Emotionaler Besuch
Der Chor Pop-Up aus Detmold tritt in einer Sondervorführung vor Insassen im Freiburger Gefängnis auf
Der Chor "Pop-Up" aus Detmold macht beim Deutschen Chorwettbewerb mit – und tritt in einer Sonderaufführung im Gefängnis auf.
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FREIBURG. Im Rahmen des Deutschen Chorwettbewerbs tritt ein Chor aus Detmold im Freiburger Gefängnis auf. Töne klingen, Tränen fließen – ein emotionaler Besuch, der den Insassen wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Die Szene erinnert an eine kitschige Hollywood-Schmonzette: In einem Knast tritt ein Chor vor Gefangenen auf, die erst mal die Arme vor der Brust verschränken, nach ein paar Songs auftauen, lächeln, applaudieren, am Ende weinen. In der Tat wurde die reale Szene, die in der Freiburger Justizvollzugsanstalt (JVA) spielt, gut vorbereitet: Der Organisator des Deutschen Chorwettbewerbs fragte an, ob einer der 116 Chöre in der JVA antreten könne. Ein bisschen PR war natürlich dabei. Aber vordergründig der Gedanke, die Insassen durch Gesang erfreuen zu können. Die JVA-Leitung sagte zu. Der Chor Pop-Up aus Detmold kam.
Und was am Montag dann in der Kapelle der JVA geschieht, ist in gewisser Weise inszeniert, aber kein Film, es ist real: Bei "Get Lucky" wippen die 60 Gefangenen mit den Füßen im Takt, bei "Wenn ich ein Vöglein wär" träumen sie sich davon, bei "Rio" lachen sie und werfen den Sängerinnen kecke Blicke zu , bei "Take me to church" weinen sie (zumindest manche). "Wunderbar", sagt ein älterer Insasse. Er hörte gern die Stones, nun liebt er es, wenn in der JVA jede Woche ein Musiker Countrysongs spielt. Dass der Chor nun da ist, berührt ihn. "Ist mal eine schöne Abwechslung", sagt der Mann, der einen Menschen ermordet hat und seit mehr als zehn Jahren hinter Gittern sitzt.
Mörder, Räuber und Drogendealer lauschen dem Gesang der 30 Studierenden der Musikhochschule Detmold. Die 23-jährige Thea Henken wird nach dem Auftritt sagen, es sei das beste Publikum gewesen, das sie je erlebt habe: "Ehrliche Emotionen, offene Augen, dankbarer Applaus." Auch Martina Meng fällt die Freude in den Gesichtern der Insassen während des einstündigen Auftritts auf. Die Schulleiterin der JVA sagt am Ende: "Es ist selten, dass die Gefangenen so befreit lachen. Diese Euphorie müssen wir versuchen beizubehalten." Meng plant, so bald wie möglich einen Chor in der JVA zu gründen.
Der Chor zieht weiter, er hat noch einen Auftritt in einer Schule und im Jazzhaus. Die Gefangenen bleiben in ihren Zellen, in denen sie allein essen, leben, schlafen und vielleicht von Vöglein träumen oder rhythmisch mit den Füßen wippen – den Auftritt in ihrem Gefängnis zumindest lang in Erinnerungen behalten.