprössling zu stellen. Merke: In der Pubertät drehen vor allem die Eltern durch. Zu selten sind die Szenen, in denen die Ambivalenz der Adoleszenz aufscheint – wenn etwa die kratzbürstige Carla plötzlich nachts zu den Eltern ins Bett kriecht, bestürzt vom Gedanken, sie könnten sterben und sie alleine lassen auf der Welt. Oder wenn die Elternschaft zusammengetrommelt wird, weil das treuherzige "Titten"-Gedicht eines aknegeplagten 14-Jährigen seine Lehrerin in helle Aufregung versetzt hat, und Hannes ihm dann die Stange hält und die pubertären Verse wie auf großer Theaterbühne inszeniert, womit er nicht nur bei der Tochter punkten kann: Kultur ist immer eine Frage der Interpretation.

Obwohl – oder weil? – Leander Haußmann seine Komödie insgesamt zu sehr an Slapstick und Kalauer verkauft, ist "Das Pubertier" ein amüsanter Film für die ganze Familie. Wenn aber 14-, 15-Jährige da unbedingt mit ihren Eltern reinwollen, sollten die sich vielleicht doch Gedanken machen: Läuft da was schief mit der Entwicklung?

"Das Pubertier" (Regie: Leander Haußmann) kommt morgen in den Kinos. (Ab 6)

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