USA
Das Mammut soll zurückkehren
Wissenschaftler wollen in gewisser Weise das Wollhaarmammut wiederbeleben. Sie haben auch eine kühne Idee, weshalb das ausgestorbene Tier gut für unsere Erde sein soll.
Christian Thiele (dpa)
Di, 21. Sep 2021, 20:56 Uhr
Panorama
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Das Vorhaben des Genforschers George Church von der Harvard University in Cambridge nimmt nach eigener Darstellung Gestalt an. Seit ein paar Tagen kümmert sich ein Start-Up mit dem Namen Colossal um die ehrgeizigen und zugleich umstrittenen Pläne. "Das Aussterben ist ein kolossales Problem, mit dem die Welt konfrontiert ist", steht auf der frisch freigeschalteten Internetseite. "Wir haben die DNA, die Technologie und die führenden Experten auf dem Gebiet", wird da behauptet.
Church wirbt seit Jahren für die Idee, die ausgestorbene Tierart wiederzubeleben. Bislang fehlte ihm das Geld dafür. US-Medien zufolge haben Investoren nun 15 Millionen Dollar (12,7 Millionen Euro) zur Umsetzung des Projekts zugesichert. Church hält es für realistisch, dass 2027 das erste Kalb geboren werden könnte, sagte er dem US-Sender CNBC.
Genau genommen wird kein Wollhaarmammut kreiert, wie es vor seinem Aussterben in den kalten Gebieten Eurasiens und Nordamerikas gelebt hatte. "Ziel ist es, einen kälteresistenten Elefanten zu schaffen, der aber wie ein Mammut aussehen und sich so verhalten wird", sagt Church. Eine Leihmutter soll dann das hybride Mammut austragen.
Dafür sollen Church zufolge Zellen des bedrohten Asiatischen Elefanten mit gefundenen Urzeit-Genen des Mammuts kombiniert werden. Die Experten wollen hierfür neue Technologien wie die Genschere CRISPR-Cas9 nutzen, mit der DNA gezielt geschnitten werden kann. "Mit ihr sollen in die DNA Asiatischer Elefanten mehrere Mammutgene eingefügt werden, zum Beispiel für ein dichtes Fell und für zusätzliche Fettschichten", sagt die Paläontologin Victoria Herridge dem Spiegel. Sie spricht von einem "extrem komplizierten" Verfahren.
Nach früheren Angaben von Church reicht das vorliegende Genmaterial eines Mammuts nicht aus, um es zu klonen. Mit dem tauenden Permafrostboden werden zwar immer wieder Reste der einst riesigen Tiere gefunden. Doch Blut, Gewebe oder die zuletzt in Stoßzähnen freigelegten Erbgut-Reste haben den Forschern nur Einblicke in die Evolution gegeben.
Ohnehin stellt sich die Frage, weshalb die Tiere überhaupt wieder durch die Arktis streifen sollen. Church behauptet, Mammuts könnten dazu beitragen, dass der Permafrostboden weniger schnell schmelze und dadurch das Freisetzen klimaschädlicher Treibhausgase in den tiefgefroren Böden verhindert werden könne. Die Mammuts würden den Schnee feststampfen und so das Auftauen der Böden erschweren, sagt er. Doch an dieser Theorie gibt es Zweifel.
Die Tiere könnten in dem Park von Nikita Simow angesiedelt werden. Der russische Wissenschaftler leitet ein riesiges Naturschutzgebiet im Nordosten Sibiriens unweit des Nordpolarmeers. Er warnt aber vor übertriebenen Erwartungen: "Die Chance, dass alles gleich perfekt wird, sind gering." Er erklärt: "Mammuts werden nicht benötigt, um den Klimawandel direkt zu bekämpfen." Pflanzenfressende Großsäugetiere trügen vielmehr dazu bei, arktische Landschaften als Weideland vielfältiger und widerstandsfähiger zu machen. Darüber könne der Klimawandel indirekt beeinflusst werden.
Ähnlich skeptisch haben sich bereits andere Wissenschaftler geäußert. Gareth Phoenix von der Universität im englischen Sheffield etwa hält es für nachteilig, dass in den von Mammuts besiedelten Gebieten nur noch Gras und keine Bäume wachsen würden. "Wir wissen, dass Bäume und Moos in den bewaldeten arktischen Regionen für den Schutz des Permafrosts entscheidend sein können", sagt er der britischen Zeitung The Guardian.
Selbst wenn US-Genforscher Church der Durchbruch gelingen sollte, ist für die russische Wissenschaftlerin Lena Grigorjewa längst nicht ausgemacht, dass die Tiere langfristig in freier Natur überleben können. Um Nachkommen zu erzeugen, müsste das Ökosystem der Tiere wiederhergestellt werden, sagt die Paläontologin dem Fachportal Nachrichten der Wissenschaft Sibiriens. Schon die Eisbären müssen sich immer weiter südlicher auf Futtersuche begeben, weil das Eis nicht mehr dick genug für die Robbenjagd ist.
Forscher Simow will zumindest eines ausschließen: Dass Mammuts den Menschen gefährlich werden könnten. "Sie werden niemandem schaden." Die Population könne unter Kontrolle gehalten werden.
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