Neues SC-Stadion
Chance und Risiko: Freiburg als Spielort bei der EM 2024
Die Stadt Freiburg bewirbt sich als Spielort für die Fußball-EM 2024. Wirtschaftsökonomen warnen vor hohen Ausgaben und wenig Ertrag. Und was käme auf die Stadt und das neue Stadion zu?
Di, 7. Mär 2017, 7:29 Uhr
Fussball
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Das in Freiburg zur Schau gestellte Selbstbewusstsein dürfte damit zusammenhängen, dass sich der örtliche Bundesligist SC Freiburg gemeinsam mit der Stadt nach kontroversen Diskussionen – auch und gerade mit den Anliegern – zum Bau einer neuen Spielstätte durchringen konnten. Ein Bürgerentscheid am 1. Februar 2015 gab Grünes Licht für den Bau der Arena im Westen der Stadt, die Plänen zufolge zur Saison 2019/20 bespielbar sein soll.
Gemäß dem Motto, wonach man nichts unversucht lassen sollte, hat Freiburg nun seine Bewerbung als Austragungsort für die EM 2024 beim DFB abgegeben. Über dem genau Prozedere liegt jedoch ein dichter Grauschleier. Noch weiß niemand an der Dreisam, was auf die Stadt im Falle einer Berücksichtigung alles zukommen könnte. Am 17. März wird die Uefa zunächst dem DFB ihre Vorstellungen kundtun. Am 11. April, so ein vorläufiger Terminplan, soll dann den 18 Bewerberstädten vom DFB in Frankfurt das Anforderungsprofil vergelegt werden. Bis zum 12. Juni haben die Bewerber dann Zeit, den Daumen zu heben oder zu senken. Am 15. September will der DFB entscheiden, wo und in welchen Stadien gespielt werden wird. Im September 2018 wird die Uefa dann bekannt geben, ob Deutschland oder der Mitbewerber Türkei die Europameisterschaft mit 24 Mannschaften und 51 Spielen ausrichten darf.
Klar dürfte sein, dass sich Freiburg lediglich Außenseiterchancen ausrechnen kann. Zwar wird das neue Stadion die Mindestanforderung von 30.000 Sitzplätzen erfüllen. Das Freiburger Stadion wäre aber das kleinste aller in Frage kommenden Spielort. Karlsruhe plant ebenfalls ein neues Stadion zu bauen.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dürfte der Teufel aber im Anforderungsdetail versteckt sein. Bei bisherigen Turnieren mussten stets Krankenhausbetten und Ärzte in Bereitschaft gehalten werden. Funktionäre und Akteure durften auch das Privileg von freien Fahrspuren von Flughäfen und Hotels in die Stadien in Anspruch nehmen. Und bekannt ist, dass die Verbände ihre jeweiligen Sponsoren großzügig schützen. Durchaus geübte Praxis ist, dass bestimmte Getränke- und Verpflegungsanbieter in einem vorher festgelegten Bereich um die Stadien Exklusivrechte eingeräumt bekommen – zum Verdruss der heimischen Gastronomie.
Was dazu kommt: Die weltgrößten Sportverbände wie das Internationale Olympische Komitee (IOC), der Fußball-Weltverband (Fifa) oder auch die Uefa, kommen nur dann, wenn sie vom Gastgeberland von der Steuer befreit werden. Sie sind lediglich bereit, die Umsatzsteuer zu entrichten. Bei der EM 2016 in Frankreich sackte die Uefa rund 1,9 Milliarden Euro ein – Kosten in ähnlicher Höhe verzeichneten die Gastgeber.
Ob sich ein derartiger Bewerbungsklimmzug also lohnt, ist eine Frage der Perspektive. Der US-Ökonom Victor Matheson hat rückblickend auf die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland festgestellt: "Reicher hat das die Deutschen nicht gemacht, dafür aber glücklicher." Die WM kostete die öffentliche Hand übrigens mehr als drei Milliarden Euro.
Es scheint also, als käme auf Freiburg eine lebendige Diskussion zu.
"Dass die Stadt Freiburg ihren Fuß in die Tür gestellt hat, ist legitim und völlig in Ordnung", sagt Bernd Dallmann; "noch kostet es ja nichts". Den Worten des Geschäftsführers der FWTM (Freiburg, Wirtschaft, Touristik und Messe) ist allerdings anzuhören, dass sich sein Enthusiasmus bezüglich der EM-Bewerbung etwas in Grenzen hält. Halten sich der zu erwartende (Organisations-)Aufwand und der erhoffte Ertrag in Relation? Und überhaupt: "Mit welchen Kosten haben wir da zu rechnen?", fragt Dallmann, der mit "horrenden Summen" rechnet.
Großveranstaltungen können finanziell und sicherheitstechnisch mitunter eine heikle Angelegenheit sein. Zwei beziehungsweise drei davon hat Dallmann in Freiburg selbst miterlebt und auch mitgestaltet, die Landesgartenschau 1986, die Stippvisite der Tour de France im Juli 2000 sowie den Papstbesuch im September 2011. Wobei Dallmann anmerkt, mit der Visite des Kirchenoberhauptes nichts zu tun gehabt zu haben. Die Organisation dieses Events lag in anderen Händen. In Erinnerung geblieben sind Dallmann jedoch "massive Beschränkungen" für die Bevölkerung. Ein Ausnahmezustand quasi. "In vielerlei Hinsicht nicht vertretbar", urteilt der FWTM-Chef.
Dallmann glaubt deshalb, dass es mit der Akzeptanz in der Bevölkerung für derartige Großveranstaltungen nicht mehr allzu weit her sein könnte. Und einen Werbenutzen für die Stadt kann er auch nicht auf Anhieb erkennen. Zumal mit prestigeträchtigen Partien in Freiburg aufgrund der Größe des konzipierten Stadions nicht gerechnet werden könne. Was dazu kommt: Die Fans kämen in aller Regel nur für eine Übernachtung in die Stadt. "Das alles muss gut überlegt werden", so sein vorläufiges Fazit.
18 deutsche Städte haben sich als EM-Spielort beworben. München, Berlin, Hamburg, Leipzig, Dortmund und Frankfurt gelten als sichere Spielorte. Nürnberg, Hannover, Bremen, Gelsenkirchen, Düsseldorf, Köln, Mönchengladbach, Kaiserslautern und Stuttgart haben aussichtsreiche Chancen, Karlsruhe und Freiburg gelten als Außenseiter. Dresden fiel durch das Raster. Zehn Spielorte werden wohl gebraucht.
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